TOP III: Förderung der Versorgungsforschung durch die Bundesärztekammer

2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Scriba, Referent:
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Ich bleibe hier, obwohl ich meinen Rückflug für heute gebucht habe, weil es ursprünglich so verabredet war. Aber ich habe einfach keine Lust, mir von meinem Münchener Kollegen Lob irgendetwas nachsagen zu lassen, was man auch anders kommentieren könnte.

Ich will nicht auf alle Punkte, die hier angesprochen wurden, eingehen, sondern möchte nur zwei Missverständnisse ausräumen. Es gab Äußerungen in der Richtung, hier handele es sich um ein zu großes Vorhaben. In der Tat ist die Absicht, mit dieser Forschung eine Kristallisation herbeizuführen. Das, was schon vorhanden ist – Frau Kurth konnte das nur andeuten –, und das, was von anderen noch beabsichtigt wird, soll zu einem Netzwerk zusammengebunden werden, um dann auf der Basis guter Beziehungen zu den befreundeten oder gut bekannten anderen unabhängigen Forschern eine enorme Vermehrung des Informationsgewinns herbeizuführen. Das ist der Sinn eines Netzwerks. Das funktioniert ganz gut. Auf diesem Sektor gibt es gute Erfahrungen. Da müsste ich Sie um Vertrauen bitten.

Glauben Sie uns: Wir wissen, dass das ein Riesengebiet ist, das die Ärztekammer unmöglich allein bearbeiten kann. Wir glauben, dass wir ein guter Faktor in einem solchen Netzwerk werden können und dass dies ganz nützlich werden könnte.

Ich glaube, hinsichtlich der Vorläufigkeit dessen, was wir Rahmenkonzept nennen, ist etwas nicht klar geworden. Wir haben hier kein fertiges Produkt vorgetragen. Sie können keine Ergebnisse unserer Arbeit beurteilen, denn so weit sind wir noch nicht. Wir haben uns aufgrund guter Beziehungen zu einer Reihe von Versorgungsforschern zusammengesetzt und ein Konzept entwickelt. Damit ist überhaupt nicht präjudiziert, wie die Gruppe, die nachher die Anträge beurteilt, zusammengesetzt ist. Wenn Sie uns Vorschläge machen, wer vernünftigerweise an der Beurteilung der Anträge beteiligt sein sollte, nehmen wir das gern entgegen. Wir reden hier über ein Konzept, nicht über ein fertiges Produkt. Das muss deutlich gesagt werden. Wir sind für eine angemessene, vernünftige Beteiligung derer, die aus der Praxis kommen, offen.

Im Übrigen schmerzt es mich persönlich schon, wenn ich nicht als Kliniker bezeichnet werde. Ich habe alles in allem 40 Jahre in der Klinik gearbeitet und kenne mich, glaube ich, in der Medizin immer noch ganz gut aus.

Ich stehe zur Verfügung, auch morgen Fragen zu beantworten. Es liegt mir fern, Ihr Abstimmungsverhalten in irgendeiner Weise beeinflussen zu wollen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Nicht das Abstimmungsverhalten, aber die mentale Ausrichtung, die dem vorausgeht. Schönen Dank, Herr Scriba. Ich empfehle Ihnen, das „Rahmenkonzept zur Förderung der Versorgungsforschung durch die Bundesärztekammer“ des Arbeitskreises „Versorgungsforschung“ beim Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer vom 17. Dezember 2004 durchzulesen. Im Kapitel „Ausschreibungen“ auf Seite 16 ist ziemlich genau ausgeführt, wie man sich das vorstellt. Ich hatte den Eindruck, dass mancher Wortbeitrag dieses Konzept nicht mehr so ganz präsent hatte. Das schimmerte irgendwie durch.

Wir müssen den Tagesordnungspunkt III nunmehr unterbrechen. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Frau Professor Kurth für ihre Ausführungen und ihre Stellungnahme. Wir freuen uns, dass Sie heute bei uns waren und dass wir diese Informationen bekommen konnten. Es ist ein gutes Gefühl, wenn wir wissen, dass wir, wenn Sie über Daten verfügen, diese auch bekommen können. Herzlichen Dank, dass Sie hier waren.

