TOP III: Förderung der Versorgungsforschung durch die Bundesärztekammer

2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005 Vormittagssitzung

Dr. Windau, Referent:
Copyright el-zorro.de, 2005. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich habe Gymnastik sicherlich nötig, aber im Moment hat das Referat über die Gymnastik gesiegt. Ich hoffe, dass Sie noch nicht allzu hypoglykämisch sind; aber Ihre Reaktion hat mir ja gezeigt, dass Sie dieses Thema jetzt noch behandeln möchten. Ich werde mich bemühen, in der gebotenen Kürze, aber auch mit der erforderlichen Exaktheit die Dinge darzustellen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Aus berufspolitischer Sicht ist die Versorgungsforschung eines der wichtigsten, leider bisher grob vernachlässigten Instrumente zur zielgesteuerten Ausgestaltung des Gesundheitswesen in Deutschland, aber auch in Europa. Neben der gut entwickelten Grundlagen- und klinischen Forschung in Deutschland fristet die wissenschaftliche Untersuchung der ärztlichen Versorgung unter Alltagsbedingungen zu Unrecht ein „Schattendasein“.

Vor welchem Hintergrund treffe ich diese Aussage? Die Gesundheitspolitik unterwirft das Gesundheitswesen fortwährend grundlegenden strukturellen Änderungen. Die wesentlichen Akteure im Mittelpunkt des Gesundheitswesens, nämlich wir Ärztinnen und Ärzte, werden zu den geplanten Änderungen immer weniger gefragt und „par ordre du mufti“ mit den Konsequenzen konfrontiert. Unser Rat kommt häufig nicht nur nicht mehr an, sondern er wird offensichtlich von politischer Seite nicht immer als zeitgemäß empfunden oder sogar wegen angeblichem Lobbyismus abgelehnt.

Stattdessen sind zunehmend nicht ärztliche Institutionen oder Personen als Politikberater gefragt, die oft sehr sach- und fachfremd, vordergründig ökonomisch intendiert, rein ärztlich-medizinische Strukturen und Prozesse ungeprüft denaturieren. Als Beispiel nenne ich die Disease-Management-Programme.

Doch nicht nur das: Die Politik bedient sich des Instruments der Schuldzuweisung an die Leistungserbringer, insbesondere die Ärzteschaft, indem sie uns anhand pseudowissenschaftlicher Daten Fehlversorgung und mangelndes Qualitätsbewusstsein vorwirft. Bei einer soliden Aufarbeitung der entsprechenden Materie zeigt sich jedoch meist ein anderes Bild.

Beispielhaft hierzu sei die folgende Äußerung genannt:

Jede zweite ambulante Röntgenuntersuchung ist technisch nicht in Ordnung. Rund ein Drittel der bildgebenden Diagnostik ist überflüssig.

Bei solider wissenschaftlicher Betrachtung muss die Verallgemeinerung der Studienergebnisse aufgrund der Auswahl der beteiligten Hausärzte, Patienten und radiologisch tätigen Ärzte hinterfragt werden.

Ich bin Professor Selbmann für die fundierten Entgegnungen auf diese Studie sehr dankbar. Sein Gutachten zeigte, dass für die nachträgliche Bewertung der Notwendigkeit der Durchführung bildgebender Verfahren vorher keine Kriterien definiert wurden. Dies führte zum Teil zu erheblichen Differenzen in der Beurteilung durch die Gutachter und zeigt deshalb kein objektives Bild der Versorgungssituation auf.

Der Pauschalvorwurf konnte somit bei solider wissenschaftlicher Betrachtung widerlegt werden. Die Studienergebnisse und die daraus gezogenen gesundheitspolitischen Schlussfolgerungen passten nicht zusammen.

Das zeigt auch das zweite Beispiel. In einem Ranking der WHO 2000 – der Herr Präsident ist in seiner gestrigen Eröffnungsrede darauf eingegangen – wurde Deutschlands Gesundheitswesen auf Platz 25 hinter Malta, Portugal, Griechenland, Oman und Kolumbien eingestuft. Bei sicher aller berechtigten Kritik an uns: Ich denke, das glaubt hier in diesem Saal und auch draußen niemand. Durch eine fundierte wissenschaftliche Aufarbeitung des Gutachtens durch Professor Fritz Beske konnte dieses Ranking exakt, auf festen Daten basierend, widerlegt werden.

