TOP VII: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

3. Tag: Donnerstag, 25. Mai 2006 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Braun, Berlin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte etwas Allgemeines sagen. Das fällt mir nach meinen Vorrednern etwas leicht. Ich bin in großer Sorge über die Entwicklung unseres Berufsstands im Zusammenhang mit der Entwicklung und Verbreitung der IGeLeien. Als Hausärzte bekommen wir häufig das Feedback unserer Patienten über die verschiedentlichsten Handlungsweisen unserer Kollegen mit. Eine Patientin meinte kürzlich, dass sie bei einem Facharzt das Gefühl hatte, als befände sie sich in einer Werbeveranstaltung.

Wie können wir uns auf der einen Seite zur Qualitätssicherung und zur evidenzbasierten Medizin bekennen, wenn wir auf der anderen Seite von unseren Patienten Geld für Bachblütentherapie und Magnetfeldbehandlung verlangen? Einige Tätigkeiten gibt es bestimmt, ohne Zweifel, aber seien wir bitte streng und im besten Sinne ärztlich. Fragen wir uns, ob wir selbst für die jeweilige Diagnostik und Therapie Geld zu bezahlen bereit wären.

Die größte Schwierigkeit besteht meines Erachtens darin, meine Damen und Herren, dass wir eine Zwei- und Dreiklassenmedizin befördern, bei der Patienten schneller Termine bekommen und ebenso wie Privatpatienten hofiert werden, wenn sie zu IGeL-Zahlern werden. Ich bin der festen Überzeugung, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass IGeLn auf die Dauer und im größeren Umfang die ärztliche Haltung schwerwiegend ungünstig beeinflusst.

(Beifall)

So wichtige ärztliche Eigenschaften wie Barmherzigkeit, Demut und auch das immerwährende Fragen nach dem Sinn und der Richtigkeit des täglichen Tuns könnten weniger wichtig werden. Dass letztendlich die finanziellen Schwierigkeiten, in die wir durch die Veränderungen im Gesundheitswesen gekommen sind, einen Teil von uns zum IGeLn bewegen, nehme ich den Politikern natürlich am meisten übel. Dennoch: Behalten wir unseren Berufsstand im Auge! Wir sind Ärzte und keine Kaufleute; unsere Patienten sind Patienten und keine Kunden. Denken wir auch und vor allem an die kommenden Ärztegenerationen. Wir sind mitverantwortlich dafür, dass die jungen Kollegen lernen, wissenschaftlich begründete Diagnostik und Therapie konsequent durchzuführen. Seien wir in diesem Sinne Vorbilder und - das verspreche ich Ihnen - Sie werden weiter Freude an Ihrem Beruf behalten.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Frau Professor Braun. - Als nächster Redner Herr Kollege Hoffert, ebenfalls aus Berlin. Bitte schön.

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