Ruebsam-Simon, Baden-Württemberg: Herr Präsident!
Kolleginnen und Kollegen! Die Rechtfertigungsrhetorik „Wenn wir es nicht tun,
machen es die anderen“ hat vielleicht für die Versorgungsforschung knapp
gereicht, für dieses Projekt meines Erachtens nicht. Auch wenn es nicht verhinderbar
erscheint, möchte ich doch meine Sorgen zu verschiedenen Punkten äußern.
Nach wie vor ist die Finanzierungsgrundlage völlig ungeklärt.
Darüber wird
überhaupt nicht mehr gesprochen. Das Thema scheint durch zu sein.
Zur technischen Seite: Wir hatten eine Diskussion mit dem bei
IBM Verantwortlichen für dieses Projekt, der beim Bundesgesundheitsministerium
dafür zuständig ist. Es war erschreckend: Dieser Mann hatte von den Vorgängen
in einer Arztpraxis null Ahnung. Er konnte zu unseren Fragen nichts sagen. Das
war für mich ein Offenbarungseid im Hinblick auf dieses Projekt. Wir haben ihn
beispielsweise gefragt, was wohl geschieht, wenn 120 000 Praxen ans Netz gehen.
Das waren ganz konkrete und simple Fragen – Schweigen im Walde.
Zum Datenschutz: Auf dem „Ärztetag von unten“ gab es
wesentliche Beiträge dazu, wie leicht das System zu knacken ist. Ein
intelligenter Hacker kann das System sofort aufbrechen. Damit sind alle Daten
öffentlich.
(Beifall)
Dieses Thema müsste die Psychotherapeuten besonders
interessieren; es geht da um extrem sensible Daten.
Zu den strukturellen Veränderungen in der Arzt-Patient-Beziehung
fehlt im Leitantrag der Punkt Herrschaftswissen. Wir werden durchsichtig für
Politik und Kassen. Man muss sich darüber klar sein, was das bedeutet, wenn
dieses Projekt realisiert wird. Dazu müssen wir uns etwas einfallen lassen.
Meine Schlussfolgerung: Wir müssen nicht nur die
wissenschaftlichen, sondern auch die betriebswirtschaftlichen Folgen sehen und
über die Möglichkeit sprechen, eventuell aus dem Projekt auszusteigen, wenn wir
sehen, dass es eine betriebswirtschaftliche Katastrophe ist, oder wenn die Arzt-Patient-Beziehung
unerträglich belastet würde.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke sehr,
Herr Ruebsam-Simon. Jetzt bitte Herr Kollege Streibl aus Baden-Württemberg.
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