Welche Folgen hat diese Situation für Ärzte und Patienten?

Eine Steuerung des Gesundheitswesens ohne ausreichende Einbeziehung von ärztlichem Sachverstand führt zu inadäquaten Lösungen. Dies hat negative Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit und die Leistungsfähigkeit von Ärzten. Die mangelnde Attraktivität des Arztberufes und die Auswirkung auf die flächendeckende Versorgung sind bekannt. Vieles ist davon gestern und heute bereits angesprochen worden. Auf den Einfluss der Überbürokratisierung auf die ärztliche Arbeitssituation werde ich auf diesem Ärztetag in meinem Referat zu Tagesordnungspunkt VIII zu sprechen kommen.

Bei der Ausgestaltung des Gesundheitswesens fällt uns Ärzten natürlicherweise eine besondere Verantwortung für unsere Patienten zu. Die Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre führten zu einer Absenkung des Standards der medizinischen Versorgung. Wir Ärztinnen und Ärzte können zwar demokratisch nicht legitimiert sein, über die entsprechenden gesetzlichen Grundsatzfragen zu entscheiden, jedoch ist es unsere Pflicht gegenüber unseren Patienten, die tatsächliche Situation transparent darzustellen. In der aktuellen Phase des Umbruchs ist es besonders wichtig, die Positionen der Ärzteschaft zum Ausdruck zu bringen.

Nur bei einer hinreichenden Berücksichtigung der Erfahrungen der Ärzteschaft ist ein sinnvoller Umbau der Versorgungssysteme auf hohem qualitativen Niveau zu realisieren. Es erweist sich als nicht praktikabel, das Gesundheitssystem an der Arzt-Patient-Beziehung vorbeizuplanen und die Erfahrungen von uns Ärztinnen und Ärzten nicht zu berücksichtigen. Die vordergründig ökonomische, ja ökonomistische Betrachtungsweise, die nur von finanziellen Anreizen ausgeht, läuft dem ärztlichen Berufsethos zuwider.

Wir können es uns für unser Land und unsere Patienten nicht leisten, die anstehenden Entscheidungen ohne Daten aus Pilot- oder Modellversuchen quasi im Blindflug zu treffen. Wir wollen doch Daten „lauter“ erschaffen und nicht, dass die Seriosität weiter den „Bach“ heruntergeht.

Vor maßgeblichen Steuerungseingriffen muss die Realität der Versorgung mit soliden wissenschaftlichen Methoden analysiert werden. Versorgungsforschung ist für die Ärzteschaft von grundsätzlicher strategischer Bedeutung, um Steuerungsprozesse solide vorzubereiten und vom passiven Reagieren zum aktiven Agieren hin zur Meinungsführerschaft zu gelangen. Das ist hier in diesem Saal immer wieder gefordert worden.

Ich hoffe, dass die Zeit von einzelnen interessengeleiteten Politikberatern vorbei ist und zukünftig nicht nur Meinungen und Schätzungen, sondern harte Daten die Umgestaltung des Gesundheitssystems steuern. Diese Messlatte muss natürlich auch an die GMG-Strategen, den Gemeinsamen Bundesausschuss, das IQWiG und die InEK-Institutionen angelegt werden.

Auf dem diesjährigen Ärztetag geht es darum, dass die Ärzteschaft an dieser Entwicklung partizipiert und die sich bietende Chance nutzt, dass zukünftig der Blickwinkel der Ärzteschaft wieder mehr Einfluss in der Gesundheitspolitik gewinnt. Wir müssen die Rolle von fachlich kompetenten, gefragten Politikberatern übernehmen; dieses Feld können wir nicht einfach anderen überlassen. Dies muss auf der Basis solider und wissenschaftlich begründeter Aussagen erfolgen.

