TOP II: Arbeitssituation der niedergelassenen Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005 Vormittagssitzung

Prof. Dr. Kossow, Niedersachsen:
Meine Damen und Herren! Es ist mehrfach gesagt worden, man möge Risikostrukturausgleich und Disease-Management-Programme entkoppeln. Bei dem enormen Ausmaß an Bürokratie, das im Moment abzuwickeln ist, ist diese Forderung für mich natürlich sehr verständlich. Ich plädiere aber dafür, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. Sie waren ja Zeuge, als vor einem Jahr die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit Mühe und Not im SGB V eine morbiditätsbezogene Vergütung durchgesetzt hat. Wenn man den Ärzten eine morbiditätsbezogene Vergütung zugesteht, kann man den Krankenkassen eine Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Morbiditätslast nicht verwehren. Man wird also irgendein Rückversicherungs- oder irgendein Risikostrukturausgleichssystem schaffen müssen.

Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, wie dies machbar wäre, ohne die bürokratische Belastung im Praxisalltag hinzunehmen. Erstens sollte man nur das an Daten transportieren, was aus dem elektronischen Krankenblatt des Computers ablesbar ist. Zweitens sollte man dies prinzipiell in anonymisierter Form tun, indem man zwar die Patientenklassen mit dokumentiert, aber nicht die Patientennummer. Drittens sollte man bei der Mehrzahl der Disease-Management-Programme keine morbiditätsbezogene Vorsortierung vornehmen.

Es bedeutet eben dreifache Bürokratie, wenn man Diabetes im diabetologischen Fach, die koronare Herzkrankheit und Hypertonie in diesem Fach, Asthma und COPD im nächsten Fach dokumentiert. Dann hat man zumindest die Stammdaten dreimal zu transportieren. Man hat vor allen Dingen eine Möglichkeit nicht, nämlich die der Risikostratifizierung. Es gibt nämlich eine Evidenz für das Funktionieren der Disease-Management-Programme nur dann, wenn man die Patienten vorsortiert, die sich nicht selber helfen können, nachdem sie geschult sind, und wenn man die anderen, die übrig bleiben, weil sie sich nicht helfen können, nach Krankheitsschweregrad sortiert und die vorhandenen Mittel auf diese besonders schwer Kranken konzentriert.

Solche Disease-Management-Programme funktionieren. Für alles andere haben wir bisher keine Evidenzbasis. Deswegen sollten wir auch nicht im Amt Daubenbüchel mehr als 100 Leute damit beschäftigen, einen solchen nicht evidenzbasierten Verwaltungskram auch noch zu potenzieren.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Danke sehr, Herr Kossow. Jetzt Herr Lichte, ebenfalls aus Niedersachsen.

 

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