TOP II: Arbeitssituation der niedergelassenen Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005 Vormittagssitzung

Dr. Baumgärtner, Baden-Württemberg:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte an das anschließen, was Herr Emminger vorgetragen hat. Es ist schön, dass wir jedes Jahr zusammenkommen, dass wir Beschlüsse fassen, dass wir diskutieren. Aber die entscheidenden Dinge gehen an uns vorbei. Das haben Sie bemerkt, als die Ministerin ihre Rede gehalten hat. Die Situation in den Praxen und in den Kliniken wird immer schlechter. Wir machen seit 30 Jahren immer dasselbe und die Situation wird immer schlechter.

(Beifall)

Wir haben keine Konzepte. Ich habe vor ein paar Tagen in der „Welt“ gelesen, dass die Kammern abgeschafft werden sollen. Wir wissen, dass die Politik die Kassenärztlichen Vereinigungen abschaffen möchte. Wir waren bei der Diskussion und der Entstehung des Präventionsgesetzes nicht dabei. Wir sind in der Rürup-Kommission nicht vertreten. Wir sind politisch ein Nichts. Wir sind bei den Diskussionen überhaupt nicht dabei.

Im System geben die Kassen und zum Teil auch die Kapitalgesellschaften den Ton an. In dieser Situation befinden wir Ärzte uns. Wenn wir hier diskutieren, sind wir innerärztlich zerstritten. Es fehlt uns die Betroffenheit hinsichtlich der Probleme der jeweiligen anderen Fachgruppe. Das beste Beispiel waren die Ausführungen von Herrn Kötzle. Er hat gesagt, dass der tolle Barmer-Vertrag überhaupt nicht gegen die Fachärzte gerichtet ist. Dieser Vertrag einigt uns aber nicht. Sie haben als Partner die Apotheker und sonst niemanden. Das ist doch kein Vertrag, der die Ärzte einigt!

(Beifall)

Die Situation im ambulanten Bereich geht alle etwas an, auch die Kliniker. Wir müssen den ambulanten Bereich auch als Zukunftsoption für die klinisch tätigen Kollegen erhalten. Ich will Ihnen einmal schildern, wie die Situation im ambulanten Bereich aussieht, was die Interessenvertretung durch die KV noch bedeutet. Wenn Sie heute ins SGB V hineinschreiben, dass wir in den Praxen ein Bild des geliebten Professors Lauterbach aufhängen müssen und der Vertragsarzt sich jeden Tag, bevor er seine Praxis beginnt, davor verneigen muss, dann müssen Sie das tun und die KVen müssen das auch noch prüfen! Das ist die Situation im SGB V.

(Heiterkeit – Beifall)

Die finanzielle Situation ist folgende: Die Arztminute ist mit 77,9 Cent kalkuliert. Wir erreichen das aber gar nicht. Das sind 46 Euro pro Stunde. Fragen Sie einmal Ihren Elektriker oder sonst einen Handwerker, ob der Meister für 46 Euro zu Ihnen kommt. Wir erreichen die 77,9 Cent überhaupt nicht, weil wir den Abschlag von 30 Prozent an die Krankenkassen haben. Dagegen tun wir nichts!

Herr Präsident, Ihre Rede hat mir – wie immer – sehr gut gefallen. Wir sollten einmal einen Ärztetag durchführen, auf dem wir das grundsätzliche strukturelle Problem diskutieren. Wir müssen über unsere Uneinigkeit diskutieren und festlegen, was wir wollen. Wir müssen definieren, wie wir uns die zukünftige Versorgung der Patienten vorstellen, wie wir politikfähig werden und wie wir als niedergelassene Ärzte und als Klinikärzte Marktmacht erreichen können. Das sollten wir tun. So lautet mein Vorschlag.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Vielen Dank, Herr Baumgärtner. Jetzt Herr Kollege Mayer aus Bayern.

 

© 2005, Bundesärztekammer.