TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Tag 1: Dienstag, 18. Mai 2004

Dr. Blachar, Vorsitzender des Vorstandes des Weltärztebundes, Präsident der Israel Medical Association (Übersetzung):

Sehr geehrter Herr Professor Hoppe! Sehr geehrte Vorstandsmitglieder der Bundesärztekammer! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine große Ehre und eine besondere Freude, heute anlässlich dieser wichtigen Versammlung der deutschen Ärzteschaft vor Ihnen zu stehen. In beiden Funktionen - nämlich als Vorsitzender des Vorstandes des Weltärztebundes (WMA) und als Präsident der Israelischen Ärztevereinigung - hatte ich viele Gelegenheiten, mit Mitgliedern der Bundesärztekammer zusammenzuarbeiten. Wir haben einige enge Freundschaften entwickelt.

Die Bundesärztekammer hat sich immer sehr aktiv an den Angelegenheiten des Weltärztebundes beteiligt: mit Mitgliedern wie Dr. Vilmar, der in offiziellen Funktionen dient, aber auch mit Professor Hoppe und Dr. Kloiber, die immer bereitstehen, um in jeder Weise zu helfen. Ihre Unterstützung für die Ärzteorganisationen in den sich entwickelnden Demokratien in Mittel- und Osteuropa ist dem Weltärztebund bekannt und ist ein Beweis für den Geist der Brüderlichkeit. Die Bundesärztekammer setzt sich aktiv auch mit anderen Fragen der Gesundheitspolitik auseinander und hat so bei vielen Gelegenheiten auf die internationale Gesundheitspolitik Einfluss genommen.

Dies sind keine leichten Zeiten für Ärzte. Die Medizin steht oft zwischen politischen, juristischen, finanziellen und anderen Einschränkungen, die unsere Möglichkeiten, unseren Patienten auf die beste Art zu dienen, behindern. Die Bundesärztekammer ist auch für ihre Bemühungen bekannt, diese Beeinträchtigung auszugleichen, und für ihren erfolgreichen Einsatz, die Standpunkte der Ärzteschaft in Europa und in der Welt zu vertreten.

Lassen Sie mich diese einmalige Gelegenheit nutzen, ein anderes sehr wichtiges Thema anzusprechen: die Deklaration von Helsinki. Sie ist weltweit neben dem ärztlichen Eid das wichtigste Dokument der Selbstverwaltung. Es spiegelt unsere Ideen, unsere Verpflichtungen und unser Engagement für eine ethisch korrekt durchgeführte Forschung am Menschen wider. Während der letzten zehn Jahre hatten wir sehr intensive Gespräche und Kooperation mit vielen Regierungsagenturen, der Weltgesundheitsorganisation, dem Weltverband der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften (CIOMS), ausgesprochen profilierten Akademikern aus verschiedenen Einrichtungen, Vereinen und der Industrie und Tausenden von Einzelpersonen über das Internet - nicht zu vergessen mit unseren Mitgliedsgesellschaften.

Im Jahre 2000 nahmen wir einstimmig die überarbeitete Deklaration an - nicht weil wir unsere Prinzipien aufgaben, wie beispielsweise den Patientenschutz, die Beratungen durch Ethikkommissionen oder den „informed consent“. Es geschah, weil wir feststellten, dass neue Forschungsverfahren, zum Beispiel Crossover-Studien, differenziertere Fragenstellungen wie Dosis-Wirksamkeits-Studien oder neue Bereiche der Forschung - man denke an die Humangenetik - aufgetreten waren. Wir haben vor vier Jahren nicht über ein perfektes Dokument befunden. Keiner glaubte, Moses zu sein und die Zehn Gebote zu bringen. Die Deklaration von Helsinki ist ein „lebendes“ Dokument. Es hat auf Veränderungen in der Vergangenheit reagiert. Es wird auf Veränderungen in der Zukunft reagieren. Nicht die technischen Einzelheiten, die so heftig diskutiert werden, sind in diesem Dokument feststehend; es ist der Kern, es sind die Werte, die das solide Fundament darstellen, das diesem Text zugrunde liegt.

Die neue Fassung der Deklaration wurde präziser, mehr auf die Probleme unserer Zeit ausgerichtet, ohne die Werte, die wir teilen, zu kompromittieren. An erster Stelle steht unsere ungeteilte Verantwortung und unsere Verpflichtung für unsere Patienten. Wir haben an ihr gearbeitet, wir arbeiten daran und wir werden auch weiterhin daran arbeiten - so lange, wie wir die Verantwortung dafür übernehmen. Bekanntermaßen hat die Bundesärztekammer über die Jahre hinweg, von den ersten Anfängen bis zum heutigen Tage, stets eine wichtige und aktive Rolle in dieser Entwicklung gespielt.

Vor zwei Jahren hat der Ärztetag in Rostock die Deklaration von Helsinki aus der Berufsordnung entfernt. Dies verursachte eine Menge Sorgen in der internationalen Ärzteschaft. Umso glücklicher waren wir, als wir letztes Jahr erfuhren, dass Sie sich entschlossen haben, die Deklaration von Helsinki bei diesem Ärztetag wieder in die Berufsordnung aufzunehmen.

Es mag Ihnen nicht immer bewusst sein, aber Sie sind eine der größten und sicher einflussreichsten Ärzteorganisationen in der Welt. Was Sie beschließen, verursacht Reaktionen in sehr entfernten Orten dieser Welt.

So wie die ärztliche Selbstverwaltung weltweit bedroht ist, so ist sie es in Ihrem Land und in meinem. Aber unsere ethische Basis ist ein hoher Wert an sich. Keine andere Berufsgruppe hat einen so ausgefeilten Satz von global akzeptierten Werten, Regeln und Empfehlungen. Wir sollten nicht zulassen, dass dies von außen zerstört wird. Die Deklaration von Helsinki ist das am meisten respektierte Dokument des Weltärztebundes, sie ist unser wichtigster Beitrag an die Welt der ärztlichen Forschung. Aber sie ist nur so lange unsere, wie wir dahinter stehen.

Wenn Sie in diesen Tagen über die Berufsordnung befinden, denken Sie bitte nicht nur an Ihre deutschen Kollegen, sondern auch an Ihre Bedeutung in der Weltgemeinschaft der Ärzte.

Herr Professor Hoppe, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche der Bundesärztekammer weiterhin Erfolg in Deutschland und auf internationaler Ebene.

Ich bedanke mich noch einmal für die Einladung und wünsche Ihnen einen guten Verlauf des Deutschen Ärztetages in Bremen.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank, Herr Dr. Blachar, für Ihre Mitteilungen und vor allen Dingen auch für die Anerkennung, dass wir uns bemühen, im Konzert der Ärztinnen und Ärzte dieser Welt eine gute Rolle zu spielen. Ich hoffe, das werden wir auch weiterhin so tun. Nochmals sehr herzlichen Dank.

Ich begrüße den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses, Herrn Dr. Rainer Hess, bekannt von früher. Herzlich willkommen, Rainer Hess!

(Beifall)

Ich begrüße das Vorstandsmitglied der Bulgarischen Ärztekammer, Herrn Marko Gugushen. Herzlich willkommen!

(Beifall)

© 2004, Bundesärztekammer.