Prof. Dr. Kossow, Niedersachsen: Meine Damen und
Herren! Es ist mehrfach gesagt worden, man möge Risikostrukturausgleich und Disease-Management-Programme
entkoppeln. Bei dem enormen Ausmaß an Bürokratie, das im Moment abzuwickeln
ist, ist diese Forderung für mich natürlich sehr verständlich. Ich plädiere
aber dafür, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. Sie waren ja Zeuge, als
vor einem Jahr die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit Mühe und Not im SGB V
eine morbiditätsbezogene Vergütung durchgesetzt hat. Wenn man den Ärzten eine
morbiditätsbezogene Vergütung zugesteht, kann man den Krankenkassen eine
Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Morbiditätslast nicht verwehren. Man
wird also irgendein Rückversicherungs- oder irgendein
Risikostrukturausgleichssystem schaffen müssen.
Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, wie dies machbar
wäre, ohne die bürokratische Belastung im Praxisalltag hinzunehmen. Erstens
sollte man nur das an Daten transportieren, was aus dem elektronischen
Krankenblatt des Computers ablesbar ist. Zweitens sollte man dies prinzipiell
in anonymisierter Form tun, indem man zwar die Patientenklassen mit
dokumentiert, aber nicht die Patientennummer. Drittens sollte man bei der
Mehrzahl der Disease-Management-Programme keine morbiditätsbezogene
Vorsortierung vornehmen.
Es bedeutet eben dreifache Bürokratie, wenn man Diabetes im diabetologischen
Fach, die koronare Herzkrankheit und Hypertonie in diesem Fach, Asthma und COPD
im nächsten Fach dokumentiert. Dann hat man zumindest die Stammdaten dreimal zu
transportieren. Man hat vor allen Dingen eine Möglichkeit nicht, nämlich die
der Risikostratifizierung. Es gibt nämlich eine Evidenz für das Funktionieren
der Disease-Management-Programme nur dann, wenn man die Patienten vorsortiert,
die sich nicht selber helfen können, nachdem sie geschult sind, und wenn man
die anderen, die übrig bleiben, weil sie sich nicht helfen können, nach
Krankheitsschweregrad sortiert und die vorhandenen Mittel auf diese besonders
schwer Kranken konzentriert.
Solche Disease-Management-Programme funktionieren. Für alles
andere haben wir bisher keine Evidenzbasis. Deswegen sollten wir auch nicht im
Amt Daubenbüchel mehr als 100 Leute damit beschäftigen, einen solchen nicht evidenzbasierten
Verwaltungskram auch noch zu potenzieren.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke sehr,
Herr Kossow. Jetzt Herr Lichte, ebenfalls aus Niedersachsen.
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