Eröffnungsveranstaltung

1. Tag: Dienstag, 23. Mai 2006 Vormittagssitzung

Dr. Lutz TrümperDr. Lutz Trümper, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Magdeburg: Sehr geehrte Frau Bundesgesundheitsministerin Schmidt! Herr Ministerpräsident! Verehrter Herr Bundesärztekammerpräsident Professor Hoppe! Meine Damen und Herren! Werte Ärztinnen und Ärzte! Ich begrüße Sie ganz herzlich hier in Magdeburg, der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Ich darf Ihnen sagen: Es freut mich außerordentlich, dass diese traditionsreiche und ehrwürdige Bundestagung deutscher Ärzte die Stadt Magdeburg zu ihrem Tagungsort 2006 ausgewählt hat.

Gesundheit ist weniger ein Zustand als eine Haltung und sie gedeiht mit der Freude am Leben - so der Philosoph und Theologe Thomas von Aquin. Mit dieser sehr einfachen, aber ebenso seit Beginn der Medizin gesicherten Erkenntnis steht der diesjährige Deutsche Ärztetag in einem interessanten Spannungsfeld zwischen medizinischen Anforderungen, politischen Forderungen und gesellschaftlichen Erfordernissen. Ich denke, Sie haben spannungsreiche programmatische Diskussionen vor sich.

Ich darf Ihnen sagen, dass Sie mit Magdeburg einen guten Ort für diese zukunftsgerichtete Tagung ausgewählt haben. Hier an der mittleren Elbe begegnen sich auf vielfältige Weise Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Magdeburg ist noch immer eine Stadt im Aufbruch, mit großen medizinischen Traditionen. Erst im vergangenen Monat blickten wir auf 100 Jahre moderne Kinderheilkunde in der Stadt Magdeburg zurück. Im Jahre 2005 feierte Magdeburg seine 1 200-jährige Ersterwähnung durch Karl den Großen im Diedenhofener Kapitular - die Geburtsurkunde der Stadt Magdeburg.

In der Ausstellung des Kulturhistorischen Museums, die sehr modern und multimedial einen Blick in diese reiche Geschichte eröffnet, sind gerade aus den mittelalterlichen Anfängen der medizinischen Versorgung sehr interessante Dinge ausgestellt, die Archäologen zutage gefördert haben. Diese Ausstellung ist leider seit gestern geschlossen - nicht, weil wir in Magdeburg kein Geld mehr für diese Ausstellung haben. Ganz im Gegenteil: Magdeburgs Museum sieht der Vollendung seiner Komplettsanierung entgegen, denn am 28. August eröffnen wir zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren eine Europaratsausstellung. Diesen europäischen Ehrentitel zweifach haben nur wenige große europäische Museen, so in Madrid, Barcelona, Wien oder London, erringen können.

Magdeburg ist mit seiner besonderen Rolle im Mittelalter als Kaiserstadt, als Sitz der Erzbischöfe, mit einer bedeutenden Bronzegießerei, mit dem Magdeburger Recht, mit der Mitgliedschaft in der Hanse und natürlich einem zentralen Mittelpunkt der Reformation in die erste Liga musealer Forschung und Geschichtspräsentation aufgestiegen.

Besuchen Sie uns in der zweiten Jahreshälfte zu unserer Ausstellung "Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation". Sie ist Teil eines Gemeinschaftsprojekts mit dem Deutschen Historischen Museum Berlin.

Seinen Anfang nahm dieses Reich 967 mit der Krönung von Kaiser Otto I., der von Magdeburg aus einen europäischen Kompromiss für eine Einigung der Völker und Stämme suchte. Der mittelalterliche Teil wird in Magdeburg präsentiert, den neuzeitlichen Teil können Sie zeitgleich in Berlin sehen. Eine geteilte Ausstellung in zwei Städten unterschiedlicher Bundesländer ist ein Novum in Deutschland und ein interessantes Experiment der Zusammenlegung kultureller Ressourcen.

Warum noch haben Sie einen guten Ort für den 109. Deutschen Ärztetag gefunden? 2006 begeht Magdeburg das Jahr der Wissenschaft. Seit Jahren werden hier auf vielen Gebieten neueste Forschungsprojekte entwickelt. Wissenschaftseinrichtungen gehen mit Unternehmen fruchtbringende Kooperationen ein, Netzwerke verknüpfen gerade im Bereich der medizinischen Forschung und Entwicklung und Anwendung die Ressourcen unserer Stadt. All das wollen wir mit diesem Jahr noch bekannter machen. Wir wollen dieses Jahr nutzen, um als Stadt und darüber hinaus über Wissenschaft und Forschung ins Gespräch zu kommen.

Der 109. Deutsche Ärztetag als das Parlament der Ärzteschaft seit 1873 ist ein ganz besonderer Höhepunkt im Magdeburger Jahr der Wissenschaft. 99 Forschungsinstitute, von der international ausgerichteten Erforschung des Magdeburger Rechts bis zum virtuellen Trainingszentrum, bilden die interessante Zukunftsoption unserer Elbestadt. Insgesamt 150 Partner unterstützen dieses Jahr der Wissenschaft.

