Henke, Referent:
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!
Auch ich möchte Ihnen sehr herzlich für diese gute und konstruktive
Diskussion danken. Herr Jaeger, das hört man gern. Wir wollen Ihnen
sowohl die Vorträge als auch die Folien zur Verfügung stellen. Ich bitte
Sie nur um Ihr Einverständnis, dass wir, nachdem die Vorträge gehalten
wurden, noch die Chance haben, sie über die Mittagspause redaktionell
in die gebotene Form zu bringen. Sie werden die Unterlagen heute Nachmittag
oder morgen schriftlich zur Verfügung gestellt bekommen. Ich hoffe,
es wird eine Möglichkeit geben, Ihnen die Folien elektronisch zugänglich
zu machen. (Beifall)
Ich möchte zu einigen Wortmeldungen ein paar Anmerkungen
machen. Herr Josten und andere haben davon gesprochen, dass eine Kapazitätsverknappung
droht. Ich glaube, dass bei einem Teil der Beteiligten genau dies
auch die Absicht ist. Herr Dehnst hat das mit dem Begriff des Trojanischen
Pferdes sehr schön zum Ausdruck gebracht. Zunächst wird diese Debatte
natürlich mit Qualitätsargumenten geführt. Deswegen war es hoch wichtig,
dass der Ärztetag erklärt: Solange es dabei um das Thema Qualität
geht, versperren wir uns dieser Diskussion nicht. Wir sind sehr daran
interessiert, offen über die Qualität und die Gründe für Qualität
zu diskutieren.
Es gibt also keine unreflektierte Ablehnung eines
Zusammenhangs zwischen Menge und Qualität, sondern es geht um eine
reflektierte Auseinandersetzung mit diesem Zusammenhang.
Herr Kossow hat von dem Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik
gesprochen und ein bisschen davor gewarnt, gewissermaßen politisch
Konsequenzen aus medizinischen Mindestmengenerkenntnissen abzuleiten.
Nach meinem Eindruck gibt es ein paar Erkenntnisse aus den Zentrierungen,
die bereits stattgefunden haben. Damit meine ich nicht die Stichworte
Mammakarzinom und Brustzentren in Nordrhein-Westfalen. Aus
der Zentrierung in der Perinatologie wissen
wir, dass nicht Mindestmengen ausschlaggebend sind, sondern Mindestanforderungen
an strukturelle und personelle Voraussetzungen, an Prozessabläufe
und an organisatorische Voraussetzungen. Das sind diejenigen Elemente,
welche die Qualität bedingen.
Wenn man strukturell, personell, prozessmäßig
und organisatorisch gut vorbereitet sein will, braucht man dafür eine
gewisse finanzielle, materielle Investition. Die Einrichtung und das
Vorhalten der notwendigen Standards verursachen Kosten. In dieser
Hinsicht ist zu erkennen, dass Abteilungen in der Perinatologie
wahrscheinlich erst ab einer bestimmten Zahl abgerechneter Geburten
kostendeckend arbeiten. Das haben wir aber nicht überprüft. Jeder
muss das Recht und die Freiheit haben, in seinem Segment eine Leistung
zu offerieren, von der er sagt: Da buttere ich zu.
Ich glaube, wir sollten uns darauf konzentrieren,
die Standards zu definieren und das Einrichten und Vorhalten der Standards
zu verlangen. Das ist unser Konzentrationskern. Bei einem auf mehrere
Jahre angelegten Strukturwandel hätten die Kliniken auch länger Gelegenheit,
Entscheidungen über zukünftige Tätigkeitsschwerpunkte nach Prüfung
aller Voraussetzungen zu treffen.
Herr Professor Lob hat zu Recht darauf aufmerksam
gemacht, dass wir die Mindestmengen bereits benutzen. Wir bedienen
uns in bestimmtem Umfang zwar nicht der Mindestmengen, wie sie im
Gesetz stehen, aber generell doch bei der Definition von Richtzahlen
für den Inhalt der Weiterbildung. Ich habe genau zugehört, wie Herr
Professor Lob formuliert hat. Er hat gesagt: Wir benutzen Mindestzahlen
in der Weiterbildungsordnung, die wir in den letzten Jahren sorgfältig
erarbeitet haben. Ich möchte diesen Satz und die Verwendung des Relativpronomens
einfach einmal so stehen lassen.
Operieren die Krankenhäuser oder operieren die
Ärzte? Natürlich operieren die Ärzte. Die Ergebnisse unserer Arbeit
sind dennoch von der Vernetzung vieler Leistungsstrukturen mit abhängig.
Für das Behandlungsergebnis ist nicht allein die Operation verantwortlich.
Wenn in der Nachsorge ein Desaster passiert, belastet das möglicherweise
die Operationsstatistik. Ich meine, deswegen wird man schon sagen
müssen: Die Versorgungsstruktur hat Einfluss auf das Ergebnis, die
Leistung des einzelnen Operateurs aber ebenso.
