Haus, Nordrhein: Da bin ich ziemlich sicher. –
Ich möchte ähnlich wie mein Vorredner deutlich machen, wie der Alltag aussieht,
was ihn so frustend macht, was eben nicht Lust, sondern Frust bedeutet. Ich übe
meinen Beruf sehr gern aus – das werde ich auch in Zukunft tun –, aber
zunehmend mit zusammengebissenen Zähnen.
Ich habe mich 1984 in einer Praxisgemeinschaft niedergelassen.
Ich befinde mich auch heute noch in einer Praxisgemeinschaft, wenn auch in
einer anderen. Ich habe damals mit ungefähr der Hälfte an Patienten denselben
Kassenumsatz gehabt wie heute. Im Gegensatz zu meinem Vorredner kann ich sagen:
Bei mir nimmt die Zahl der Patienten nicht ab, sondern es werden eher mehr.
EBM und Budgetierung führen zu Belastungen, die unerträglich
sind, was die Arzneimittelausgaben anlangt. Seit 1991 schwebt ständig über mir
das Damoklesschwert einer zu hohen Medikamentenverordnung. Das liegt an den Besonderheiten
meiner Praxis. Aber die entsprechenden Darlegungen werden nicht akzeptiert. Das
ist allerdings mehr ein körperschaftsinternes Problem. Die Budgetierung ist uns
auferlegt und führt dazu, dass die Patienten zwischen den Hausärzten und den
Fachärzten hin- und hergeschickt werden. Jeder meint, er könne nun für dieses
oder jenes nicht mehr verantwortlich sein.
Ich denke, es hat seine Berechtigung, dass Erkrankungen aus
Fachbereichen auch von den Fachärzten behandelt werden und andere Dinge von den
Hausärzten. Das führt zum Teil zu grotesken Situationen, wenn der Patient am Tag
drei verschiedene Ärzte aufsuchen muss, weil der eine nur das, der andere nur
jenes, der dritte ein weiteres Medikament aufschreibt, obwohl klar ist, dass
der Patient alle drei Medikamente benötigt. Solcher Unsinn existiert leider.
Das entspringt alles der Angst der Kollegen, mit ihren Budgets nicht
auszukommen. So viel zu den finanziellen Aspekten, wobei ich mich hier sehr
beschränkt habe.
Ich habe es ohne Ende satt, die Rolle des Mangelverwalters zu
spielen, den Patienten von morgens bis abends erzählen zu müssen, warum dieses
und jenes nicht geht,
(Beifall)
obwohl ich ihnen andererseits gern empfehlen möchte, dieses
oder jenes zu tun. Ob es sich um Heilmittel, Arzneimittel oder
Behandlungsmethoden handelt: Ich bin diejenige, die an der Front steht und pausenlos
Erklärungen abgeben muss, warum irgendetwas nicht funktioniert.
Ich gelte bei meinen Patienten im Grunde sicherlich als
streng. Ich würde niemals etwas verordnen, von dem ich nicht überzeugt bin. Es
gibt schon so vieles, was heute nicht mehr möglich ist, obwohl es über viele
Jahre praktiziert wurde. Ich muss ja sogar erklären, warum mein Kollege, mein
Nachbar etwas nicht mehr tut. Damit verbringe ich meine Zeit!
Es gibt hinsichtlich der Bürokratie unendlich viele Auflagen.
Ich rede nicht nur von den unzähligen Formularen, die Sie im Foyer aufgereiht
bewundern können. Sie müssen sich einmal vorstellen, dass wir Ärzte für alles
hergenommen werden. Wir müssen für alles ein Attest ausstellen, im Zusammenhang
mit dem Beruf genauso wie hinsichtlich einer Reise. Wir stehen dafür gerade.
(Beifall)
So wichtig sind wir dem Staat immerhin.
Bitte überlegen Sie: Warum geht man von dieser Fiktion „so
viel ambulant wie möglich, so wenig stationär wie nötig“ ab? Was hat man mit
den niedergelassenen Ärzten staatlicherseits in Richtung Steuerung vor? Ich
bitte Sie, darüber nachzudenken.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank. Jetzt bitte Herr Hoppenthaller aus Bayern.
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