Wir haben in Magdeburg die Erfahrung gemacht, dass Wissenschaft nicht nur Arbeitsplätze und Image, sondern auch Begeisterung schaffen kann. Das Leibniz-Institut für Neurobiologie hat für Magdeburg einen internationalen Spitzenplatz in der medizinischen Forschung erworben. In diesem Jahr wurde der bundesweite Tag der Gesundheitsforschung mit dem Schwerpunktthema Hirnforschung in Magdeburg eröffnet. Hier arbeitet der einzige 7-Tesla-Kernspinto­mograf Europas. Leibniz- und Fraunhofer-Institut entwickelten gemeinsam ein Simulationsgerät für die ärztliche Aus- und Weiterbildung, um OP-Simulationen und eventuelle Komplikationen möglichst realistisch darzustellen.

Wir sind die Stadt der angewandten Forschung. Das liegt nicht nur an Otto von Guericke, der diese Tradition eindrucksvoll begründete. Das Jahr der Wissenschaft soll zeigen: Magdeburg steht in vielerlei Hinsicht für eine gelungene Symbiose aus Alt und Neu. Die Stadt ist 1 200 Jahre alt und doch in ihrem Wandel jung und modern zugleich. Erleben können Sie dies insbesondere in der Innenstadt - ein dritter Grund, Magdeburg für eine bundesweite Tagung auszuwählen. Im Schnittpunkt der Straße der Romanik, zwischen dem gotischen Dom und dem skurrilen Hundertwasser-Haus, zwischen denkmalgeschützten Parkanlagen und dem heftig umkämpften Elbausbau, zwischen modernen Einkaufszentren und den stillen romanischen Kreuzgängen von Dom und Liebfrauenkloster können Sie in Magdeburg eine Menge erleben.

Noch ein kurzes Wort zum Tagungsort hier. Die Stadthalle war Teil eines großen Kunstareals, das 1927 zur dritten deutschen Theaterausstellung eingeweiht wurde. Die Bauzeit für dieses Haus betrug damals sechs Monate.

Bekannte Architekten des Werkbundes und des Bauhauses hatten im Magdeburg der goldenen Zwanzigerjahre ein experimentelles Feld für modernen Wohnungsbau und den neuen Gesellschafts- und Kulturbau gefunden. Bei den nächtlichen Bombenangriffen am 16. Januar 1945 wurde die Stadthalle mit einem großen Teil der Theaterausstellungsgebäude zerstört. Anfang der 60er-Jahre erfolgte in nur wenigen Monaten unter großer Anteilnahme und mit Aufbaustunden der Magdeburger der Wiederaufbau, bis auf wenige Kosten ersparende Veränderungen originalgetreu.

Seitdem ist in der Stadthalle aber nichts Größeres an Baumaßnahmen mehr geschehen. Das Baudenkmal harrt sozusagen seiner Sanierung.

Sie sehen: Wir sind mit den Umbrüchen noch nicht fertig, noch ist Substanz in schwierigen Fahrwassern. Aber die Magdeburger sind kämpferische Herzen. Wenn sie etwas retten wollen, dann können sie eine Menge bewegen. Man sieht das auch am Schiffshebewerk im Norden unserer Stadt.

Magdeburg überrascht - so wirbt die grüne Domstadt an der Elbe, die auch ein Klischee gerade rücken möchte. Ich würde mich freuen, wenn Sie in den nächsten Tagen recht häufig positiv überrascht sind, wenn Sie zu einem Besuch zurückkommen und wenn Sie Magdeburg weiterempfehlen.

Ich wünsche dem 109. Deutschen Ärztetag einen erfolgreichen Verlauf und allen Gästen in Magdeburg einen unvergesslichen und schönen Aufenthalt.

Ich darf Ihnen zum Abschluss sagen, dass ich im letzten Jahr die Gelegenheit hatte, unser Gesundheitssystem in Magdeburg als Patient kennen zu lernen. Ich war am Aufbau der Uniklinik und der Krankenhäuser der Stadt Magdeburg ein Stück weit beteiligt. Sie befinden sich in einem wunderbar sanierten Zustand. Die Kliniken sind fast alle neu, bis auf ganz wenige Ausnahmen.

Als ich im November und Dezember dort war, haben die Ärzte und Schwestern eine außerordentlich gute Arbeit geleistet, sodass ich heute wieder vor Ihnen stehen kann.

Herzlichen Dank und viel Erfolg hier in Magdeburg.

(Beifall)

(Musikalische Umrahmung: Kurt Weill - Aus der Suite "Die Dreigroschenoper": "Die Moritat von Mackie Messer" und "Der Kanonen-Song")

© 2006, Bundesärztekammer.