(Beifall)

3. Tag: Donnerstag, 5. Mai 2005, Vormittagssitzung


Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie sehr herzlich. Ich hoffe, dass Sie gestern einen schönen Abend und eine gute Nacht hatten, dass Sie sich gut erholt haben, damit wir jetzt weiter über das Thema Versorgungsforschung beraten können.

Ich ergänze dabei, dass es darum geht, eine staatsunabhängige Versorgungsforschung zu betreiben. Das möchte ich verdeutlichen. Mir ist durch einige Einzelgespräche, die gestern noch stattgefunden haben, klar geworden, dass die Auffassung besteht, dass Versorgungsforschung allein eine staatliche Aufgabe sei und dass sich auch der Staat daran beteiligen müsste, wenn wir es betreiben. Das geht auch aus einzelnen Anträgen so hervor. Das werden der Staat bzw. die vom Staat dafür eingesetzten und beauftragten Institutionen von allein tun; das müssen sie sogar. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat ja die Aufgabe, sowohl die Leitlinien und die Disease-Management-Programme zu kreieren, also zu erzeugen – natürlich in entsprechenden Abstimmungsprozessen –, als auch Patienteninformation zu betreiben und natürlich Evaluationen – das entspricht ungefähr der Versorgungsforschung – vorzunehmen. Das, was vom Institut und dem Gemeinsamen Bundesausschuss in das System der gesetzlichen Krankenversicherung eingebracht wird, ist auf die Effekte hin zu überprüfen, also daraufhin, was dadurch im Versorgungsgeschehen passiert.

Ich glaube, es ist wichtig, dass diese Institutionen durch staatsunabhängige, also nicht in diesem System etablierte Institutionen begleitet werden, damit die ärztliche Sicht und die Sicht derjenigen, die ansonsten mit der Patientenversorgung zu tun haben, berücksichtigt werden. Wir wollen Versorgungsforschung betreiben, um unsere eigene Arbeit zu evaluieren und dies nicht von anderen tun zu lassen. Gestern wurde es so ausgedrückt: pro domo. Ich würde es etwas anders ausdrücken: dass wir das, was wir tun, in der Versorgungsforschung selber reflektieren und dies mit dem konkurrieren lassen, was die staatsabhängigen Institutionen an Versorgungsforschung betreiben. Das ist der entscheidende Punkt. Das ist einer der Beweggründe – vielleicht einer der wichtigsten –, dass wir uns dieses Themas angenommen haben und es so wichtig finden, dass wir den Deutschen Ärztetag bitten, dieser Idee zuzustimmen, wie auch immer das weiter ausgeformt wird.

Ich hoffe, dass Sie Gelegenheit hatten, falls Sie es nicht schon längst verinnerlicht hatten, das Papier vom 16. Dezember des Jahres 2004 anzuschauen, um sich davon zu überzeugen, dass die Überlegungen schon ausdifferenziert vorhanden sind, sodass die Umsetzungsphase mit konkreten Projekten in der Form beginnen kann, wie es etwa auf Seite 16 in dem Schema dargestellt ist, um konkrete Projekte auf den Weg zu bringen.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns darüber klar werden, dass wir als verfasste Ärzteschaft mit anderen zusammen, die natürlich entsprechend bezahlen werden – das müssen wir nicht alles selber bezahlen –, eine staatsunabhängige Versorgungsforschung implementieren, mit der wir das Versorgungsgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland in der Zukunft beobachten wollen, damit wir wissen, was medizinisch möglich ist, was in der Versorgung tatsächlich passiert und wie groß möglicherweise der Unterschied zwischen dem, was möglich ist, und dem, was tatsächlich passiert, ist.

Jetzt habe ich versucht, eine Einleitung in dieses Thema zu finden. Als Referenten stehen uns noch Herr Windau und Herr Professor Scriba zur Verfügung. Ich danke Herrn Professor Scriba sehr, sehr herzlich dafür, dass er sich bereit erklärt hat, auch heute hier zu sein, obwohl die Planung anders war. Er ist in Berlin geblieben und ist nicht in das schöne Bayern zurückgekehrt. Dafür bedanken wir uns sehr.

(Beifall)

Die erste Wortmeldung kommt von der Vizepräsidentin der Landesärztekammer Brandenburg, Frau Kollegin Köhler.

 

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