Dr. Bühren, Vorstand der Bundesärztekammer: Ich
habe quasi den Auftrag, dies inhaltlich noch etwas weiter zu füllen. Wir haben
in der Akademie intensiv besprochen, dass die revolutionären Fortschritte in
der somatischen Medizin, in den Naturwissenschaften und in der Technik dazu
geführt haben, dass dies der Hauptschwerpunkt im letzten Jahrhundert war. Wir
sollten mit derselben Power die wissenschaftlichen Fortschritte in der
Psychiatrie, der Psychosomatik und der Psychotherapie in der ärztlichen Behandlung
umsetzen, und zwar in allen Bereichen: hausärztlich, fachärztlich, in Klinik
und Praxis. Hier haben wir nämlich, wie Herr Professor Eckel eben sagte, ganz
wichtiges ärztliches Terrain verloren.
Menschen erleben sich in ihrer Krankheit ganzheitlich. Einige
wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Erstens. Polytraumatisierte gesunden
besser und schneller, wenn sie an Körper und Seele behandelt werden. Ich
zitiere aus einer Arbeit aus Köln, und zwar von Herrn Professor Pfaff:
Der Patient will den ganzen Arzt, nicht nur den
Techniker. Eine Arbeitsteilung, bei der der Arzt für das Handwerkliche und eine
andere Profession für das Emotionale zuständig ist, funktioniert nicht.
Zweitens. Ärztinnen und Ärzte sind, wie wir ja alle wissen,
auch aus Körper und Seele zusammengesetzt. Auch das zeigt sich in
Untersuchungen. Der NAV hat gerade eine Untersuchung durchgeführt, deren
Ergebnis lautet, dass 40 Prozent der 6 000 befragten hausärztlich und
fachärztlich Tätigen sagen, sie haben Defizite in ihren Kommunikationstechniken
und das fehle ihnen sehr.
Drittens. Auch junge Ärzte und Ärztinnen kehren der Medizin
den Rücken zu, weil sie eher kodiert haben, dass sie sich den Menschen
zugewendet haben, als dass sie sich tatsächlich den Menschen zuwenden konnten.
Letzteres aber täten sie lieber, denn deshalb haben sie dieses Fach studiert.
Tatsache ist: Die Menschen wenden sich inzwischen mit ihren
seelischen Nöten an viele verschiedene Berufsgruppen, auch viele nicht
ärztliche. Die Richtlinienpsychotherapie erbringen inzwischen mehrheitlich
Psychologische Psychotherapeuten. Ich muss hinzufügen: In den KVen und im
Wissenschaftlichen Beirat „Psychotherapie“ wird eine gute gemeinsame sachliche
Arbeit geleistet.
Professor Hoffmann, der frühere Vorsitzende des
Wissenschaftlichen Beirats „Psychotherapie“ fragte in einem Artikel: Der Körper
dem Arzt, die Seele dem Psychologen? Wollen wir das? Wenn wir das nicht wollen,
sondern diese Domänen weiterhin in der Medizin belassen wollen, ist es sehr
wichtig, dass wir uns im nächsten Jahr auf dem Deutschen Ärztetag mit diesem
Thema befassen. Das hat Herr Professor Hoppe ja auch schon angekündigt.
Danke schön.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Frau Bühren. Jetzt bitte Herr Kollege Albers aus Berlin.
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