TOP VII: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

3. Tag: Donnerstag, 25. Mai 2006 Nachmittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir kommen zunächst zum Thema Patientenrechte. Dabei geht es um die Anträge 2, 9, 11, 12, 34, 48, 78 und 81.

Wir beginnen mit dem Antrag VII-2. Der Betreff lautet:

Gegen die Aushöhlung von Patientenrechten - Für Erhalt der Autonomie in der Patient-Arzt-Beziehung

Es geht um ein Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, das akut in der Pipeline ist. Es geht um Eingriffe in die privaten Krankenversicherungen und in das Patient-Arzt-Verhältnis, die wir mit Entschiedenheit ablehnen. Das sind die entscheidenden Aussagen. Gibt es dazu Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall. Wer stimmt dem Antrag VII-2 zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist klar angenommen.

Wir kommen zum Antrag VII-9. Es geht um Empfehlungen zum Umgang mit Patientinnen mit weiblicher Genitalverstümmelung. Dieser Antrag stammt vom Vorstand. Dem Antrag beigefügt ist die Kopie einer Veröffentlichung aus dem "Deutschen Ärzteblatt". Es handelt sich um die Bekanntmachung einer Empfehlung des Vorstands der Bundesärztekammer. Es geht um Heft 5 vom 3. Februar 2006. Wer möchte dazu sprechen? - Niemand. Wer möchte dem Antrag 9 zustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zum Antrag VII-11. Der Betreff lautet:

Unzureichende medizinische Versorgung von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus

Ich nehme an, dass Sie den Antrag schon zur Kenntnis genommen haben. Es geht um solche Menschen, die sich vielleicht auch schon etwas länger bei uns aufhalten und gesundheitlich schlecht versorgt werden. Wir haben da Probleme mit der Meldepflicht, mit der Schweigepflicht, mit der Überlegung, dass Ärzte diese Menschen melden sollen. Das ist ein ganz schwieriges Kapitel. Ich bin in meiner Funktion als Menschenrechtsbeauftragter des Vorstands der Bundesärztekammer ebenso wie Frau Goesmann auf entsprechenden Tagungen und bei entsprechenden Anhörungen. Das ist ein sehr wichtiges Thema. Insbesondere die Fraktion der Grünen hat sich intensiv darum gekümmert und bereits in der vorhergehenden Legislaturperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht. Es ist gut, wenn wir hierzu unsere Meinung äußern. Sie ist nach vielen Beratungen in diesem Antrag zusammengefasst worden.

Wer möchte dem Antrag VII-11 zustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Einige Enthaltungen. Der Antrag ist angenommen. Vielen Dank.

Wir kommen nunmehr zum Antrag VII-12. Bei diesem Antrag geht es um die Vergabe von Brechmitteln. Dazu haben wir uns schon einmal geäußert. Wir weisen darauf hin, dass es sich hier um eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung handeln kann und das deshalb aus ärztlicher Sicht eine bedenkliche Angelegenheit ist.

Dazu hat sich Herr Holzborn aus der Ärztekammer Nordrhein zu Wort gemeldet. Bitte.

Dr. Holzborn, Nordrhein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Prinzip ist dem Antrag zuzustimmen. Ich vermisse allerdings aus ärztlicher Sicht Folgendes. Drogendealer sind auch eine Gefahr für diejenigen, die sie mit Drogen versorgen. Hier wird der Eindruck erweckt, als gehe es um eine Gruppe von Menschen, die man besonders schützen müsse. Das ist sicherlich nicht der Fall. Was die im Sinne haben, ist sicherlich nicht die Absicht, die wir als Ärzte haben.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank. Aber an Leib und Leben schädigen darf man sie auch nicht.

(Beifall)

Das ist unser Dilemma, das wir haben; das ist allen klar. Da muss man andere Methoden finden.

Möchte sich noch jemand zu diesem Antrag äußern? - Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag 12. Wer möchte dem Antrag VII-12 zustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Einige Gegenstimmen, einige Enthaltungen. Der Antrag ist angenommen.

Nun kommt der Antrag VII-34 von Frau Dr. Schulenberg. Es geht noch einmal um die Genitalverstümmelung:

Die Bundesärztekammer spricht sich dagegen aus, dass Töchter von Migrantinnen bei der Schuleingangsuntersuchung speziell hinsichtlich einer durchgeführten FGM untersucht werden.

Als Begründung wird angeführt:

Um den Straftatbestand einer in Deutschland oder während des Aufenthalts in Deutschland durchgeführten FGM bei Töchtern von Asylbewerberfamilien aufzudecken, planen einige Landesregierungen ein Gesetz, das eine Untersuchung dieser Mädchen zu diesem Zweck zulassen soll. Dieses bedeutet eine Diskriminierung und kann nur zur Folge haben, dass diese Mädchen nicht mehr zur Schuleingangsuntersuchung gelangen.

(Zuruf)

- Es wird Vorstandsüberweisung beantragt. Möchte jemand zu diesem Antrag sprechen? - Bitte, Frau Schulenberg.

