TOP III: Novellierung einzelner Vorschriften der (Muster-) Berufsordnung

Tag 2: Mittwoch, 19. Mai 2004 Nachmittagssitzung

Dr. Schulze, Baden-Württemberg:

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Antrag gestellt, die Änderungen in der Berufsordnung, die die §§ 17 bis 19 betreffen, erneut zu überlegen. Wir haben den bisherigen Beiträgen entnehmen können, dass es Fraktionen pro und Fraktionen contra gibt. Womit hängt das zusammen? Es steht ein Systemwechsel an. Er betrifft nicht die Einzelpraxis, sondern die gut existierenden Systeme von Praxisgemeinschaft und Gemeinschaftspraxis. Diese sollen künftig zugunsten der Medizinischen Versorgungszentren geopfert werden. Das heißt, wir werden künftig gerade in diesen Medizinischen Versorgungszentren eine zunehmende Zahl von angestellten Ärzten haben, und zwar außerhalb der Krankenhäuser. Das ist neu.

Wollen wir wirklich mit diesen Medizinischen Versorgungszentren Monopolisierungsmodelle wie jetzt schon beispielsweise in der Labormedizin, in der Pathologie und in der Radiologie auch für alle Organfächer haben? Eine Folgenabschätzung ist im Augenblick noch gar nicht möglich, da wir noch gar nicht wissen, wie sich das Zulassungs- und das Niederlassungsrecht möglicherweise entwickeln werden.

Herr Flenker hat die Chancen dargestellt, welche die Änderung der Berufsordnung mit sich bringt. Das erste Argument lautete: Verbesserung der Berufszufriedenheit durch neue Arbeitszeitmodelle. Er meinte wahrscheinlich Arbeitsmodelle, nicht Arbeitszeitmodelle.

Aus 30-jähriger Erfahrung als Angestellter im Krankenhaus muss ich sagen: Damit erzeugen wir erneut, wie Herr Kunze gesagt hat, Knechte. Die angestellten Ärzte werden zum großen Teil ausgebeutet, entweder durch die wirtschaftliche Abhängigkeit oder durch die Weiterbildungstätigkeit, in der sie sich befinden. Deshalb sollte man es eigentlich nicht als Ideal hinstellen, dass durch die Angestelltentätigkeit die Berufszufriedenheit erhöht wird.

Zu den drei anderen Punkten, nämlich wissenschaftlichere Leistungserbringung, Nutzung von Synergieeffekten und gute Wettbewerbschancen, muss man betonen, was Herr Bundespräsident Rau gesagt hat: Ich halte nichts davon, unser ganzes Leben – das können wir hier auf unsere ärztliche Berufstätigkeit beziehen – in Begriffe der Betriebswirtschaft zu pressen.

Sie wissen, das Gesamtbudget des Gesundheitswesens ist begrenzt und festgelegt. Durch diese Umstrukturierung erreichen wir ja nur ein Umverteilen. Man muss einfach sehen: Wenn ein Medizinisches Versorgungszentrum profitabel sein soll, muss es ganz einfach die angestellten Ärzte ausnutzen.

Bedenken Sie bitte, dass die Änderungsvorschläge, § 19 Abs. 2 zu streichen, sicher sinnvoll sind oder aber wir überlegen noch einmal insgesamt und fragen uns, wie sich die Strukturen verändern, welche Risiken entstehen, welche Folgen für die gesamte Ärzteschaft auftreten.

Danke.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Herr Schulze. – Der nächste Redner ist Herr Windhorst aus Westfalen-Lippe.

© 2004, Bundesärztekammer.