ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
I - 03
Von: Dr. Pickerodt und Dr. Schwarzkopf-Steinhauser
als Delegierte der Ärztekammer Berlin und der Bayerischen
Landesärztekammer
DER DEUTSCHE ÄRZTETAG MÖGE FOLGENDE ENTSCHLIESSUNG FASSEN:
Im Jahre der Einführung des Gesundheits-Modernisierungs-Gesetzes
(GMG) sieht die deutsche Ärzteschaft die Folgen für die
Kranken und Versicherten mit den Elementen der Entsolidarisierung
und finanziellen Belastung als gravierend und änderungsbedürftig
an.
Durch die Ausgrenzung von Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) und die erhöhten Zuzahlungen, von denen die Praxisgebühr
nur einen kleinen aber erheblichen Teil darstellt wird die Basis
eines solidarisch finanzierten Gesundheitssystems aufgegeben und
die paritätische Beitragszahlung weiter ausgehöhlt.
In dieser Situation stehen die Kranken im Zentrum eines Dreiecks
aus Politik, Krankenkassen und Leistungsanbietern, die von allen
Seiten die stärkere finanzielle Belastung der Patienten anstreben.
Die Politik versucht mit untauglichen Mitteln die wirtschaftliche
Situation Deutschlands durch Entlastung der Arbeitgeber und
Belastung der Versicherten zu verändern - der Arbeitsplatzabbau
geht jedoch weiter.
Die Krankenkassen haben in Konkurrenz zueinander ihre Funktion
als Vertreter der Versicherteninteressen verloren und versuchen
ihre desolate Finanzsituation durch Selektion der Versicherten zu
verbessern.
Ärzte beanspruchen die finanziellen Kräfte der Patienten
durch forcierte Angebote außerhalb der GKV-Leistungen: zum
Teil unnötige Leistungen werden den Patienten als IGEL angedient,
um die eigene Finanzkraft zu stärken. Krankenhäuser versuchen
sich im DRG-System durch Upcoding und Patientenselektion gegenüber
der Konkurrenz zu positionieren, wobei erkennbar die allgemeinen
Krankenhäuser an Boden verlieren gegenüber den Krankenhausketten
der Kapitalgesellschaften. Der Staat zieht sich im Krankenhaussektor
aus seiner Verantwortung weitgehend zurück.
Angesichts dieser Bedrohung des solidarischen Gesundheitswesens
fordert der Deutsche Ärztetag die Stärkung der finanziellen
Basis der GKV durch:
1. Versicherungspflicht für alle Bürger
2. Heranziehung aller Einnahmen zur Beitragsberechnung und
3. Deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen.
Auf der Leistungsseite sieht der DÄT die Gefahr, dass die
integrierte Versorgung nicht zu der dringend benötigten Beseitigung
der Probleme der stationären und ambulanten Versorgung, sondern
zur Einrichtung von medizinischen Versorgungszentren durch Kapitalgesellschaften
führt, in denen Ärzte als Angestellte für den Aktienwert
der Gesellschaften und nicht primär für die Patienten
zu arbeiten haben. Diese Entwicklung würde die beklagte „Merkantilisierung“
des Gesundheitswesens vorantreiben, die eine Folge neoliberaler
Bemühungen auch der Ärzteschaft ist.
Der DÄT begrüßt die angedachten Förderungen
des Hausarztsystems und in diesem Zusammenhang die Schaffung
eines gut weitergebildeten Hausarztes in der neuen Weiterbildungsordnung.
Der DÄT fordert, endlich eine Positivliste für Arzneimittel
einzuführen, wobei neue Medikamente strengen Kriterien evidenzbasierter
Medizin genügen müssen, um in eine solche Liste aufgenommen
zu werden.
Der DÄT begrüßt außerdem die im GMG vorgesehene
weitere Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante
Versorgung von speziellen Erkrankungen (Onkologie etc.)
Das solidarische Gesundheitswesen ist eine wesentliche Säule
unserer Gesellschaft und bedarf der Verteidigung auch durch die
Ärzteschaft.
ENTSCHEIDUNG: NICHTBEFASSUNG
|