Dr. Lindhorst, Hessen: Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich denke, wir haben heute Vormittag eine exzellente Rede von Herrn
Professor Hoppe gehört. Er hat unseren Standpunkt klar dargelegt. Er hat ebenso
wie Professor Kuntz als Vertreter der mit der Paracelsus-Medaille Geehrten klar
gemacht, dass wir eine einige Ärzteschaft sein müssen. Die Kritik von vorhin
stimmt: In der Vergangenheit wurden manchmal unsinnige Ziele verfolgt,
beispielsweise die absolute Hoheit über das DRG-System behalten zu wollen,
obwohl wir letzen Endes doch nur die Ausführenden sind. Man muss einmal
kritisch beleuchten, was aus unseren Forderungen geworden ist, die wir vor fünf
oder sechs Jahren erhoben haben.
Wir müssen selber proaktiv sein. Ich glaube, da gibt es
weiterhin ein großes Manko. Wir sind nicht die Gestalter, sondern wir rennen
der Entwicklung oft hinterher.
Ich möchte mit ein paar Zahlen belegen und in diesem Zusammenhang
auf einen Antrag zu diesem Tagesordnungspunkt hinweisen, wie unattraktiv Deutschland
als Standort geworden ist. Es handelt sich um Zahlen aus Hessen. Im Jahre 2001
hatten wir kaum Anträge auf das Certificat of good standing. Dieses Zertifikat
ist quasi die Voraussetzung, um ohne Schwierigkeiten mit der Kammer ins Ausland
zu gehen und sich dort bei einer Kammer anzumelden bzw. registriert zu werden.
Es gab im Jahr 2001 knapp 30 solcher Anträge. In diesem Jahr sind es bereits -
allein in Hessen - in nur fünf Monaten 260 Anträge. Nicht alle wandern aus,
sondern viele üben eine zweite Tätigkeit im Ausland aus. Sie alle kennen die
Wochenenddienste.
Sie alle kennen die Drohung: Wir holen die Ärzte aus Polen
oder aus sonstigen Ländern Osteuropas. 2004 gab es in Hessen 160 Teilnehmer aus
Osteuropa an den entsprechenden Kursen. In diesem Jahr sind es 32 Teilnehmer.
Es ist äußerst fraglich, ob es überhaupt noch einen zweiten derartigen Kurs
geben wird.
Diese Personen, mit denen uns die Politik droht, gehen großenteils
nach Skandinavien, Irland oder Großbritannien. Wir wissen, dass dort die
Allgemeinmediziner Jahresgehälter von durchschnittlich 150 000 Euro
erhalten. Die Kräfte aus Osteuropa werden oft für 130 000 Euro und mehr
fest angestellt.
Das sind Zahlen, von denen inzwischen manchmal schon deutsche
Chefärzte träumen. Für die meisten gilt das zum Glück noch nicht. Ich bitte
Sie, den entsprechenden Antrag anzunehmen.
Ich möchte noch etwas zu den Ausführungen des Kollegen Thiel
sagen. Es klingt immer sehr einfach und kämpferisch, wenn auf den
berufspolitischen Veranstaltungen erklärt wird: Wir machen das, wir sind eine
Front! Die Realität ist eine andere. Weiterhin fallen viele ärztliche
Kolleginnen und Kollegen ihrer Kollegenschaft in den Rücken. Wir erleben ärztliche
Direktoren in erster Linie in ihrer Funktion als Verwaltungsdirektoren, die
vielleicht ihre Klinik führen dürfen und vieles liquidieren dürfen,
einschließlich Personal.
Es gibt durchaus einen Arbeitskampf. Darüber müssen sich viele
klar werden. Da sind die Kammern in der Verantwortung, in solchen Situationen
aktiv einzugreifen, dort, wo die Arbeitskampfverhältnisse sehr schwierig sind.
Das habe ich bis heute aber noch nicht erlebt. Inzwischen gibt
es recht viele Fälle - aus vielerlei Gründen tut man sich schwer damit, das
öffentlich zu machen -, dass die Vertragsverlängerung nicht erfolgte oder viele
miese Abläufe zu verzeichnen sind. Das gilt auch für Chefärzte, die sich klar
äußern. Da wird der ärztliche Direktor gegen seinen "Mit-Chefarzt", der ihn
vielleicht einmal in dieses Gremium gewählt hat, aktiv.
Hier ist noch sehr viel ärztliche Solidaritätsarbeit zu
leisten.
Danke.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön,
Herr Lindhorst. - Jetzt Herr Dr. Thomas Schröter aus Thüringen. Bitte schön.
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