Der Deutsche Ärztetag hat die Bedeutung der Versorgungsforschung frühzeitig erkannt. Auf dem außerordentlichen Deutschen Ärztetag 2003 und auf dem Deutschen Ärztetag 2004 wurden entsprechende Anträge verabschiedet. Ich zitiere, zunächst außerordentlicher Deutscher Ärztetag 2003:

Das deutsche Gesundheitswesen wird z. Z. mit den Negativ-Attributen „Über-, Unter- und Fehlversorgung“ schlecht­geredet. Die Begründungen dafür bleiben vage und halten einer wissenschaftlichen Prüfung nicht stand. Zwingend geboten ist eine Beschreibung der Versorgungsstandards im deutschen Gesundheitswesen, die auch den internationalen Vergleich mit einschließt. Die Ärzteschaft ist bereit, sich am Aufbau einer Versorgungsforschung zu beteiligen.

Der Beschluss des Deutschen Ärztetages 2004 geht in dieselbe Richtung und konkretisiert:

Besonders wenn Ressourcen knapp sind, braucht Gesundheitspolitik eine solide wissenschaftliche Grundlage. Der DÄT bekräftigt den Willen der Ärzteschaft, sich am Aufbau einer wissenschaftlichen Versorgungsforschung in Deutschland zu beteiligen.

Durch die Aktivitäten des Wissenschaftlichen Beirats prägt die Bundesärztekammer zurzeit die Entwicklungen auf dem Gebiet der Versorgungsforschungen in prominenter Weise mit. Das Definitionspapier des Arbeitskreises „Definition und Abgrenzung der Versorgungsforschung“ wird in Wissenschaftskreisen häufig zitiert und diskutiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen uns nicht mit dem verstecken, was ärztliche Kolleginnen und Kollegen in der täglichen Praxis leisten. Wir stellen uns selbstbewusst der gesundheitspolitischen Diskussion über Verbesserungspotenziale innerhalb unseres – durch Selbstverwaltung geprägten – Gesundheitssystems, fordern jedoch, dass auf wissenschaftlich solider Datenbasis argumentiert wird.

Eine Grundlage zu einer entsprechenden Diskussion kann mittels der Versorgungsforschung gelegt werden. Es stellt sich für die verfasste Ärzteschaft die Frage, ob sie an dieser Entwicklung partizipieren oder sie lediglich passiv an sich vorbeiziehen lassen will. Lassen Sie uns diese Chance ergreifen! Es ist für die Ärzteschaft wichtig, das Feld der Versorgungsforschung zu besetzen, zumal wir dabei nur etwas zu gewinnen haben.

Beispielsweise wird es für die Diskussion der Ärzteschaft mit den Selbstverwaltungspartnern und dem BMGS von erheblicher Relevanz sein, mögliche entstehende Fehlentwicklungen und den resultierenden Adaptationsbedarf im Fallpauschalensystem zeitnah auf der Basis eigener, valider Daten darlegen bzw. auch bei Bedarf wiederlegen zu können.

So werden zum Beispiel die durch die Fallpauschalierung zu erwartende Verkürzung der stationären Verweildauer und der erhebliche ökonomische Druck, der auf den Krankenhäusern lastet, zu Veränderungen des Umfangs der diagnostischen und therapeutischen Leistungen im Krankenhaus führen – mit entsprechenden Effekten der Verlagerung in die ambulante Praxis.

Eine fundierte Versorgungsforschung könnte mögliche Fehlentwicklungen und Lösungsansätze zu deren Beseitigung frühzeitig anhand belastbarer Daten nachweisen bzw. aufzeigen. So könnten zum Beispiel die durch das DRG-System bedingten Anreize und Zwänge im Hinblick auf das Fallmanagement und die Behandlungsführung erkannt und aus ärztlicher Sicht bewertet werden. Heimliche Rationierung, die wir immer wieder beklagen, kann aufgedeckt werden, kann quantifiziert werden.

Die Bündelung unabhängigen wissenschaftlichen Sachverstands in einem Netzwerk wird dazu beitragen, die Kompetenz und das Wissen der in Praxis und Wissenschaft tätigen Ärzteschaft öffentlich wahrnehmbar zur Geltung zu bringen. Die Ärzteschaft wird in die Lage versetzt, sich qualifiziert auf der Basis belastbarer Daten bzw. qualifizierter Untersuchungen zu den gesundheitspolitischen Themen zu äußern und konkrete Lösungen aufzuzeigen.

