TOP I: Patientenversorgung in Deutschland - Rahmenbedingungen ärztlicher Berufsausübung

1. Tag: Dienstag, 23. Mai 2006 Nachmittagssitzung

Dr. Munte, Bayern: Herr Präsident! Wertes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines war heute Morgen sehr deutlich: An Intelligenz, an ärztlicher Intelligenz fehlt es uns nicht. Wir müssen allerdings feststellen, dass andere die Kraft und die Macht haben, gute Ideen intelligent umzusetzen, was aber manchmal, weil die Intelligenz nicht ausreichend gefragt worden ist, ohne Intelligenz geschieht. Wir haben halt immer wieder Defizite. Wenn ich erleben muss, dass der Gesetzgeber mit dem Vertragsarztänderungsgesetz eingreift und uns die Berufsordnung aus der Hand schlägt, weil wir die (Muster-)Berufsordnung nicht bundeseinheitlich umsetzen, kann ich nur sagen: Hier liegt ein Mangel in unserer eigenen Organisation vor. Man sollte wissen, dass wir hier aufpassen müssen.

Ein Mangel in unserer eigenen Organisation besteht auch darin, dass immer noch 80 Prozent der Kollegenschaft im ambulanten Bereich in Einzelpraxen arbeiten, dass die Kooperationen nicht gefördert worden sind, sondern von unseren eigenen Funktionären, von unseren eigenen Kammern und KVen über Jahrzehnte hinweg sogar behindert worden sind. Auch hier liegen Fehler und Mängel vor, an deren Beseitigung wir schnellstens arbeiten müssen. Wir haben die Erkenntnisse, aber wir müssen sie auch umsetzen. Aber auch die Kooperation zwischen den Organisationen, zwischen PKV und GKV, zwischen dem ambulanten und dem stationären Bereich fehlt vollkommen. Wir müssen feststellen, dass die Mammographie im ambulanten Bereich in der Qualitätssicherung für die Ärzteschaft maximal umgesetzt worden ist, dass aber die privatärztliche Tätigkeit der Kollegen, die ich in Bayern rausgeschmissen habe, weiterhin möglich ist. Mittlerweile tauchen Patienten auf, die deswegen Krebs bekommen haben, weil sie nicht entsprechend behandelt worden sind.

Wir haben auch den Mangel, dass die Kollegenschaft, die schlecht ist, weil sie herausgeprüft worden ist, nicht gemeldet werden kann. Sie kann also weiterarbeiten, ohne dass die Kammer das weiß. Die Kammer meldet es nicht an uns, wenn diesbezügliche Fehler vorhanden sind. Ich habe einen entsprechenden Antrag gestellt, um diese Situation zu verbessern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir verschreiben uns in die Pleite. Wenn wir nicht aufpassen - eben wurde bereits ein Beispiel genannt -, wird die Pharmaindustrie mit ihren Marketingmaßnahmen weiter an Boden gewinnen und unsere Honorare im ambulanten Bereich gefährden. Hier muss etwas geschehen. Hier muss neben der Nutzenbewertung auch die Kostenbewertung ins IQiG einbezogen werden. Der Gesetzgeber muss hier handeln, der Bundesausschuss ebenso. Als einziges Land in Europa leisten wir es uns, keine Positivliste zu haben. Auch das ist unerträglich. Auch hier muss etwas geschehen. Ich bitte den Ärztetag, die entsprechenden Anträge positiv zu bescheiden. Auch wir in Deutschland brauchen eine Positivliste.

Danke schön.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Herr Munte. Aber Sie wissen sicher ganz genau, dass wir seit 1992 eine Positivliste fordern. Wir haben damals - das werde ich nicht vergessen - auf dem Sonderärztetag im Kölner Gürzenich diese Forderung zum ersten Mal erhoben.

Als nächster Redner bitte Herr Privatdozent Dr. Scholz aus Hessen.

© 2006, Bundesärztekammer.