TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 3. Mai 2005, nur Nachmittagssitzung

Bodendieck, Sachsen:
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Auditorium! Ich will einleitend sagen, dass ich mit Herrn Lindhorst und mit Herrn Windhorst in der sterndeuterischen Analyse der Aussagen von Frau Schmidt nicht ganz übereinstimme. Ich glaube nicht, dass Frau Schmidt erkannt hat, was hier los ist.

(Vereinzelt Beifall)

Ich glaube auch nicht, dass Frau Schmidt Ihre über Jahre hinweg dezidierten Ausführungen, Herr Professor Hoppe, verstanden hat.

Ich glaube nicht, dass sich die Mitglieder der Bundesregierung – nicht nur Frau Schmidt – darüber im Klaren sind, wen sie hier eigentlich beschimpfen. Wir sind Leistungsträger. Den Begriff „Leistungserbringer“ hasse ich genauso wie den Begriff „Dienstleister“. Wir sind ein freier Beruf. Ich habe einen entsprechenden Antrag gestellt, der aber noch nicht umgedruckt ist, weil wir ihn zunächst unter dem Tagesordnungspunkt „Tätigkeitsbericht“ eingeordnet hatten. Er wird aber gleich vorliegen.

Ich will nur darauf hinweisen, dass im Gesundheitswesen dieser Republik immerhin 4,2 Millionen Menschen beschäftigt sind. Das ist ein Riesenbatzen. Das ist zwar ein Anstieg gegenüber 1997, als es noch 4,1 Millionen Menschen waren, aber immerhin haben wir eine Verschiebung von damals 31 Prozent Teilzeitbeschäftigten auf jetzt 37 Prozent Teilzeitbeschäftigte zu verzeichnen. Wie es den Teilzeitbeschäftigten geht, die eventuell in die Arbeitslosigkeit gehen müssen, weil unsere Praxen Pleite gehen, wissen wir alle aus eigener Erfahrung. Diejenigen, die schon länger dabei sind, wissen, dass ich niedergelassener Allgemeinarzt bin. Das bin ich auch gern. Wir wissen aus der eigenen Praxis, wie es denjenigen geht, die auf Hartz IV angewiesen sind.

Ich will die Frage stellen: Wer sind wir eigentlich? Wir verabschieden Entschließungsanträge, wir beschreien die Ethik unseres Berufs, vergessen dabei aber, dass wir auch Menschen sind, die eine besondere Aufgabe in dieser Gesellschaft wahrnehmen. Früher hatten in einem Dorf drei Personen das Sagen: der Pastor, der Lehrer und der Doktor. Pastoren und Lehrer sind fast nivelliert worden. Bei den Pädagogen hat es die Regierung schon längst geschafft, sie weit unterhalb der Gürtellinie zu treffen und in ihrem Ansehen bei der Bevölkerung weit zu nivellieren.

Bei uns Ärzten – wenn ich „Ärzte“ sage, meine ich natürlich immer „Ärztinnen und Ärzte“ – ist dies der Politik noch nicht so ganz gelungen. Beschimpfungen und Skandalisierungen, die auf uns Ärzte niederprasseln, haben ihre Ursache in dem Neid hinsichtlich unserer Position, unserer Gunst, die wir in der Bevölkerung genießen.

Wir sollten uns dessen bewusst sein. Dann haben wir es auch einfacher, den jungen Kolleginnen und Kollegen, die jetzt ihr Studium beenden und in andere Berufszweige abdriften, unseren Beruf schmackhaft zu machen. Es ist ein schöner Beruf, aber dieser schöne Beruf ist von schlechten Bedingungen umgeben. Das ist der Knackpunkt, warum die jungen Leute diesen Beruf nicht ergreifen wollen.

Ich bitte Sie, meinen Antrag, dessen Nummer ich noch nicht kenne, zu unterstützen. Ich danke für Ihr Verständnis.

(Vereinzelt Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Schönen Dank. Es wird der Antrag I-7 sein. Der nächste Redner ist Herr Ikonomidis aus Bayern.

 

© 2005, Bundesärztekammer.