TOP VIII: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

4. Tag: Freitag, 6. Mai 2005

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Damit ist dieser Komplex zunächst einmal abgehandelt. Wir müssen uns nunmehr Gedanken darüber machen, ob wir für den Antrag VIII-22 (neu) eine zweite Lesung durchführen. Dieser Antrag beschäftigt sich auch mit der Privatisierung, wenn auch in einer leicht anderen Form. Für eine zweite Lesung ist ein Drittel der Voten, die insgesamt abgegeben werden, erforderlich. Das müssen wir also auszählen. Ich frage also: Wer ist für eine zweite Lesung? Bitte zählen. – Das reicht. 76 sind dafür. Das ist sicher ein Drittel derer, die im Saal sind. Ich glaube, wir brauchen die anderen Stimmen nicht zu zählen. Die zweite Lesung ist beschlossen.

Der Text dieses Antrags lautet:

Der 108. Deutsche Ärztetag fordert die Gebietskörperschaften als Träger des Versorgungsauftrages einer stationären Versorgung auf, ihren Auftrag zur Daseinsvorsorge dadurch wahrzunehmen, dass sie je nach Rechts-, Betriebsform als Gesellschafter oder Betreiber und Eigentümer ihrer Krankenhäuser in dieser Eigenschaft verbleiben und private Anbieter allenfalls als Minderheitsbeteiligungen zulassen.

Das ist schon ein bisschen etwas anderes als das, was wir eben beschlossen haben.

Ich möchte zunächst einmal Herrn Emminger fragen, ob er sich noch einmal zu diesem Antrag äußern möchte. Er hat ja eben gesagt, das sei ungefähr dasselbe. – Wohl nicht. Dann hat sich Frau Haus gemeldet. Bitte.

Haus, Nordrhein:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe beim vorhergehenden Antrag nicht schnell genug reagiert. Ich bin ein bisschen erschrocken: In welchem Land wollen Sie eigentlich in Zukunft leben? Wir sehen natürlich manche Entwicklungen mit Sorge, wir müssen sie auch begleiten. Aber was Sie hier machen, ist eine sozialistische Festlegung von Entwicklungen, die mich wirklich wundert. Empfinden Sie sich noch als Freiberufler? Ich habe den Eindruck, dass Ihnen die Rechte, die wir sonst überall einfordern, in diesen Bereichen irgendwie abhanden kommen. Das macht mir schon große Sorge.

Ich bitte Sie, das alles nicht nur durch Ihre Brille zu sehen, sondern zu schauen, welchen Staat Sie schaffen, wenn Sie lauter solche Beschlüsse fassen.

Danke.

(Widerspruch)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Von der Formulierung her ist der Antrag nicht ganz korrekt. Die Länder sind dafür verantwortlich und die Länder sind keine Gebietskörperschaften. Nur in zwei Bundesländern sind die Landkreise mit dem Versorgungsauftrag versehen. Insofern ist der Antrag von der Formulierung her ein bisschen bayerisch, um es so auszudrücken.

(Heiterkeit)

– Ich sage das nur, weil das in Bayern so gilt. In Bayern sind Gebietskörperschaften auf kommunaler Ebene vorhanden. Das ist kein Vorurteil; wir lieben Bayern heiß und innig.

Das Wort zur Geschäftsordnung hat jetzt Herr Schimanke aus Mecklenburg-Vorpommern.

Dr. Schimanke, Mecklenburg-Vorpommern:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mich stört an diesem Antrag vor allem die Formulierung. Der Präsident hat schon selber darauf hingewiesen: Hier werden Begriffe verwendet, die nicht kompatibel sind. Die Aussagen sind auch nicht eindeutig. Der Antrag ist auf keinen Fall vergleichbar mit dem Antrag, den wir bereits beschlossen haben. Ich erneuere also den Antrag auf Vorstandsüberweisung.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Schönen Dank. Herr Emminger hat das Recht, das Wort zu ergreifen. Dann ist die Wortergreifungsberechtigung für alle erloschen.

(Heiterkeit)

Dr. Emminger, Bayern:
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Haus, Herr Hoppe hat vorhin an anderer Stelle gesagt, dass wir uns darum kümmern müssen, dass sich die öffentliche Hand nicht immer aus den Grundlagen der Daseinsvorsorge verabschiedet. Sie tut das, um Kosten auf die Patienten und auf uns abzuwälzen. Es gilt, dem auf verschiedenen Wegen vorzubeugen.

Frau Haus, Sie haben von „sozialistischem Gedankengut“ gesprochen. Frau Haus, das ist ein bisschen trivial. Gott sei Dank gibt es einige Körperschaften und Kommunen, auch in Bayern, die als Träger in anderer Rechtsform ihre Krankenhäuser ganz gut betreiben. Das ist eine gute Sache. Ich gebe zu: Das mag bei Ihnen in Nordrhein-Westfalen anders sein als in Bayern.

Vorhin in der Pause kam der Vorschlag auf Ergänzung: Gebietskörperschaften, zum Beispiel Länder, Landkreise, Kommunen. Diese Ergänzung kann man vornehmen, damit der Inhalt klar wird.

Die Tendenz besteht in dem, was Herr Hoppe vorhin gesagt hat: Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der Staat immer mehr aus der Grundversorgung verabschiedet und immer mehr Kosten auf die Patienten und auf uns abwälzt. In diesem Sinne bitte ich darum, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall)

 

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Danke. Wenn, dann müsste man sagen: fordert die Länder als Träger des Versorgungsauftrages auf. Im Grundgesetz steht, dass die Länder für die Versorgung zuständig sind. Wenn wir „Länder“ und nicht „Gebietskörperschaften“ schreiben, ist eine Teilmenge der Probleme bereits gelöst. Dann hieße der Text:

Der 108. Deutsche Ärztetag fordert die Länder als Träger des Versorgungsauftrages einer stationären Versorgung auf, ihren Auftrag zur Daseinsvorsorge dadurch wahrzunehmen, dass sie je nach Rechts-, Betriebsform als Gesellschafter oder Betreiber und Eigentümer ihrer Krankenhäuser in dieser Eigenschaft verbleiben und private Anbieter allenfalls als Minderheitsbeteiligungen zulassen.

Dann sind wir nicht angreifbar, was die Formulierung angeht. Wer möchte bei dieser Situation den Antrag an den Vorstand überweisen? – Wer ist dagegen? – Das Erste war die Mehrheit. Enthaltungen? – Dann ist der Antrag beim Vorstand geblieben, was ja nicht heißt, dass wir nicht in Kombination der beiden Anträge eine geeignete Politik betreiben können.

 

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