Eröffnungsveranstaltung

Dienstag, 18. Mai 2004, 10.00 Uhr

Dr. Ingrid Hasselblatt-Diedrich:

Frau Ministerin Schmidt! Herr Präsident Hoppe! Liebe Präsidentin Auerswald! Meine lieben Kolleginnen! Meine lieben Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundespräsident und der Herr Bürgermeister mussten uns leider verlassen; beiden Herren möchte ich für ihre hervorragenden Reden danken.

Paracelsus, Theophrast von Hohenheim (1493 – 1541), hatte vor 500 Jahren als Arzt eine immense Wirkung. Seine Ideale und Heilmethoden, in mehr als 175 Schriften dargelegt, zeigten Einfluss auf die Medizin, auf die Theologie und auch auf die Literatur – nachzulesen bei Goethes „Faust“. So ist es für uns eine hohe Ehre, die Paracelsus-Medaille zu tragen. Wir sind bewegt und glücklich. Wir danken dem Vorstand der Bundesärztekammer und allen, die uns auf unseren beruflichen und privaten Wegen begleitet, unterstützt, motiviert und auch konstruktiv kritisiert haben. Es ist nicht alleine unser Verdienst, dass wir heute hier stehen.

Die Verleihung der Paracelsus-Medaille ist nicht nur Ehre, sondern auch Verpflichtung für ein weiteres Engagement. Freiheitliches ärztliches Handeln unter besonderer Beachtung humanistischer Aspekte, nach dem Vorbild von Paracelsus, ist heute stärker gefährdet als je zuvor. Wir werden uns für dieses Ziel einsetzen.

Paracelsus war ein herausragender Naturforscher, Arzt, Naturphilosoph, Theologe und Humanist. Solche Qualitäten als Ergänzung von Fachwissen sind auch heute eine Idealvorstellung. Der Arzt erkennt so den Kranken in seiner Gesamtpersönlichkeit, in seinem komplexen psychosozialen Bezug.

Eine humanistisch, philosophisch und theologisch geprägte Ausübung der Heilkunde wäre gerade heute, bei der Expansion der Technik bis hin zur digitalen Revolution in operativen Fächern, wichtiger als je zuvor. So kann die zunehmende Technisierung der Medizin, ohne die der Fortschritt nicht denkbar ist, dennoch mit Menschlichkeit und Zuwendung begleitet werden.

Um mit Paracelsus zu sprechen: „Der tiefste Sinn des ärztlichen Handelns sei die Liebe.“ Die außergewöhnliche Verbindung der Philosophie und der Theologie mit der Medizin und dem Glauben an die „wunderbare Selbsthilfe der Natur“ machte Paracelsus frei und selbstbewusst in der Ausübung der Heilkunde, übrigens auch in der Chirurgie und Wundbehandlung, wovon sein Buch „Die große Wundarzney“ zeugt.

Paracelsus vertrat seine Thesen und Methoden auch gegen den Widerstand der Etablierten. Nur seinem Wissen und Gewissen verpflichtet, ging er auf dem Weg des Fortschritts. Paracelsus selbst formulierte einen hohen Anspruch an die ethische Grundhaltung des Arztes, der „redlich, wahrhaftig, rein, treu und kunstreich“ sein soll.

Sein ausgeprägter Freiheitsdrang spiegelt sich in den Worten: „Keines anderen Knecht sei, wer eigener Herr sein kann.“

Unabhängigkeit, Wissensdurst und Freiheitsdrang führten den in Einsiedeln in der Schweiz Geborenen in unzählige Länder, so unter anderem nach Italien, Frankreich, Österreich, Deutschland, Spanien, Portugal, England, Dänemark, Litauen, Polen, Kroatien, Slowenien und Ungarn.

Paracelsus hat gezeigt, dass Medizin keine Grenzen kennt – so wie die Kunst und die Musik.

Die Sehnsucht nach Freiheit, die Liebe zur Heilkunde und der feste Wille, Widerstände und Grenzen zu überwinden, haben das Leben von Paracelsus geprägt. Folgen wir diesen Spuren!

Vielen Dank.

(Beifall)

(Musikalisches Intermezzo: George Gershwin aus „Porgy and Bess“:

„Bess you is my woman now“, „I’m on my way“)

© 2004, Bundesärztekammer.