TOP II: Arbeitssituation der niedergelassenen Ärzte

1. Tag: Dienstag, 3. Mai 2005, nur Nachmittagssitzung

Dr. Huttel, Hessen:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe einen Antrag vorbereitet, der das Thema aufgreift, das die Kollegin Haus bereits erwähnt hat und das bisher etwas zu sehr am Rande abgetan wurde, obwohl es für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sehr wichtig ist. Gemeint ist der Arzneimittelregress, der durch das Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz (ABAG) vom 31.12.2001 geschaffen wurde. Sie wissen: Bei Überschreitung der Richtlinien muss das in die Honorarverhandlungen eingehen, natürlich nicht im Sinne einer Steigerung, sondern im Sinne einer Senkung. Bei einer Unterschreitung des Budgets, die Ärzte normalerweise gar nicht schaffen können, könnte ein Bonus gewährt werden. Das ist eine Bestimmung, die sich im Widerspruch zur geltenden Gesetzgebung befindet, nämlich im Widerspruch zum Antikorruptionsgesetz.

Es muss festgestellt werden, dass der gesamte Regressparagraph in mehrfacher Weise grundrechtswidrig ist, weil er das Eigentum am Arbeitslohn missachtet und weil er das Recht der Patienten auf Leben und körperliche Unversehrtheit missachtet.

Ich habe das in meinem Antrag formuliert, der Ihnen noch umgedruckt zugeht. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Ich möchte nur noch Folgendes erwähnen: Am 27. April stand ein Allgemeinarzt aus Hessen vor dem Bundessozialgericht. Er hatte noch einen Regress aus der Seehofer-Zeit zu bewältigen. Fast acht Jahre lang hat er sich dagegen gewehrt, einen fünfstelligen Betrag, ein Jahresnettoeinkommen, für die medikamentöse Behandlung seiner Patienten auf den Tisch zu legen. Das Bundessozialgericht gab seiner Kritik an der Beweisführung Recht. Das Urteil wird in einigen Wochen schriftlich vorliegen.

Sie mögen ermessen, was die Regressforderung für den Kollegen bedeutet haben mag. Er hat jahrelang nicht gewusst, was er durch seine Arbeit eigentlich verdient hat. Es ist sehr schwierig, unter einer solchen zusätzlichen Last seine Arbeit erbringen zu müssen.

Ich bitte Sie, diesen Antrag nicht beiseite zu legen, sondern ihm zuzustimmen. Er zeigt auf, warum die Allgemeinarztstellen nicht besetzt werden können, nämlich deshalb, weil die Allgemeinärzte heftig ein höheres Arzneimittelvolumen zu verschreiben haben, als es ihrem gesamten Praxisumsatz entspricht. Wenn sie in Regress genommen werden, können sie kein nennenswertes Einkommen mehr erzielen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Vielen Dank, Herr Huttel.

Meine Damen und Herren, es ist 18 Uhr. Die Rednerliste ist noch so lang, dass wir morgen früh die Beratungen über den Tagesordnungspunkt II fortsetzen sollten. Ich bitte Sie, morgen früh pünktlich um 9 Uhr – nicht c. t., sondern s. t. – hier zu sein, damit wir die Sitzung fortsetzen können.

Ich wünsche Ihnen einen schönen und erholsamen Abend und eine geruhsame Nacht, wie man heutzutage sagt. Ich bitte Sie, morgen früh um 9 Uhr wieder hier zu sein.

2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005, Vormittagssitzung


Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen allen einen guten Morgen. Ich hoffe, dass Sie gestern einen schönen Abend und eine ruhige Nacht mit erholsamem Schlaf hatten.

Wir wollen heute zunächst den Tagesordnungspunkt II gründlich ausdiskutieren, nämlich die Arbeitssituation der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Wir haben gestern das sehr umfangreiche und inhaltsreiche Referat von Dr. Gadomski mit den Vorschlägen zur Verbesserung der Situation gehört. Diese Vorschläge liegen im Antrag II-1 des Vorstands der Bundesärztekammer vor, zu dem noch ergänzende Anträge eingegangen sind. Nachdem wir das zur Kenntnis genommen haben, sind wir jetzt in der Lage, weiterzudiskutieren. Wir sollten uns darauf sehr konzentrieren.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich einen ganz besonderen Gast begrüßen. Ich glaube, es ist das erste Mal in der Geschichte der Deutschen Ärztetage, dass der Präsident der Französischen Ärztekammer, Herr Dr. Michel Ducloux, bei uns ist. Ich begrüße ihn ganz besonders herzlich.

(Beifall)

Wir haben eine neue Tradition begonnen, indem sich die Französische Ärztekammer und die Bundesärztekammer einmal im Jahr gegenseitig einladen, sodass wir uns alle sechs Monate treffen. Das entspricht auf ärztlichem Niveau dem, was Adenauer und de Gaulle 1963 in der großen Politik begonnen haben. Wir sind also 42 Jahre später. Deswegen muss es nicht erfolglos sein. Wir arbeiten daran, dass es immer besser und immer intensiver wird. Wir freuen uns auf den nächsten Besuch in Paris zum dortigen Ärztetag.

Wir fahren mit der Diskussion zu Tagesordnungspunkt II fort. Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Dr. Nick aus Rheinland-Pfalz. Bitte schön, Herr Nick.

 

© 2005, Bundesärztekammer.