TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 3. Mai 2005, nur Nachmittagssitzung

Dr. Ikonomidis, Bayern:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in einer schlimmeren Situation als derjenigen, die durch die bisherigen Beiträge zu verdeutlichen versucht wurde. Wir haben es hier mit einem Zustand zu tun, der jede Ethik, welcher wir uns als Berufsstand seit Jahrhunderten verschrieben haben, beiseite schiebt. Ich möchte das jetzt erläutern.

Ich habe den Antrag von Herrn Kollegen Munte mit unterschrieben, dass die DMPs vom Risikostrukturausgleich entkoppelt werden. Das ist aber nicht ausreichend. Die ARD hat in ihrer „Monitor“-Sendung am 17. März dieses Jahres enthüllt, dass Tausende und Abertausende nicht anonymisierte Datensätze aus diesen Programmen via Internet zur Aufbereitung nach Vietnam transferiert worden sind. Von dort sind sie auf dem internationalen Markt an kapitalstarke Kreise verkauft worden, die ihren Profit aus der Aufarbeitung ziehen wollen.

Was hat unsere Bundesregierung – sprich: die zuständige Bundesministerin – gemacht? Sie ist ein paar Tage später in den Deutschen Bundestag gegangen und hat den einschlägigen Paragraphen im Sozialgesetzbuch V, nämlich § 137, um einen neuen Abs. 6 ergänzt, mit dem sie die Straffreiheit solcher kriminellen Vorkommnisse praktisch rückwirkend herstellen wollte.

Das heißt mit anderen Worten: Für uns Ärzte hat man hier etwas Schlimmeres als ein Tierexperiment gemacht, womit unsere Ethikkommission ja seit vielen Jahren beschäftigt ist, nämlich ein Tierexperiment von unermesslicher moralischer Größe. Sie hat uns gegenüber unseren Patienten irreparabel exponiert. Das nimmt kein Ende.

Deswegen würde ich weitergehen als der Antrag von Herrn Kollegen Munte. Ich würde sagen: Solange nicht sichergestellt werden kann, dass der Datenschutz laut Datenschutzgesetz gewährleistet ist, sind keine DMPs mehr zu machen.

Danke sehr.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Schönen Dank, Herr Ikonomidis. Als nächster Redner Herr Kollege Thierse aus Berlin.

 

© 2005, Bundesärztekammer.