Die Versorgungsforschung untersucht nach ihrem Selbstverständnis die Versorgungsrealität unter Alltagsbedingungen. Damit steht die allgemeinmedizinische und auch die hausärztliche Perspektive ebenso im Brennpunkt wie die fachärztliche Versorgung in all ihren Facetten.

Ein Mehrwert der Versorgungsforschung liegt dabei natürlicherweise auch in der bereichsübergreifenden Erforschung von Versorgungszusammenhängen, also zum Beispiel im hausärztlichen und fachärztlichen Zusammenwirken.

Das politische Alltagsgeschehen besteht jedoch nicht nur aus langfristigen Entscheidungen. Die Ärzteschaft muss auch auf kurzfristig vorgebrachte Angriffe reagieren können. Das Rahmenkonzept – es liegt Ihnen allen vor, meine Damen und Herren – ist so angelegt, dass die Ärzteschaft auch kurzfristig reagieren kann.

Über kleine Einzelprojekte, Kurzgutachten oder Expertisen können aktuell aufkommende berufspolitisch wichtige Fragestellungen aufgegriffen werden. Das Gutachten von Professor Geraedts aus Düsseldorf „Evidenz zur Ableitung von Mindestmengen in der Medizin“ für den Deutschen Ärztetag 2004 hat dieses Instrument der politischen Mitgestaltung sehr positiv als etwas Realisierbares und Wirksames vor Augen geführt. Diesen Weg muss die Ärzteschaft konsequent weitergehen.

Das entsprechende Engagement der Bundesärztekammer ist nicht alltäglich. Ich möchte nicht verhehlen, dass entsprechende vergleichende Erfahrungen aus anderen Ländern Europas fehlen oder nur marginal vorhanden sind, jedenfalls soweit mir bekannt. Ich verstehe auch die Sorgen der Finanzgremien einzelner Landesärztekammern. Doch lassen Sie uns diese Chance nicht entgehen; das Engagement in Versorgungsforschung ist eine gute Investition in die Zukunft von Ärzteschaft und Patienten.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist absehbar, dass die Bedeutung wissenschaftlicher Versorgungsforschung weiter steigen wird, das Thema ist hochaktuell bei allen Akteuren im Gesundheitswesen. Ich bin sicher, dass sich der Schulterschluss mit der AWMF, wie er bei der Erarbeitung des Rahmenkonzepts so positiv gelungen ist, für uns alle auch weiterhin auszahlen wird.

Ich weiche jetzt von meinem Redemanuskript ab. Ich habe im Kontext der Diskussion dieser Thematik im Vorfeld und am Rande dieses Ärztetages teilweise den Einwand gespürt – mal unterschwellig, mal klarer –, dass das Ihnen vorliegende Konzept basisfern oder einseitig universitätslastig sei. Ich möchte deshalb hier ganz klar feststellen: Versorgungsforschung muss und wird natürlich auch unter klarer Einbeziehung der Versorger erfolgen. Alles andere macht keinen Sinn. Es besteht kein Zweifel daran, dass vorhandene Daten, beispielsweise die des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung, in konkreten Konzepten genutzt werden können und genutzt werden sollen. Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer gegen Datenfriedhöfe ausgesprochen. Ich würde Ihnen dieses Konzept hier nicht vorstellen, wenn ich nicht der festen
Überzeugung wäre, dass es hier darum geht, vorhandene Daten zu nutzen und nicht Datenfriedhöfe zu schaffen. Mit den vorliegenden validen Daten sollte endlich etwas gemacht werden.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung begrüßt das Rahmenkonzept der Bundesärztekammer in der vorliegenden Form ausdrücklich. Ich habe Herrn Dr. Köhler vorgestern am Rande der Vertreterversammlung gefragt und er hat klar zum Ausdruck gebracht: So, wie es Ihnen hier vorliegt, findet das Konzept die Zustimmung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Es ist völlig natürlich – vielleicht ist es in einigen Passagen des Konzepts so nicht erkennbar, weil es sich um eine Selbstverständlichkeit handelt –, dass es im Zuge der Umsetzung dieses Konzepts zu entsprechenden Gesprächen über mögliche Beteiligungen an einzelnen Projekten, die insbesondere die Vertragsärzteschaft berühren, kommen soll und kommen muss.

