Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Wir kommen jetzt zum Antrag
auf Drucksache V-29 von Frau Schlang. Danach soll der Vorstand der
Bundesärztekammer aufgefordert werden, die Notwendigkeit der individuellen
Gesundheitsleistungen (IGEL) intensiv zu prüfen. Gibt es eine Gegenrede? -
Bitte, Herr Thierse.
Dr. Thierse, Berlin:
Bei aller Liebe, Frau Schlang:
Ich fürchte, Sie haben sich noch nie mit der Frage beschäftigt, was eigentlich
eine IGEL-Leistung ist.
(Beifall)
Wenn Sie hier von mangelnder medizinischer Notwendigkeit
und von einem fragwürdigen Licht der so genannten IGEL-Leistungen sprechen,
dann möchte ich Sie daran erinnern, dass wir gestern eine der am weitesten
verbreiteten IGEL-Leistungen in die Weiterbildungsordnung aufgenommen haben,
nämlich die Akupunktur.
(Zustimmung)
Wenn ich als Orthopäde Hyaloronsäure spritze und ich
durchaus ein zugelassenes Medikament nehmen könnte, gibt es sofort einen
Riesenregressanspruch der Kassen mir gegenüber. Wenn die Patienten dasselbe als
Hilfsmittel gespritzt bekommen haben wollen, was wiederum eine IGEL-Leistung
ist, dann halte ich das vom Effekt her durchaus nicht für fragwürdig, denn
anderenfalls täte ich es nicht. Wenn Sie als Frau die Knochendichtemessung als
fragwürdige Methode ablehnen, dann frage ich mich, ob Sie von der Osteoporose
überhaupt eine Ahnung haben.
Ich bitte Sie, entweder mit Nichtbefassung oder mit
Ablehnung auf diesen Antrag zu reagieren.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Danke schön. Herr Birtel
möchte einen Geschäftsordnungsantrag stellen und daraus einen Vorschlag
entwickeln. Bitte schön.
Dr. Birtel, Nordrhein:
Die Begründung ist ja nicht
Bestandteil des Beschlusses. Das Anliegen ist richtig. Wenn man von der
mangelnden medizinischen Notwendigkeit bei „einigen“ oder „manchen“ oder
„vielen“ IGEL-Leistungen spräche, wäre es doch akzeptabel.
(Widerspruch)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Der Ärztetag ist damit
nicht einverstanden. Der Antrag steht so, wie er eingereicht wurde, zur
Abstimmung, es sei denn, Frau Schlang übernimmt das, was Herr Birtel
vorgeschlagen hat.
(Zuruf)
- Dann stimmen wir zunächst über die abstimmungsmäßige
Nichtbefassung ab. Das wurde als Erstes beantragt. Wer möchte das befürworten?
- Wer ist dagegen? - Das Erste war etwas knapp, aber doch die Mehrheit. Wer
enthält sich? - Damit ist Nichtbefassung beschlossen.
Aber das Thema
interessiert uns natürlich brennend. Die Ärztekammer Nordrhein und die
Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein haben dazu kräftige Vorleistungen
erbracht. Das kann ich schon jetzt sagen.
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