Büchner, Schleswig-Holstein:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine schöne
Überschrift für meinen Beitrag. Ich möchte ein wenig ins Detail gehen.
Es gibt dieses unsägliche Formular für das Disease-Management-Programm
Diabetes. Damit verbunden ist beispielsweise auch die Tatsache, dass
in Schleswig-Holstein Patientinnen und Patienten, die nicht eingeschrieben
sind, keine Schulung mehr erhalten. Das ist nicht nur Diabetes light,
sondern Zweiklassenmedizin und Rationierung, die aus medizinischen
Aspekten unvertretbar ist. Ich denke, hier müssen wir auch Patientenrechte
verteidigen.
(Beifall)
Außerdem gab es zuvor eine Primärkassenvereinbarung,
wonach klar war: HbA1c nicht über 7,5, dann Schwerpunktpraxis,
wo es beim Blutdruck altersabhängig Grenzen gab. Das ist im Disease-Management-Programm
alles völlig aufgeweicht. Ich kann dort hineinschreiben: HbA1c
10 Prozent, vielleicht auch 15 Prozent, wenn dies der individuelle
Zielkorridor ist, dann soll es so sein. Wenn dieser Zielkorridor eingehalten
wird, kommt die Schwerpunktpraxis überhaupt nicht mehr ins Spiel.
Diabetikerinnen und Diabetiker werden durch diese Vereinbarungen geschädigt.
Ich komme zurück zu den Formularen, zum Bürokratiewahn:
Es gibt bei den Krankenkassen zunehmend die Tendenz, dass sie Formulare
herumschicken, die im Bundesmantelvertrag hinsichtlich der vertragsärztlichen
Versorgung
überhaupt nicht vereinbart sind. Das sagen die Krankenkassen aber
nicht dazu. Wenn Sie beispielsweise bei der Versorgung mit orthopädischem
Schuhwerk das Gefühl haben, ob das wohl richtig ist, dann fragen Sie
bitte bei Ihrer KV nach. Es muss ein Thema sowohl für die KVen
als auch für die Kammern sein, dass uns unsere lieben Vertragspartner
hier Dinge abverlangen, die – wenn überhaupt – über die GOÄ honoriert
werden müssten, die gar nichts mit den bestehenden Verträgen zu tun
haben.
Oftmals fordern die Krankenkassen Unterlagen an,
die nur der MDK anfordern darf. Sie erklären: Wir tun das im Auftrag
des MDK. Das ist nicht zulässig, dafür gibt es keine Rechtsgrundlage.
Schicken Sie das bitte nicht zurück, ignorieren Sie es.
Ein weiterer Punkt: Wenn Fremdberichte angefordert
werden – ob vom Landesamt für Soziale Dienste, ob es Versicherungen
sind, ob es der MDK ist, ob es Berufsgenossenschaften sind –, sollten
Sie vielleicht so verfahren wie ich: Ich habe mir vor einigen Jahren
einen Stempel gemacht „Aus grundsätzlichen datenschutz- und urheberrechtlichen
Gründen ist eine Weitergabe von Berichten nicht möglich“. Mich hat
seitdem niemals mehr irgendjemand gebeten, Fremdberichte zu kopieren
und zuzuleiten. Wir sind dazu nicht verpflichtet.
Wir müssen uns auch im Kopf entbürokratisieren.
Wir dürfen nicht denken, jeder, der uns etwas abverlangt, habe auch
das Recht dazu. Wir müssen kritisch sein und erklären: Das, was ihnen
zusteht, sollen sie bekommen, aber mehr auch nicht.
Ich möchte zum Schluss Brecht zitieren: Er widerstand
dem Tiger, er besiegte den Hai, es töteten ihn die Flöhe. – Das sollte
uns nicht passieren.
Danke.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank, Herr Büchner. – Jetzt Herr Kollege Ruebsam-Simon
aus Baden-Württemberg. |