Ich bitte Sie daher, später dem vorliegenden Leitantrag zuzustimmen.

Dieses Engagement, meine Damen und Herren, stellt eine realistische Grundlage zur Fundierung wichtiger zukünftiger Positionsbestimmungen der Ärzteschaft dar. Es ist also eine strategische und nicht nur eine taktische Ausrüstung und Ausrichtung. Wir müssen in die Lage versetzt werden, unter veränderten Rahmenbedingungen konkrete Lösungen für eine gute Patientenversorgung und somit auch für eine adäquate ärztliche Berufsausübung aufzuzeigen.

Ich danke Herrn Professor Scriba und dem Vorstand des Wissenschaftlichen Beirats für die bisherige Arbeit und die Bereitschaft, künftig auch Verantwortung dafür zu übernehmen, dass das vorgelegte Rahmenkonzept mit Leben erfüllt wird.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz kurz zusammenfassen, damit das Wesentliche noch einmal deutlich wird. Versorgungsforschung soll aus unserer Sicht unter besonderer Berücksichtigung der Position des Patienten und der Ärzte erfolgen. Es geht darum, verlorene Definitionshoheit wiederzugewinnen und Definitionshoheit zu erhalten. Wir wollen keine akademische Versorgungsforschung im Elfenbeinturm; wir wollen eine Versorgungsforschung unter den Alltagsbedingungen, die den Hauptbereich, in dem Versorgung stattfindet, beinhaltet. Hier ist der ambulante Bereich ganz klar mit einzubeziehen.

Das Ihnen vorliegende Konzept ist gut, zweifelsfrei kritikwürdig, ergänzungsbedürftig. Es handelt sich bei dem, was Ihnen vorliegt, um ein Konzept. Es ist nicht abschließend. Ich bitte Sie, dieses Konzept kritisch-konstruktiv zu begleiten.

Meine Damen und Herren, wir sollten einen Schritt in die Zukunft wagen. Keiner hier im Saal, der ehrlich argumentiert, wird sagen können, ob alles, was wir uns von dem, was wir vorschlagen, versprechen, erreicht werden kann. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir unsere Ziele nur mit einer basisnahen Versorgungsforschung, die ärztlich intendiert ist, die die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt stellt, werden erreichen können.

Deshalb bitte ich Sie, unter Zurückstellung aller möglichen Bedenken – siehe Finanzierung, siehe Ausgestaltung des Konzepts – dem Grundgedanken dieses Konzepts zuzustimmen.

Ich darf mich in diesem Zusammenhang auch bei den Mitarbeitern des Dezernats VI der Bundesärztekammer für die gute Vorbereitung danken. Da ich mich nicht mit fremden Federn schmücken möchte, darf ich mitteilen: Die geistige Intention, die Vorarbeit ist von Herrn Professor Schulze geleistet worden. Ich stehe als niedergelassener Arzt und nicht als Akademiker voll hinter diesem Konzept und bitte um Ihre Unterstützung.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Vielen Dank, Herr Windau, für Ihre berufspolitische Argumentation zur Förderung der Versorgungsforschung, die, glaube ich, eine ganz wichtige ist und die uns primär angetrieben und dazu geführt hat, dass wir mit Experten auf diesem Gebiet weiter diskutieren und uns weiter informieren wollen, um das Werk so gut wie möglich in Szene zu setzen. Ich finde es wichtig, dass Herr Windau darauf hingewiesen hat, dass wir bereits 2003 und 2004 ein solches Projekt auf dem Deutschen Ärztetag durch Beschlüsse für wichtig erachtet haben.

Bevor die Mittagspause beginnt und wir die restlichen drei Referate nach der Mittagspause hören, bitte ich Sie, sich noch einmal zu vergegenwärtigen, dass wir dieses Thema mit Absicht in zwei Teile geteilt haben: zum einen die Grundsatzfrage – Versorgungsforschung durch die Ärzteschaft selber initiiert und unter Beteiligung der Ärzteschaft selber auf den Weg gebracht und gefördert –, zum anderen die Finanzierung des Projekts. Der letzte Satz des Vorstandsantrags III-1 stellt fest, nachdem vorher darauf hingewiesen ist, dass das Ganze aus der Sicht des Vorstands der Bundesärztekammer wichtig ist, dass alles unter einem Finanzierungsvorbehalt steht. Über die Finanzierung diskutieren wir unter dem Tagesordnungspunkt „Finanzen“.

