TOP II: Behandlung von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen: Gegen Stigmatisierung - Für Stärkung der ärztlichen Psychotherapie

2. Tag: Mittwoch, 24. Mai 2006 Nachmittagssitzung

Dr. Loesch, Brandenburg: Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche hier als Vorsitzender des Ausschusses Psychosoziale Versorgung der Landesärztekammer Brandenburg. Das erwähne ich deshalb, weil ich vom Sinn einer derartigen Ausschussarbeit sehr überzeugt bin und mir wünsche, mit vielen solcher Ausschüsse anderer Landesärztekammern zu kommunizieren. Aber dazu müssen diese erst einmal existieren.

Ich bin über die heutige Tagesordnung sehr froh und bedanke mich beim Vorstand sehr dafür. Ich bedanke mich ganz besonders bei Frau Kollegin Dr. Bühren. Ich empfinde den heutigen Tag so, als hätten 30 Jahre eigener intensiver Arbeit - zusammen mit vielen anderen - in Richtung der angesprochenen Thematik nun dazu geführt, dass wenigstens vonseiten der Ärzteschaft die basale Bedeutung von Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatischer Medizin anerkannt wird. Das macht Spaß, sich auf dieser Basis weiter zu engagieren.

Ich spreche jetzt zum Antrag II-13, der sich auf den Vorstandsantrag II-2 bezieht, und zwar auf den vierten Punkt auf Seite 4. Das Zitat bezüglich der 40-Prozent-Regelung wurde bereits vorgetragen; deshalb kann ich es mir sparen. Leider haben sich in den Antrag 13 zwei Fehler eingeschlichen. Im ersten Absatz ist in der vorletzten Zeile das Wort "grundsätzlich" zu streichen. Der letzte Absatz soll folgendermaßen beginnen:

Ausdrücklich soll nicht die grundsätzliche Kompetenz Psychologischer Psychotherapeuten angezweifelt werden .

Nun noch ein paar Worte zur 40-Prozent-Regelung. Es ist logisch, dass freie Vertragsarztsitze aus Versorgungsgründen irgendwann besetzt werden müssen. Ich glaube nicht, dass wir das Jahr 2009 mit der Besetzung verhindern können, denn Versorgung ist nötig. Wenn das der bedauerlichen aktuellen Realität entsprechend durch Ärzte nicht möglich ist, dann eben durch Psychologische Psychotherapeuten, aber mit dem Vorbehalt, dass es Arztsitze bleiben müssen. Diese Plätze sollten für eine spätere Nachbesetzung wieder für ärztliche Psychotherapeuten zur Verfügung stehen, gleichgültig ob das 2009, 2010 oder 2011 geschieht. Ich denke, auch im Jahre 2011 werden wir nicht in der Lage sein, alle Plätze durch Ärzte - ob nun durch Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie oder durch Ärzte mit kompletten Zusatzbezeichnungen - zu besetzen.

Durch das Psychotherapeutengesetz werden Psychologische Psychotherapeuten zu Recht als Heilberufler anerkannt. Es kann aber nicht richtig sein, dass daraus de facto eine Gefährdung der ärztlichen Psychotherapie entsteht. Die Psychotherapie hat für uns durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse geprägte Ärzte auch eine meist unbewusste Distanzierung erzeugt. Eigentlich wollen viele gar nicht so recht damit zu tun haben. Wir überlassen dieses Feld auch gern einmal den anderen.

Ich weiß ganz genau, wovon ich rede, denn ich habe in 34 Jahren einen für mich schönen, aber auch sehr schmerzhaften Erkenntnis- und Entwicklungsprozess vom früher einmal hemdsärmeligen Allgemeinmediziner zum speziellen Psychosomatiker, der sich mit großer Freude hauptsächlich mit der psychotherapeutischen Betreuung körperlich Schwerkranker befasst, durchlaufen und durchlitten. Doch in einer Situation wie der gegenwärtigen ist es nicht angebracht, zuzuschauen und den anderen das Feld zu überlassen. Psychoanalyse und psychosomatische Medizin durch Ärzte, ärztliche Psychotherapie, psychiatrische Psychotherapie sind auch im niedergelassenen Bereich notwendig, fruchtbar, bereichernd, effektiv und erhaltenswert. Sorgen wir uns um diese Erhaltung und verhindern wir die gewollte oder ungewollte - Letzteres glaube ich allerdings nicht - Fehlsteuerung durch die Politik.

Ich bitte Sie sehr, meinem Antrag zuzustimmen.

(Beifall)

Vizepräsidentin Dr. Goesmann: Vielen Dank, Herr Loesch. - Es geht weiter mit Frau Künanz.

© 2006, Bundesärztekammer.