Rettkowski, Niedersachsen: Sehr geehrter Herr
Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle reden von einem solidarischen
und sozialen Gesundheitssystem. Was ist daran heute eigentlich noch sozial? Wir
haben nach der Einführung der Praxisgebühr gemerkt, die eigentlich eine verbal
unredlich verpackte Beitragserhöhung war, dass die sozial Schwachen schon gar
nicht mehr kommen, beispielsweise viele alte allein stehende Rentnerinnen.
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, was an diesem System
einzig und allein noch sozial ist, sind wir Ärzte in Klinik und Praxis, die wir
uns seit über 15 Jahren ausbeuten lassen und das GKV-System zunehmend mit
entgangenem Lohn künstlich beatmen.
Jetzt sind wir an dem Punkt, dass wir so fertig sind wie das
Ärzteteam, das nach zwei Stunden die Reanimation aufgibt. Wir haben heute von
Herrn Hoppe gehört, dass nur 26 Millionen Beitragszahler in die GKV einzahlen,
dazu noch einmal circa 20 Millionen Rentner einen reduzierten Beitrag. An
dieser Stelle erkennen Sie, dass das Rentensystem viel früher zusammenbrechen
wird, als es jedem von uns lieb sein kann - und das, obwohl es seit Jahrzehnten
von der GKV künstlich beatmet wird, zuletzt 2005 mit 50 Milliarden Euro, einem
Fünftel des Gesamtaufkommens. Das ist den Untersuchungen von Professor Fritz
Beske aus Kiel zu entnehmen.
Lassen Sie mich noch zwei Sätze sagen, die vielleicht nicht
jeder von uns gern hören möchte. Die Probleme unseres sozialen Sicherungssystems
bestehen in dem Sozialtransfer zwischen Zahlenden und Empfangenden, zwischen
Alt und Jung, der so genannte Generationenkonflikt. Die heute für geringere
Löhne arbeitende Bevölkerung subventioniert die qualitativ hochwertige
Behandlung von immer mehr immer älter werdenden Menschen bei zu hohem
Renteneinkommen. Das möchte ich hier feststellen.
Insofern müssen wir dafür sorgen, dass sich die Arbeitnehmer
mit uns solidarisieren, weil die heute arbeitende Bevölkerung genauso von dem
System ausgebeutet wird wie wir. Die Zahlen dazu kann man nachlesen; sie sind
jedem zugänglich.
Ich verstehe unter "solidarisch", dass jeder den gleichen
Prozentsatz von seinem Einkommen in das Krankenversicherungssystem einzahlt.
Ulla Schmidt zahlt, wenn sie 14 000 Euro im Monat verdient, 1 996
Euro ein, davon 500 Euro in ihre private Versicherung, aber bitte schön
1 496 an die GKV. Dann führen wir die Kostenerstattung ein.
Ich bin überzeugt: Wenn wir Solidarität in diesem Sinne üben,
können wir unsere sozial schwachen Patienten kostenlos behandeln.
Danke schön.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Rettkowski. - Nun Herr Kollege Schuch aus Bayern.
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