Dr. Schulze, Baden-Württemberg:
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den
Antrag gestellt, die Änderungen in der Berufsordnung, die die §§ 17
bis 19 betreffen, erneut zu überlegen. Wir haben den bisherigen Beiträgen
entnehmen können, dass es Fraktionen pro und Fraktionen contra gibt.
Womit hängt das zusammen? Es steht ein Systemwechsel an. Er betrifft
nicht die Einzelpraxis, sondern die gut existierenden Systeme von Praxisgemeinschaft
und Gemeinschaftspraxis. Diese sollen künftig zugunsten der Medizinischen
Versorgungszentren geopfert werden. Das heißt, wir werden künftig gerade
in diesen Medizinischen Versorgungszentren eine zunehmende Zahl von
angestellten Ärzten haben, und zwar außerhalb der Krankenhäuser. Das
ist neu.
Wollen wir wirklich mit diesen Medizinischen Versorgungszentren
Monopolisierungsmodelle wie jetzt schon beispielsweise in der Labormedizin,
in der Pathologie und in der Radiologie auch für alle Organfächer
haben? Eine Folgenabschätzung ist im Augenblick noch gar nicht möglich,
da wir noch gar nicht wissen, wie sich das Zulassungs- und das Niederlassungsrecht
möglicherweise entwickeln werden.
Herr Flenker hat die Chancen dargestellt, welche
die Änderung der Berufsordnung mit sich bringt. Das erste Argument
lautete: Verbesserung der Berufszufriedenheit durch neue Arbeitszeitmodelle.
Er meinte wahrscheinlich Arbeitsmodelle, nicht Arbeitszeitmodelle.
Aus 30-jähriger Erfahrung als Angestellter im Krankenhaus
muss ich sagen: Damit erzeugen wir erneut, wie Herr Kunze gesagt hat,
Knechte. Die angestellten Ärzte werden zum großen Teil ausgebeutet,
entweder durch die wirtschaftliche Abhängigkeit oder durch die Weiterbildungstätigkeit,
in der sie sich befinden. Deshalb sollte man es eigentlich nicht als
Ideal hinstellen, dass durch die Angestelltentätigkeit die Berufszufriedenheit
erhöht wird.
Zu den drei anderen Punkten, nämlich wissenschaftlichere
Leistungserbringung, Nutzung von Synergieeffekten und gute Wettbewerbschancen,
muss man betonen, was Herr Bundespräsident Rau gesagt hat: Ich halte
nichts davon, unser ganzes Leben – das können wir hier auf unsere
ärztliche Berufstätigkeit beziehen – in Begriffe der Betriebswirtschaft
zu pressen.
Sie wissen, das Gesamtbudget des Gesundheitswesens
ist begrenzt und festgelegt. Durch diese Umstrukturierung erreichen
wir ja nur ein Umverteilen. Man muss einfach sehen: Wenn ein Medizinisches
Versorgungszentrum profitabel sein soll, muss es ganz einfach die
angestellten Ärzte ausnutzen.
Bedenken Sie bitte, dass die Änderungsvorschläge,
§ 19 Abs. 2 zu streichen, sicher sinnvoll sind oder aber wir überlegen
noch einmal insgesamt und fragen uns, wie sich die Strukturen verändern,
welche Risiken entstehen, welche Folgen für die gesamte Ärzteschaft
auftreten.
Danke.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Herr Schulze. – Der nächste Redner ist Herr Windhorst
aus Westfalen-Lippe. |