Prof. Dr. Kunze, Bayern:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich
bin Herrn Professor Flenker, dem Vorsitzenden der Berufsordnungsgremien
der Bundesärztekammer, sehr dankbar dafür, dass er in seinem Referat
die Problematik so eindeutig und eingehend erläutert hat. Er hat
auch darauf hingewiesen, dass es kritische Stimmen gibt. Auch für
diese Aussage bin ich ihm dankbar, denn damit hat er den Boden für
die folgende Diskussion vorbereitet.
Ich muss sagen, die Anträge, die darauf abzielen, hier
zwar die Diskussion zu führen, eine Abstimmung aber zu verschieben –
möglicherweise zu verhindern –, sind nach dieser Darstellung von Herrn Kollegen
Flenker nicht sehr zielführend.
(Beifall)
Ich bin der Meinung, der Deutsche Ärztetag ist für diesen
Haupttagesordnungspunkt gut präpariert, er hat sich gut vorbereitet. Unsere
Kolleginnen und Kollegen draußen erwarten, dass der Deutsche Ärztetag zu dieser
Frage eine eindeutige Stellungnahme abgibt.
(Beifall)
Ich bin von vielen Kollegen gefragt worden: Vollzieht denn
die deutsche Ärzteschaft jetzt die wesentlichen Bestimmungen, die uns das
GKV-Modernisierungsgesetz bietet? Die Kollegen haben uns als Delegierte zu
diesem Ärztetag mit der Bitte angesprochen: Vollzieht das, was an Möglichkeiten
eröffnet wird, soweit ihr es mittragen könnt. Deswegen bitte ich Sie, die
Anträge auf Verschiebung oder Vertagung der Abstimmung negativ zu bescheiden.
Ich glaube, eine solche Vertagung können wir uns einfach nicht leisten. Wir
müssen in dieser wichtigen Frage Stellung beziehen.
(Beifall)
Ich meine, dass die Änderungen der (Muster-)Berufsordnung
zwar eine revolutionäre Änderung unserer bisherigen Berufsausübungsbestimmungen
darstellen, aber wir sollten den Mut haben, die positiven Ansätze zu
verbalisieren.
Deswegen kann ich voll und ganz die §§ 17 und 18, die
Präambel usw. unterstützen. Ich möchte Sie allerdings auf § 19 Abs. 2 besonders
hinweisen. Ich bitte Sie ganz herzlich, § 19 Abs. 2 mit großer Mehrheit
abzulehnen, und zwar aus folgendem Grund. Ich habe bereits betont, dass wir die
positiven Elemente der Änderungen sehen sollten. Dann dürfen wir aber mit § 19
Abs. 2 keinen Rückschritt vornehmen, indem wir uns selbst die Fessel anlegen,
dass nur bestimmte Kolleginnen und Kollegen – sei es bei Kooperationsformen, sei
es beim Medizinischen Versorgungszentrum – die Gelegenheit haben, reihenweise
andere Fachärzte anzustellen. Gegen das Anstellungsverhältnis habe ich
überhaupt nichts. Die Ministerin hat gestern noch einmal betont, dass sie das
als eine Chance für diejenigen Kolleginnen und Kollegen ansieht, die keine
Investitionen vornehmen wollen, die nicht in einem freien wirtschaftlichen
Betrieb arbeiten wollen, die mit Teilzeit und anderen Möglichkeiten im
Anstellungsverhältnis arbeiten wollen. Was diese Kolleginnen und Kollegen aber
nicht wollen: als Knecht von irgendwelchen Praxisinhabern zu arbeiten. Ich habe
während meiner langjährigen Tätigkeit als Krankenhausarzt immer betont, dass
wir den Arztberuf auch im Angestelltenverhältnis als einen freien Beruf
auffassen. Karsten Vilmar hat immer betont, dass der Arztberuf, gleichgültig wo
er ausgeübt wird, seiner Natur nach ein freier Beruf ist.
Dem widerspricht der Vorschlag, in § 19 Abs. 2 die Weichen
für ein Abhängigkeitsverhältnis zu stellen. Es geht mir nicht um die Liquidation.
Es ist sowieso klar, dass wir damit Tore öffnen, die wir nicht mehr schließen
können. Mir geht es um die Weisungsbefugnis bestimmter Gruppen von Ärzten, die
solche Institutionen leiten. Wir Krankenhausärzte haben uns eben nicht als
Erfüllungsgehilfe des Krankenhausträgers gefühlt, sondern als Ärzte in einem
Anstellungsverhältnis. Das erwarte ich auch in den Medizinischen
Versorgungszentren.
Wir dürfen nicht riskieren, dass sich solche Arztketten
mit dem Schild „Medizinisches Versorgungszentrum“ gründen, und eine
vertragsärztliche Tätigkeit in einem solchen Versorgungszentrum verhindert
wird. Wir müssen dafür sorgen, dass wir gleich lange Spieße haben. In einem
Versorgungszentrum müssen Vertragsärzte ebenso wie Krankenhausärzte mitarbeiten
können, aber nicht als Erfüllungsgehilfen des Versorgungszentrums. Ich glaube,
das muss man so deutlich aussprechen, damit wir wissen, worum es geht.
Ich bitte Sie ganz herzlich, § 19 Abs. 2 abzulehnen. Das
erwarten unsere Kollegen von uns. Sie erwarten keine Verschiebung, sondern eine
konsequente Ablehnung des § 19 Abs. 2, weil das eine Bestimmung ist, mit der
wir uns Fesseln anlegen.
Es befinden sich bereits eine Reihe von Versorgungszentren
in Gründung. Wir müssen unsere Kolleginnen und Kollegen im vertragsärztlichen
und im Krankenhausbereich auffordern, sich dort zu beteiligen. Die
Krankenhausträger, allen voran die privaten, stehen vor der Tür und wollen
diese in Gründung befindlichen Versorgungszentren übernehmen. Der
Vorstandsvorsitzende des Rhön-Klinikums hat erklärt: Es gibt viele hektische
Vertragsabschlüsse und voreilige Aktionen. Es sei Taktik des Rhön-Klinikums,
diese Kleinaktionen erst einmal abzuwarten. Wörtlich: Danach kommt die große
Dampfwalze und kauft diese Versorgungszentren auf.
So weit darf es nicht kommen! Wir müssen vorher
funktionsfähige Einheiten schaffen, damit nicht die von Herrn Münch erwähnte
Dampfwalze kommt und die Versorgungszentren aufkauft.
Ich bitte Sie, den entsprechenden Antrag gegen § 19 Abs. 2
anzunehmen, damit wir eine klare Aussage gegen § 19 Abs. 2 haben.
Vielen Dank.
(Beifall)
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