Dr. Urban, Berlin: Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich bin seit etwas mehr als 20 Jahren als Psychiater in
Berlin-Moabit niedergelassen. Ich kenne die Problematik seit vielen Jahren. Ich
bin froh, dass sie in diesem Ausmaß und mit diesem Gewicht auf dem Deutschen
Ärztetag diskutiert wird. Ich finde, der gesamte Vorspann ist richtig, wichtig
und gut. Vielleicht ist der Auftakt ein bisschen unglücklich, wenn dort steht,
der Deutsche Ärztetag möge beschließen: Armut macht krank. Das kann man
vielleicht etwas anders formulieren.
Ich werde mich an die Redezeit von drei Minuten halten. Es
gibt in dem Maßnahmenkatalog eine ganze Reihe von Punkten, bei denen eine
Überarbeitung und Konkretisierung erforderlich wäre. Ich bitte darum, dies in
Zusammenarbeit mit dem Berufsverband Deutscher Nervenärzte und dem
Berufsverband Deutscher Psychiater zu tun. Ich will nicht all die kleinen
Dinge, die mir aufgefallen sind, aufzählen. Ich möchte nur drei Dinge
ansprechen. In Punkt 5 ist der primärärztliche Bereich aufgeführt. Ich weiß
nicht ganz genau, was der Vorstand der Bundesärztekammer unter dem
primärärztlichen Bereich versteht und welches primärärztliches Modell er
vorzieht. In der Klammerbemerkung ist die Rede von Ärzten für Allgemeinmedizin,
Praktischen Ärzten, Pädiatern und auch psychiatrisch tätigen Kolleginnen und
Kollegen. Ich fühle mich als Psychiater als psychiatrisch tätiger Kollege und
käme mit meiner Fachbezeichnung auch gern so vor, nicht als jemand, der auch
psychiatrisch tätig ist. Ich denke, da wäre eine Präzisierung sicherlich
wichtig.
In Punkt 8 geht es um die Vergütung. Da stehen die Hausärzte
als Gruppe eindeutig definiert und dann – aus meiner Sicht etwas diffus – die
insgesamt primärärztlich tätigen Kollegen. Das ist noch einmal reduziert und
für mich nicht eindeutig nachvollziehbar.
Ich mache seit mindestens 15 Jahren bei Heimpatienten und
unterprivilegierten Patienten in meinem Bezirk Hausbesuche. Bisher ist die
Vergütung dafür beständig geringer und nicht höher geworden. Insofern ist es
sicherlich gut, wenn hier eine entsprechende Forderung aufgestellt wird.
Ich könnte mir vorstellen, dass der Finanzierungsvorbehalt,
der heute mehrfach angesprochen wurde, auch hier ganz konkret und eindeutig
hervorgehoben wird, damit nicht auf einmal Leistungen, die wichtig sind, die
erfolgen sollten, für die ein Bedarf und auch ein moralischer Anspruch besteht,
plötzlich aus der Gesamtvergütung bezahlt werden und der Standard und die
Ansprüche hochgeschraubt werden. Ich meine, hier muss der
Finanzierungsvorbehalt ganz eindeutig untergebracht werden.
Den Punkt 9 finde ich nicht unproblematisch. Danach sollen die
sozialpsychiatrischen Dienste auf- und ausgebaut werden. Das ist sicherlich
nichts Schlechtes. Ich weiß allerdings nicht, ob diejenigen, die nach dem
Wortlaut des Gesetzes auch für Zwangseinweisungen zuständig sind, die optimale
Anlaufstelle für Arbeitslose, Wohnungslose, Menschen mit Suchtproblemen sind,
die fürchten, dass ihnen ihr Kind weggenommen werden könnte, das in den
Unterlagen auftaucht. Man darf bezweifeln, ob diese Institutionen in dieser
Beziehung das Optimum sind.
Ich darf auch die Frage stellen, wie eine kombinierte
Bezahlung aus Krankenkassengeldern und Staatsgeldern für die
sozialpsychiatrischen Dienste funktionieren soll. Aber das sind vielleicht
Kleinigkeiten.
Ich habe gesehen, dass in einem Antrag gefordert wird, auch
die Psychotherapie irgendwo mit unterzubringen. Bei aller Wertschätzung für die
Psychotherapie – ich bin ja selber auch Psychotherapeut – denke ich, dass eine
Richtlinienpsychotherapie, die ein Antragsverfahren voraussetzt, nichts ist,
was kurzfristig erfolgen kann, und sicherlich nicht das Problem ist, das hier
mit hereingequetscht werden müsste.
Mein Vorschlag ist, dass der Maßnahmenkatalog unter
Einbeziehung der Berufsverbände der Nervenärzte und der Psychiater überarbeitet
wird. Der Finanzierungsvorbehalt muss ganz konkret deutlich gemacht werden. Es
kann nicht sein, dass wichtige Arbeiten von uns zusätzlich geleistet werden
müssen. Darauf ist heute schon mehrfach hingewiesen worden. Das kann auch
nicht auf diesem Umweg implementiert werden. Ich bitte Sie, das mit
einzubeziehen.
Danke sehr.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Urban. Zur Geschäftsordnung bitte Herr Mayer aus Bayern.
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