Wir können ja sagen: Das Ganze ist wichtig, aber leider können wir es nicht bezahlen. Dann käme der letzte Satz dieses Antrags zum Tragen, in dem wir sagen, dass wir es wichtig finden, dass wir es im Moment aber leider nicht bezahlen können, weil der Haushalt es nicht hergibt. Es ist eine eigenständige Diskussion, ob es wirklich so ist, dass der Haushalt es nicht hergibt. Wir meinen: Er gibt es her.

Deshalb behandeln wir das Grundproblem unter Tagesordnungspunkt III und davon getrennt die Finanzierung unter dem Tagesordnungspunkt „Finanzen“. Wir wollen nicht, dass die Finanzaspekte wichtige Erkenntnisse kaputtmachen, wie es leider oft der Fall ist. So darf es hier nicht sein.

(Beifall)

Ich darf Ihnen jetzt noch die weitere Referentin und die zwei weiteren Referenten vorstellen: Frau Professor Dr. Bärbel-Maria Kurth aus Berlin, Leiterin der Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung am Robert-Koch-Institut in Berlin. Sie hat die Federführung in der Unterarbeitsgruppe „Datenquellen“ des Arbeitskreises übernommen und wird uns über Datenquellen berichten. Ich begrüße sehr herzlich Frau Professor Kurth.

(Beifall)

Neben mir sitzt Herr Professor Dr. Friedrich Wilhelm Schwartz aus Hannover, Direktor der Abteilung für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover. Er ist Vorsitzender dieses Arbeitskreises des Wissenschaftlichen Beirats, der sich mit dem Thema Versorgungsforschung beschäftigt. Er hat diesen Tagesordnungspunkt aus der Sicht des Wissenschaftlichen Beirats vorbereitet und wird uns die Vorstellung der Themenfelder präsentieren. Herzlich willkommen, Herr Schwartz!

(Beifall)

Last, not least der Vorsitzende unseres Wissenschaftlichen Beirats, Professor Dr. Peter Scriba aus München. Er wird zum Thema „Wissenschaftspolitische Argumente zur Versorgungsforschung“ referieren. Herzlich willkommen, Herr Scriba! Wir freuen uns, dass Sie hier sind.

(Beifall)

Wir gehen jetzt mit ruhigem Gewissen und gutem Gefühl in die Mittagspause, weil wir wissen, dass uns nach der Mittagspause ein Highlight erwartet. Um 14 Uhr wird es beginnen.

2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005, Nachmittagssitzung


Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung wieder. Ich hoffe, dass Sie sich etwas erholt und Ihren Glukosespiegel etwas erhöht haben. Ich freue mich, dass auf Ihren Plätzen die Ausgabe Nr. 18 des „Deutschen Ärzteblattes“ liegt. In dieser Ausgabe wird schon die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und auch unsere gestrige Eröffnungsveranstaltung behandelt. Das ist eine sehr interessante Ausgabe. Ich glaube, wir sollten dem Deutschen Ärzte-Verlag, der Redaktion des „Deutschen Ärzteblattes“ und dem Chefredakteur, Herrn Heinz Stüwe, herzlich dafür danken, dass das so schnell möglich war und wir das Heft schon mit nach Hause nehmen können.

(Beifall)

Hier vorne sehen Sie Herrn Stüwe, den neuen Chefredakteur, den Nachfolger von Herrn Jachertz. Herr Stüwe war früher Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Meine Damen und Herren, wir fahren mit den einleitenden Referaten zu Tagesordnungspunkt III – Förderung der Versorgungsforschung durch die Bundesärztekammer – fort. Als nächster Referent wird uns Herr Professor Scriba als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats die inhaltlichen Schwerpunkte und die wissenschaftspolitischen Argumente zur Förderung der Versorgungsforschung darlegen. Ich freue mich auf sein Referat. Bitte schön, Herr Scriba.

 

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