TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Tag 1: Dienstag, 18. Mai 2004 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt I zurück. Der Vorteil, dass wir den Tagesordnungspunkt IV zwischendurch aufgerufen haben, ist enorm, denn gegenüber dem, was wir an sich gedacht haben, nämlich dass das ein Berichtstagesordnungspunkt mit kleinen Dingen sei, hat sich herausgestellt, dass die Weiterbildungsordnung wohl eines der Hauptthemen auf diesem Deutschen Ärztetag sein wird. Wir dachten, dass wir eine Weiterbildungsordnung verabschiedet haben, die vielfach schon im Landesrecht verankert ist. Aber dieses Thema scheint so viel Virulenz und Dynamik zu besitzen, dass wir noch insgesamt 23 Wortmeldungen und 22 Anträge haben. Dabei kann es sich beim besten Willen nicht nur um Betriebsmedizin, Suchtmedizinische Grundversorgung und Qualitätsmanagement handeln, sondern das muss weit darüber hinausgehen. Insofern ist es sehr gut, dass wir uns bereits jetzt darüber informieren und uns sorgfältig auf den weiteren Verlauf zu diesem Tagesordnungspunkt einstellen können.

Ich hoffe, Ihnen liegen alle Anträge zum Tagesordnungspunkt I umgedruckt vor. Ich bitte Sie, jetzt den Antrag I-1 des Vorstands – das ist der Leitantrag – sowie die Anträge I-1a und I-1b zur Hand zu nehmen. Antrag I-1a sieht folgende Änderung im dritten Spiegelstrich auf Seite 3 des Vorstandsantrags vor:

Zielgruppenspezifische Prävention in der Arztpraxis, im Krankenhaus und in übrigen Bereichen des Gesundheitswesens stärkt Eigenverantwortung und Gesundheitskompetenz der Patienten …

Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? – Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Der Antrag ist angenommen.

Ich rufe den Antrag I-1b auf. Auf Seite 4 des Antrags 1 soll folgender vierter Spiegelstrich angefügt werden:

Der 107. Deutsche Ärztetag fordert den Gesetzgeber auf, umgehend eine Härtefallregelung im Rahmen des GMG zu verabschieden. Damit soll eine Härtefallregelung für das jährliche Bruttoeinkommen, unterhalb der keine Zuzahlungen, Praxisgebühr etc. zu leisten ist, festgelegt werden. Eine solche Regelung soll die Situation von Obdachlosen, Suchtkranken, Pflegeheimbewohnern mit kleinem Taschengeld und anderen Armen verbessern.

Das korrespondiert mit dem Satz auf der ersten Seite. Wer möchte diesem Spiegelstrich zustimmen? – Wer ist dagegen? – Einzelne. Wer enthält sich? – Auch Einzelne. Der Antrag ist angenommen.

Wer möchte dem so geänderten Antrag I-1 zustimmen? – Wer ist dagegen? – Einzelne. Enthält sich jemand? – Drei Enthaltungen. Der Antrag ist mit riesiger Mehrheit in der geänderten Fassung angenommen. Vielen Dank.

Wir kommen zum Antrag I-2 des Vorstands. Die Überschrift lautet:

Politisch geschürte „Misstrauenskultur“ gefährdet Vertrau­ens­­grund­lage unseres Gesundheitswesens

Dazu gibt es keine Änderungsanträge. Der Antrag ist ziemlich lang; ich brauche ihn hoffentlich nicht vorzulesen. Sie haben ihn mittlerweile studiert. Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Einzelne Enthaltungen. Gegenstimmen habe ich von hier aus nicht wahrnehmen können. Der Antrag ist angenommen. Ich glaube, darüber wird sich besonders Frau Dr. Auerswald freuen, denn sie ist diejenige, die die Idee hatte, einen solchen Antrag einzubringen.

(Beifall)

Damit kommen wir zum Antrag I-3. Dieser Antrag muss im Zusammenhang mit den Anträgen I-4 und den Anträgen I-8 gesehen werden. Die Anträge 4 und 8 beschäftigen sich mit dem Thema Finanzierung. Eine Teilmenge des Antrags 3 beschäftigt sich ebenfalls mit der Finanzierung. Das ist auch einer der Gründe, warum Frau Gitter gebeten hat, über den Antrag 3 abschnittsweise abzustimmen. Ich schlage vor, dass wir wirklich nach einzelnen Abschnitten abstimmen, damit Sie immer eine konkrete Aussage haben, zu der Sie sich positiv oder negativ per Abstimmung äußern können.

