Dr. Nick, Rheinland-Pfalz:
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es besteht mit meinem Vorredner nicht
nur eine Namensähnlichkeit – Lipp/Nick –, sondern auch eine inhaltliche
Übereinstimmung. Herr Kollege Lipp hat ein Problem angerissen, das
wir alle aus der täglichen Praxis kennen. Die Grundlage dessen, was
Herr Henke in vorzüglicher Weise vorgetragen hat, wird ohne Zweifel
von der gesamten Ärzteschaft nachhaltig gestützt und getragen.
Was uns ein wenig bewegt und was meines Erachtens
Anstoß für eine kleine selbstkritische Ergänzung des Antrags sein
sollte, ist der Umstand, dass wir in unserem Sozialstaat sehr, sehr
viele Menschen – es sind Millionen – durch unsere ärztlichen Gutachten
und durch unsere Bescheinigungen in den Status eines Schwerbehinderten
versetzen. Wir machen aus Patientennähe oder aus Gefälligkeit mittlerweile
aus jedem zweiten oder dritten älteren Menschen einen Schwerbehinderten.
Hier werden Leistungen des Sozialstaates fehlgeleitet. Hier wird Geld,
das den tatsächlich Behinderten zufließen müsste, Personen gegeben,
die per Steuererleichterung und per Zuwendung für eine ungesunde Lebensführung
belohnt werden. Wenn sich durch reichlichen Alkoholgenuss oder unvernünftige
Lebensweise das Körpergewicht sehr erhöht und daraus Sekundärschäden
erwachsen, wird aufgrund unserer Sozialgesetzgebung das ebenso gewertet
wie ein Unfallschaden, ein Schaden bei der Geburt oder genetische
Entwicklungen.
Ich denke, das ist ein Umstand, den wir uns unter
den sehr veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen nicht mehr leisten
können. Man muss nur einmal die wirklich dramatische Schuldensituation
unseres Staates betrachten. In der Sozialgesetzgebung wurden einige
Regelungen bereits korrigiert: Patienten, die früher schon mit 60
Jahren bei vollen Rentenbezügen aus dem Beruf ausscheiden konnten,
müssen heutzutage 63 Jahre alt sein. Das ist, denke ich, ein sehr
sensibler Punkt, von dem wir alle in der täglichen Praxis auch wirtschaftlich
profitieren. Ich meine, hier ist eine sehr kritische Analyse nicht
nur durch die Politiker, sondern auch durch uns Ärzte intern angezeigt,
damit die benötigten finanziellen Ressourcen den wirklich Behinderten
und denjenigen, die unser aller Unterstützung und Hilfe bedürfen,
zufließen.
Vielen Dank.
(Vereinzelt
Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Herr Nick. – Der nächste Redner ist Herr Josten aus Nordrhein.
Bitte schön. |