Dr. Schulenberg, Baden-Württemberg: Ich habe nichts gegen eine Vorstandsüberweisung. Ich halte das Problem aber für so gravierend, dass wir eine Stellungnahme abgeben könnten. Manche Länder planen eben ein solches Gesetz. Ich denke, es geht nicht an, dass wir uns quasi zu Helfershelfern bei solchen Maßnahmen machen lassen und die Kinder diskriminieren, die sowieso schon ein schreckliches Schicksal hinter sich haben.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank. - Möchte sich jemand dagegen äußern? - Das ist nicht der Fall.

Der Antrag auf Vorstandsüberweisung geht vor. Wer möchte diesen Antrag 34 von Frau Dr. Schulenberg an den Vorstand überweisen? - Wer stimmt dagegen? - Zahlreiche, aber nicht genug. Wer enthält sich? - Dann ist der Antrag an den Vorstand überwiesen.

Nunmehr kommen wir zum Antrag VII-48:

Die verantwortlichen Legislativ- und Exekutivorgane werden aufgefordert, durch angemessene Regelungen dazu beizutragen, dass inhumane Praktiken bei der Abschiebung verhindert werden.

Möchte jemand zu diesem Antrag sprechen? - Weder so noch so. Dann stimmen wir über den Antrag 48 ab. Wer möchte dem Antrag zustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist mit klarer Mehrheit angenommen. Darüber freue ich mich. Wer viel fliegt, vor allen Dingen ins Ausland, erlebt das manchmal mit. Das ist manchmal tatsächlich gruselig.

Damit kommen wir zum Antrag VII-78. Der Antragstext lautet:

Um gesundheitlichen Schäden vorzubeugen, dürfen Kindern ohne deutschen Pass (z. B. von Migranten und Asylsuchenden) keine schlechteren Lebensbedingungen als Kindern mit deutschem Pass zugemutet werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Vorbehaltserklärung zur UN-Kinderrechtskonvention zurückzunehmen.

Möchte jemand den Antrag verteidigen oder begründen? - Bitte, Frau Schulenberg.

Dr. Schulenberg, Baden-Württemberg: Ich denke, in dem Antrag ist eigentlich alles erklärt. Es gibt einen Vorbehalt, der diesen Kindern von Asylanten und Asylbewerbern bestimmte Rechte beschneidet. Die gesundheitlichen Folgen und Traumatisierungen der Kinder, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, die nachts von Polizeieinsätzen verfolgt werden, die von ihren Familien getrennt werden, sind immens. Ich denke, wir als gastgebendes Land tragen da eine große Verantwortung.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Frau Schulenberg, für die Erklärung. - Gibt es eine Gegenrede?

(Zuruf)

Es wird Vorstandsüberweisung vorgeschlagen. Dieser Antrag geht vor. Wer möchte den Antrag an den Vorstand überweisen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist der Antrag an den Vorstand überwiesen. Die Gremien werden darüber beraten. Wir werden das vom Vorstand aus abschließend behandeln und Ihnen vielleicht wieder vortragen. Zumindest im Tätigkeitsbericht wird mitgeteilt, welches Schicksal der Thematik beschieden gewesen ist.

Wir kommen zum Antrag VII-81 von Frau Dr. Fick aus Bayern:

Die mündigen Bürger und Patienten haben das Recht auf Einsicht in ihre Patientenunterlagen. Im Sinne einer zu stärkenden Patientenautonomie soll dieser mündige Patient dann auch seine Unterlagen (Arztbriefe, Röntgenbilder usw.) für sich verwalten und verwahren, um sie im Ernstfall einer Erkrankung oder eines Unfalls aktuell zur Verfügung zu haben. Das Original soll an den weiterbehandelnden Arzt gehen, die Kopie an den betroffenen Patienten.

Als Begründung heißt es:

Antrag spricht für sich.

Möchte jemand dazu sprechen? - Bitte, Herr Calles.

Dr. Calles, Bayern: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier wird gefordert, unter anderem Arztbriefe nicht nur an den weiterbehandelnden Arzt, sondern grundsätzlich in Kopie an den Patienten zu senden. Abgesehen von der Tatsache, dass hier der Bürokratie nicht der Umweg gewiesen wird, sondern für uns in der Praxis bürokratische Hemmnisse und finanzielle Auswirkungen entstehen, muss ich sagen: Ich kenne einige Patienten, die intellektuell nicht unbedingt in der Lage sind, alles, was in einem solchen Brief steht, entsprechend zu verarbeiten, sodass möglicherweise mehr Schaden als Nutzen entsteht. Deshalb bitte ich Sie, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank. - Gibt es eine Gegenrede? Das ist nicht der Fall.

 (Zuruf)

Es gibt den Antrag auf Vorstandsüberweisung. Wer möchte den Antrag an den Vorstand überweisen? - Einige. Wer möchte das nicht? - Das ist die Mehrheit. Dann frage ich: Wer möchte dem Antrag zustimmen? - Einige. Wer möchte den Antrag ablehnen? - Das ist die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt.

© 2006, Bundesärztekammer.