TOP II: Arbeitssituation der niedergelassenen Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005 Vormittagssitzung

Dr. Rütz, Nordrhein:
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Redezeitbegrenzung zwingt einen dazu, die Vorstellungen holzschnittartig vorzutragen. Das kann Vor- und Nachteile haben. Ich bitte nur, das mit zu berücksichtigen.

Ich möchte zunächst eine Anregung geben, nämlich eine Präzisierung des Vorstandsantrags II-1 im ersten Spiegelstrich vorzunehmen. Dort heißt es:

Der 108. Deutsche Ärztetag fordert die politisch Verantwortlichen auf, endlich aufzuhören, … den Wettbewerb als Allheilmittel … anzupreisen.

Ich rege an, den Begriff „Wettbewerb“ durch „Preiswettbewerb“ zu ersetzen. Es ist ja genau der Preiswettbewerb, den Herr Müntefering einfordert und betreibt. Es ist nämlich präzise die Einführung von frühkapitalistischen Strukturen ins Gesundheitswesen.

Wenn man sich die Entwicklung ausmalt, sieht das so aus, dass die Beziehung zwischen Ärzten und Krankenkassen sich in Zukunft an der so genannten Lohnfondstheorie orientieren könnte, einer Theorie, die schon Karl Marx als besonders ausbeuterisch gebrandmarkt hat.

Wir brauchen natürlich Wettbewerb im Gesundheitswesen. Wir brauchen marktwirtschaftliche Strukturen, denn die planwirtschaftlichen Strukturen haben sich erwiesenermaßen nicht bewährt. Das haben die Kollegen aus Sachsen gestern sehr eindringlich vorgetragen. Wir brauchen einen Wettbewerb der Ärzte um das Vertrauen der Patienten. Das ist etwas völlig anderes als der Wettbewerb um den niedrigsten Preis.

(Beifall)

Um noch kurz auf die Situation der niedergelassenen Ärzte einzugehen: Wir weisen die Schuld für alle Missstände, unter denen wir zu leiden haben, sehr gern der Politik zu. 95 Prozent unserer Alltagsprobleme – das wissen die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen genau – sind hausgemacht, denn unter jedem Vertrag, der eine „Verbesserung“ unserer Alltagssituation und unserer Arbeitssituation bringen soll, steht die Unterschrift eines Arztes, eines KV-Vorstands. Alles, was wir uns selber auferlegen, ist auch mit ärztlichem Sachverstand abgesegnet.

Es ist nicht zu erwarten, dass sich das dadurch ändert, dass sich die KV eine Konzernstruktur gibt. Das glauben die Kollegen im niedergelassenen Bereich mit Sicherheit nicht.

Wir brauchen nicht die Perfektionierung der Planwirtschaft, sondern was wir wirklich brauchen – das hat mein Vorredner bereits betont –, ist eine Orientierung an marktwirtschaftlichen Strukturen im Gesundheitswesen. Nur so werden wir letzten Endes unserer Misere begegnen können.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Danke schön, Herr Rütz. Wir werden darüber abstimmen. Ich glaube, dass es dafür eine Mehrheit gibt. Natürlich gibt es Preiswettbewerb, Vertragswettbewerb, Qualitätswettbewerb. Hier ist tatsächlich in erster Linie der Preiswettbewerb gemeint.

Jetzt bitte Herr Michaelis aus Thüringen.

 

© 2005, Bundesärztekammer.