Prof. Dr. Bertram, Nordrhein: Sehr geehrter Herr
Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben von Frau Professor Braun
gehört, dass Patienten, die IGeL-Leistungen angeboten bekommen, dadurch zu
Patienten zweiter oder dritter Klasse würden. Das sehe ich nicht so. Ich finde
es extrem unärztlich, Patienten Leistungen, die ärztlich notwendig sind,
vorzuenthalten. Ich bin Augenarzt; die Augenärzte sind neben den Gynäkologen
wahrscheinlich das Fach mit den meisten IGeL-Leistungen. Das liegt nicht daran,
dass die Augenärzte so geldgierig sind, sondern daran, dass es in unserem Fach
rasante Fortschritte gibt und nicht alle neuen Leistungen in den Katalog der
GKV aufgenommen werden oder jedenfalls nur nach einer sehr langen Verzögerung.
Es handelt sich zum Teil um teure apparative Leistungen, die man nicht
finanzieren kann, wenn man sie dem Patienten nicht in Rechnung stellt. Ich kann
nicht 30 000 Euro, 40 000 Euro, 50 000 Euro, 60 000 Euro als
Arzt aus der Portokasse bezahlen. Es gibt nur die Möglichkeit, dem Patienten
diese Leistungen vorzuenthalten oder einen derartigen Apparat zu kaufen -
eventuell mit mehreren Kollegen zusammen - und dem Patienten diese Leistungen
anzubieten. Sozial Bedürftigen kann ich solche Leistungen auch einmal kostenlos
anbieten, aber nicht allen.
Wir haben vom Berufsverband und von der wissenschaftlichen
Gesellschaft der Augenärzte her die IGeL-Leistungen evaluiert. Wir haben nur
solche Leistungen in den entsprechenden Katalog aufgenommen, die die
wissenschaftliche Gesellschaft für sinnvoll erachtet. Das sind über zehn
medizinisch notwendige Leistungen. Enthalten ist unter anderem eine
fotodynamische Therapie bei Myopen. Das Medikament ist seit 2001 zugelassen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat nach vierjähriger Beratung im Januar
beschlossen, das in den Katalog der GKV aufzunehmen. Im Moment beschäftigt man
sich mit der Ziffernänderung; das dauert wiederum Monate. Sollen wir den
Patienten fünf Jahre lang diese Behandlung vorenthalten?
Dasselbe gibt es bei Medikamenten für Spritzen in den
Glaskörper. Das erste Medikament, das auf den Markt gekommen ist, kostet über
800 Euro. Ehe der Gemeinsame Ausschuss dies zulässt, wollen wir Augenärzte den
Patienten das anbieten. Das halte ich nicht für unärztlich.
(Beifall)
In Kritik geraten ist auch das Glaukom-Screening.
International wird von den Augenärzten das Glaukom-Screening durchgeführt. Es
gilt nur nicht als präventive Leistung im Leistungskatalog. Der Gemeinsame
Bundesausschuss hat es im Januar dieses Jahres abgelehnt. Ein paar Tage später
hat die wissenschaftliche Gesellschaft unter Einbeziehung aller Experten eine
Stellungnahme veröffentlicht, wonach die Augenärzte verpflichtet sind, das den
Patienten anzubieten. Das gilt für Patienten ab 40 Jahren und für ein Intervall
von zwei Jahren. So sieht die Realität aus. Der Arzt bekommt haftungsrechtlich
gesehen riesige Probleme, wenn er das nicht anbietet.
Dieses Thema erreicht auch zunehmend unsere Kliniker, weil sie
ständig mehr ambulante Leistungen durchführen und weil die Leistungen
mittlerweile so teuer sind, dass auch die Kliniken sie nicht mehr kostenlos
erbringen.
Ich bitte Sie also, dem Papier zuzustimmen und unseren
Änderungsanträgen zu folgen.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Bertram. - Als nächste Rednerin Frau Kollegin Mieke aus Hessen.
Bitte schön.
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