TOP VI: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

Tag 3: Donnerstag, 20. Mai 2004 Nachmittagssitzung

Dr. Nick, Rheinland-Pfalz:

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es besteht mit meinem Vorredner nicht nur eine Namensähnlichkeit – Lipp/Nick –, sondern auch eine inhaltliche Übereinstimmung. Herr Kollege Lipp hat ein Problem angerissen, das wir alle aus der täglichen Praxis kennen. Die Grundlage dessen, was Herr Henke in vorzüglicher Weise vorgetragen hat, wird ohne Zweifel von der gesamten Ärzteschaft nachhaltig gestützt und getragen.

Was uns ein wenig bewegt und was meines Erachtens Anstoß für eine kleine selbstkritische Ergänzung des Antrags sein sollte, ist der Umstand, dass wir in unserem Sozialstaat sehr, sehr viele Menschen – es sind Millionen – durch unsere ärztlichen Gutachten und durch unsere Bescheinigungen in den Status eines Schwerbehinderten versetzen. Wir machen aus Patientennähe oder aus Gefälligkeit mittlerweile aus jedem zweiten oder dritten älteren Menschen einen Schwerbehinderten. Hier werden Leistungen des Sozialstaates fehlgeleitet. Hier wird Geld, das den tatsächlich Behinderten zufließen müsste, Personen gegeben, die per Steuererleichterung und per Zuwendung für eine ungesunde Lebensführung belohnt werden. Wenn sich durch reichlichen Alkoholgenuss oder unvernünftige Lebensweise das Körpergewicht sehr erhöht und daraus Sekundärschäden erwachsen, wird aufgrund unserer Sozialgesetzgebung das ebenso gewertet wie ein Unfallschaden, ein Schaden bei der Geburt oder genetische Entwicklungen.

Ich denke, das ist ein Umstand, den wir uns unter den sehr veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen nicht mehr leisten können. Man muss nur einmal die wirklich dramatische Schuldensituation unseres Staates betrachten. In der Sozialgesetzgebung wurden einige Regelungen bereits korrigiert: Patienten, die früher schon mit 60 Jahren bei vollen Rentenbezügen aus dem Beruf ausscheiden konnten, müssen heutzutage 63 Jahre alt sein. Das ist, denke ich, ein sehr sensibler Punkt, von dem wir alle in der täglichen Praxis auch wirtschaftlich profitieren. Ich meine, hier ist eine sehr kritische Analyse nicht nur durch die Politiker, sondern auch durch uns Ärzte intern angezeigt, damit die benötigten finanziellen Ressourcen den wirklich Behinderten und denjenigen, die unser aller Unterstützung und Hilfe bedürfen, zufließen.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall)

 

Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Herr Nick. – Der nächste Redner ist Herr Josten aus Nordrhein. Bitte schön.
© 2004, Bundesärztekammer.