Der erste Absatz lautet:

Im Jahre der Einführung des Gesundheits-Modernisierungs-Gesetzes (GMG) sieht die deutsche Ärzteschaft die Folgen für die Kranken und die Versicherten mit den Elementen der Entsolidarisierung und finanziellen Belastung als gravierend und änderungsbedürftig an.

Wer möchte diesem Satz zustimmen? – Wer ist dagegen? – Das Erste war die Mehrheit. Wer enthält sich? – Dann ist das beschlossen.

Der zweite Absatz lautet:

Durch die Ausgrenzung von Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die erhöhten Zuzahlungen, von denen die Praxisgebühr nur einen kleinen, aber erheblichen Teil darstellt, wird die Basis eines solidarisch finanzierten Gesundheitssystems aufgegeben und die paritätische Beitragszahlung weiter ausgehöhlt.

Wer möchte diesem Satz zustimmen? – Wer ist dagegen? – Das müssen wir zählen; da sind wir uns hier oben einig. Ich frage also noch einmal: Wer möchte diesem Satz zustimmen? – Wer möchte diesen Satz nicht beschließen? – Gibt es Enthaltungen? – Einige Enthaltungen. Es ist gut, dass wir gezählt haben, denn dieser Satz ist mit 93 : 94 abgelehnt.

(Beifall)

Der nächste Satz lautet:

In dieser Situation stehen die Kranken im Zentrum eines Dreiecks aus Politik, Krankenkassen und Leistungsanbietern, die von allen Seiten die stärkere finanzielle Belastung der Patienten anstreben.

Wer stimmt dem zu? – Wer ist nicht dafür? – Das ist die Mehrheit. Dann entfällt dieser Satz.

Der nächste Satz lautet:

Die Politik versucht mit untauglichen Mitteln, die wirtschaftliche Situation Deutschlands durch Entlastung der Arbeitgeber und Belastung der Versicherten zu verändern – der Arbeitsplatzabbau geht jedoch weiter.

(Zuruf: Vorstandsüberweisung!)

– Ist das ernst gemeint? – Ja. Gibt es eine Gegenrede zur Vorstandsüberweisung? – Formal. Wer möchte diesen Satz dem Vorstand überweisen? – Wer möchte ihn nicht überweisen? – Dann stimmen wir hier ab. Wer möchte dem vorgelesenen Satz zustimmen? – Wer ist dagegen? – Das ist die Mehrheit. Enthaltungen? – Einige. Dann entfällt dieser Satz.

Der nächste Satz lautet:

Die Krankenkassen haben in Konkurrenz zueinander ihre Funktion als Vertreter der Versicherteninteressen verloren und versuchen, ihre desolate Finanzsituation durch Selektion der Versicherten zu verbessern.

Der Antrag auf Vorstandsüberweisung wird nicht gestellt. Wir stimmen also ab. Wer ist dafür, dass wir dem zustimmen? – Wer ist dagegen? – Ich verlese den Satz noch einmal:

Die Krankenkassen haben in Konkurrenz zueinander ihre Funktion als Vertreter der Versicherteninteressen verloren und versuchen, ihre desolate Finanzsituation durch Selektion der Versicherten zu verbessern.

Wer möchte dieser Aussage zustimmen? – Wer möchte dem nicht zustimmen? – Das ist jetzt eindeutig die Mehrheit. Der Satz entfällt also.

Wir kommen zum nächsten Absatz:

Ärzte beanspruchen die finanziellen Kräfte der Patienten durch forcierte Angebote außerhalb der GKV-Leistungen: Zum Teil unnötige Leistungen werden den Patienten als IGeL angedient, um die eigene Finanzkraft zu stärken … Der Staat zieht sich im Krankenhaussektor aus seiner Verantwortung weitgehend zurück.

(Zuruf)

– Ein Antrag zur Geschäftsordnung. Bitte schön, Herr Kühn.

© 2004, Bundesärztekammer.