Ich komme jetzt zu den Anträgen. Es gibt einen
Änderungsantrag zum Vorstandsantrag, der wünscht, den ersten Satz
im zweiten Absatz auf der ersten Seite wie folgt zu ändern:
Dass zwischen Qualität und Menge der Leistungserbringung
grundsätzlich ein Zusammenhang bestehen kann, steht außer Frage.
Durch das Wort „grundsätzlich“ erfolgt bereits
eine Einschränkung. Ich verstehe Frau Gitter so, dass sie deutlicher
zum Ausdruck bringen will, dass der Zusammenhang nicht auf jeden Fall
als linearer Zusammenhang verstanden werden soll. Ich meine, in diesem
Sinne kann man dem Änderungsantrag zustimmen.
Als Verfasser des Antrags 2 sind Herr Montgomery,
Herr Mitrenga, Herr Wolter und Herr Ungemach sowie ich aufgeführt.
Das liegt daran, dass es sich um Vorstandsmitglieder des Marburger
Bundes handelt und die Hauptversammlung des Marburger Bundes diesen
Text beschlossen hat. Insofern bringt der Vorstand diesen Antrag hier
ein. Aus Delegiertenkreisen gibt es die Rückfrage, was mit „zum Teil
aggressiver öffentlicher Kritik“ gemeint ist. Im Zusammenhang mit
der von der Selbstverwaltung getroffenen Mindestmengenvereinbarung
hat Professor Lauterbach von einem Scheitern der Selbstverwaltung
gesprochen und hat der Selbstverwaltung vorgeworfen, den schlechtestmöglichen
Kompromiss gefunden zu haben.
(Zuruf:
Unglaublich!)
Die Patientenbeauftragte, Frau Kühn-Mengel,
hat das aufgegriffen und hat es sich zu Eigen gemacht.
Diese Bewertung als Reaktion auf die Vorstellung
der getroffenen Vereinbarung ist beleidigend, ist kränkend, ist verletzend;
sie wertet die Verhandlungen zwischen Krankenhausgesellschaft, Krankenkassen,
Bundesärztekammer und Deutschem Pflegerat ab. Dagegen wollen wir uns
mit dem Satz wehren:
Er weist die zum Teil aggressive öffentliche Kritik
daran zurück.
Ich will auf die Implikationen für das Thema Krankenhausplanung
aufmerksam machen, die im Text des Marburger Bundes beschrieben sind.
Ich empfehle die Annahme dieses Antrags. Das ist eigentlich klar,
wenn man selbst Mitantragsteller ist.
Ob der Antrag II-3 von Herrn Dr. Scholz und Herrn
Dr. Ungemach, der sich auf die Fusion von Universitätskliniken bezieht,
genau hierhin passt, ist schwierig zu beurteilen. Er liegt aber so
vor. Ich habe natürlich nichts dagegen, wenn er angenommen wird. Die
Frage der klinischen Forschung und die Frage der Kompetition,
die sich im Bereich von Wissenschaft immer mehr breit macht, erfordern
unter Umständen andere Reaktionsmuster, als wenn man aus der Sicht
der Versorgungsaufgabe von Krankenhäusern formuliert. Ich weise darauf
hin, dass in der Wahrnehmung der Träger von Universitätskliniken der
Zweck der Universitätskliniken nicht in erster Linie die Krankenversorgung
ist, nicht in erster Linie die Maximalversorgung ist, sondern dass
sich die Universitätskliniken aus ihren Aufgaben in der Ausbildung,
in der Forschung, in der Lehre, im Studium rechtfertigen. Was die
Versorgungssituation angeht, ist der Antrag in Ordnung. Man kann ihn
verabschieden.
Die Antragsteller zu II-4 sind einverstanden, wenn
wir im zweiten Satz des Antrags statt von „Mindestmengen“ von „exakten
Mindestmengen“ sprechen, es also heißt:
Exakte Mindestmengen als Qualitätsindikatoren
sind aus Studien nicht evidenzbasiert ableitbar.
Ich empfehle, den Antrag entsprechend anzunehmen.
Zum Antrag II-5 von Herrn Dr. Clever hat der Präsident
bereits auf die finanziellen Implikationen hingewiesen. Letztlich
entscheiden Sie im Zusammenhang mit dem Haushalt darüber, welchen
Spielraum wir haben. Wir als Bundesärztekammer sind sehr bereit, unsere
Möglichkeiten hinsichtlich der Versorgungsforschung zu verstärken.
Wir glauben, dass das heute diskutierte Thema unterstreicht, wie erforderlich
das ist. Herr Dr. Clever, vielleicht sind Sie damit einverstanden,
wenn wir statt „der Vorstand der Bundesärztekammer wird aufgefordert“
formulieren: „Der Deutsche Ärztetag setzt sich dafür ein“. Dann erreicht
das den Vorstand auch und er wird sich im Rahmen seiner Möglichkeiten
damit beschäftigen.
Ich bedanke mich noch einmal sehr für Ihre Aufmerksamkeit
und für die freundliche Resonanz, die unsere Referate gefunden haben.
(Beifall) |