Anhang A
Beschlüsse und Entschließungen

TOP II: Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung

BESCHLUSSANTRAG II – 52

Der Antrag von PD Dr. Benninger, Dr. Peters und Prof. Dr. Kunze (Drucksache II-52) wird zur weiteren Beratung an den Vorstand der Bundesärztekammer überwiesen:

„Kinder-Stoffwechselmedizin“ als Zusatzweiterbildung (Abschnitt C)

Begründung:

Insgesamt sind heute > 500 genetisch bedingte Stoffwechselkrankheiten bekannt, die in ihrer Vielfalt eine spezifische Diagnostik und Therapie erfordern. Insbesondere bedürfen sie nach ihrer Diagnostik sämtlich einer meist lebenslangen äußerst sorgfältigen, auf die jeweilige Krankheit genau abgestimmten Spezialtherapie und Therapieüberwachung, damit die betroffenen Kinder sich normal entwickeln und körperlich und geistige Behinderungen vermieden werden. Der diagnostische Prozess, der vielfältige klinische Symptome sowie eine Vielzahl zu untersuchender sehr spezieller Metabolite berücksichtigen muss, sowie die mit der gebotenen Qualität durchzuführende Therapie erfordern Kompetenzen, die weit über die im Rahmen der Weiterbildung zum Kinderarzt vermittelten und erwerbbaren Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgehen.

Eine herausragende Bedeutung erhält diese Krankheitsgruppe in der Kinder- und Jugendmedizin dadurch, dass das Neugeborenenscreening auf eine große Zahl dieser Krankheiten ausgeweitet wurde, und jetzt flächendeckend in Deutschland durchgeführt wird, um dadurch betroffene Kinder soweit wie möglich präsymptomatisch zu erfassen und sie unverzüglich der notwendigen Therapie zuzuführen.

Das SGB V empfiehlt in § 137 f (Strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten) und in § 43 (Ergänzende Leistungen zur Rehabilitation) qualitätsgesichertes Vorgehen in Diagnostik und Behandlung. Wenngleich die pädiatrische Stoffwechselmedizin nicht die in diesen §§ ursprünglich angezielten großen Volkskrankheiten abdeckt, so ergibt sich jedoch aus folgenden Aspekten eine besondere Bedeutung der Pädiatrischen Stoffwechselmedizin:

1.      Der von den für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder am 20./21.06.2002 getroffene Beschluss zum Neugeborenenscreening hat die Anzahl der zu untersuchenden Krankheiten auf mehr als 20 Krankheiten erhöht. Diese Krankheiten haben insgesamt eine Inzidenz von 1:2000 Neugeborenen. Hinzu kommen die im Rahmen des sog. Selektiven Screenings jenseits der Neugeborenenperiode diagnostizierten Patienten.

2.      Alle im Neugeborenenscreening und im selektiven Screening erfassten Krankheiten sind chronischer Natur.

3.      Die Diagnostik, Therapie und Qualitätssicherung bei diesen Krankheiten erfordert eine spezielle personelle, apparative Ausstattung und einen hohen Aufwand, der effektiv und effizient nur bei großem Kenntnis- und Erfahrungsstand zu erbringen ist. Die bislang im Bereich der Pädiatrischen Stoffwechselmedizin existierenden Strukturen bieten eine ausgezeichnete Ausgangsbasis für weitere Entwicklungen. Angesichts der zunehmenden Komplexität der Krankheitsbilder und der Geschwindigkeit des Wissenszuwachses bedürfen die Fachkenntnisse der in Diagnostik und Therapie involvierten Ärztinnen und Ärzte jedoch dringend einer Absicherung im Bereich der spezialisierenden Weiterbildung.

4.      Der Effekt des erweiterten Neugeborenenscreenings (als Produkt aus Fallzahl und Behandlungserfolg hinsichtlich Mortalität und Morbidität) ist – sofern die in Punkt 3 genannten Rahmenbedingungen erfüllt sind, als sehr groß anzusehen. Ohne diese Erwartung wäre eine Erweiterung des Scrennings nach nationalen und internationalen Standards nicht vertretbar.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im deutschen Gesundheitssystem für die im Rahmen der pädiatrischen Stoffwechselmedizin erbrachten diagnostischen und therapeutischen Leistungen keine alternativen Strukturen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus setzt die Durchführung eines Neugeborenenscreenings die langfristige Sicherstellung anschließender Konfirmationsdiagnostik und best möglicher therapeutischer Maßnahmen ethisch, rechtlich und gesundheitsökonomisch voraus. Aus diesem Grund erscheint es zwingend geboten, die Anforderungen des Screenings in der Subspezialität Pädiatrische Stoffwechselmedizin und diese in der Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer abzubilden.

© 2003, Bundesärztekammer.