Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir kommen damit
zum Thema Ärztestreik. Hier geht es um die Anträge 72, 74 und 60 neu.
Ich rufe zunächst den Antrag VII-72 auf:
Der Deutsche Ärztetag solidarisiert sich mit den streikenden
Universitätsärzten und wendet sich gegen die streikablehnende Haltung der
Finanzministerien der Länder, ärztlichen Direktorate und Personaldezernate der
Kliniken.
Ist eine Begründung nötig? - Bitte, Herr Crusius.
Vizepräsident Dr. Crusius: Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich möchte Sie nur von einem Schreiben der Universität Rostock von
gestern in Kenntnis setzen:
Information zur Tarifeinigung im öffentlichen Dienst
Mit dem Potsdamer Abschluss am 19.05. hat die TdL und die
Gewerkschaft ver.di die schweren Tarifauseinandersetzungen beendet. Das
Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern hat mit heutigem Datum
- das war gestern -
darauf verwiesen, dass für die Beschäftigten des Landes
und damit auch für die Ärzte des Universitätsklinikums sofortige Tarifbindung
besteht, da diese wie am Uniklinikum Greifswald auch Arbeitsverträge mit dem
Land haben. Damit ist ein Streikgrund für das ärztliche Personal nicht mehr
erkennbar.
Wir sind anderer Auffassung; das wissen Sie. In dem Antrag von
Herrn Montgomery, der anschließend behandelt wird, wird das näher begründet.
Ich bitte um diese Solidaritätsbekundung mit den streikenden Ärzten.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön.
Gibt es etwa eine Gegenrede? - Nein. Wer stimmt dem
Antrag 72 zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist der Antrag
klar angenommen.
Wir kommen jetzt zum Antrag VII-74. Ich hoffe, Sie haben
den Antrag vorliegen; mir wurde gesagt, dass er verteilt ist. Der Antrag
lautet:
Der 109. Deutsche Ärztetag stellt fest: Der Marburger
Bund ist die einzig legitimierte Gewerkschaft der Krankenhausärztinnen und
-ärzte. Dies belegt die Stellungnahme des renommierten Arbeitsrechtlers Prof.
Löwisch, Freiburg .
Ich glaube, das Folgende kann ich nicht alles vorlesen. Sie
werden das sicher genauso sehen.
Gibt es Wortmeldungen? - Herr Dr. Montgomery.
Dr. Montgomery, Hamburg: Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich will es kurz machen. Wir erleben eine weitere
Posse des Tarifgeschäfts. Die Arbeitgeber haben bei dem renommierten
Arbeitsrechtler Löwisch eine kurze Stellungnahme in Auftrag gegeben, um die
Position von Herrn Möllring zu unterstützen, dass wir in der Friedenspflicht
seien, weil er mit ver.di einen Tarifvertrag abgeschlossen habe, der die Ärzte
mit beinhalte. Dieses Petitum der Arbeitgeber ist völlig nach hinten
losgegangen, weil dieser Gutachter schon in seinem ersten Satz urteilt:
Die von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vertretene
Auffassung, eine Fortsetzung des Ärztestreiks durch den Marburger Bund sei
wegen des mit ver.di geschlossenen Tarifvertrages für den gesamten öffentlichen
Dienst der Länder unzulässig, ist falsch.
(Beifall)
Diese gutachterliche Stellungnahme ist eine einzige Ohrfeige
für die Arbeitgeber. Ich wollte sie Ihnen zur Kenntnis bringen. Wir haben den
Weg des Antrags gewählt, weil wir so dieses Eigentor, das die Arbeitgeber
geschossen haben, über das "Deutsche Ärzteblatt" denjenigen Ärzten mitteilen
können, die sich vielleicht von Schreiben, wie Andreas Crusius eines zitiert
hat, haben beeindrucken lassen.
Mir ist es sehr wichtig, dass wir sagen: Wir wollen uns
emanzipieren von anderen Gewerkschaften. Wir brauchen eine Gewerkschaft
für Ärzte, die für diese die Tarife aushandelt. Das ist der Marburger Bund.
Vielen Dank für Ihre Zustimmung.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank
und Gratulation, dass die Arbeitgeber die Kosten übernommen haben! So ein
Gutachten gibt es ja nicht umsonst.
(Heiterkeit - Beifall)
Wer stimmt zu? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? -
Einstimmig angenommen. Herzlichen Glückwunsch!
Wir fahren mit dem Antrag VII-87 von Herrn Dr.
Lindhorst und weiteren Antragstellern fort:
Der 109. Deutsche Ärztetag fordert die Arbeitgeber auf,
Repressalien gegen Streik vorbereitende und/oder streikende Ärzte zu
unterlassen. Nachgeordnete und leitende Ärzte werden unter Druck gesetzt durch
Bedrohung mit Kündigung, Nichtvertragsverlängerung etc. (z. B. Ulm, Heidelberg,
Tübingen, Freiburg, Aachen).
Gleichzeitig verurteilt der 109. Deutsche Ärztetag das
Verhalten von leitenden und auch nachgeordneten Ärzten, die Streiks zu
unterlaufen. Sie zeigen, dass sie ihren persönlichen Vorteil wichtiger als das
Wohl der Berufsgruppe ansehen.
Der 109. Deutsche Ärztetag erinnert die ärztlichen Direktoren
daran, dass sie der Berufsgruppe der Ärzte angehören. Sie sollten sich deshalb
aktiv unterstützend zeigen, statt Streik niederzuschlagen.
(Beifall)
Gibt es dazu eine Wortmeldung? - Das ist nicht der Fall. Wer
stimmt zu? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist der Antrag
einstimmig angenommen.
Damit kommen wir zum Antrag VII-60 neu von Herrn Dr.
Schulze und anderen:
Der 109. Deutsche Ärztetag ruft zur finanziellen Unterstützung
in Not geratener Krankenhausärzte auf. Der Marburger Bund hat hierzu ein
Spendenkonto eingerichtet. Spendenbescheinigungen können nicht erstellt werden.
Im Umdruck steht, dass Spendenbescheinigungen erstellt werden
können. Bitte korrigieren Sie: Spendenbescheinigungen können nicht erstellt
werden. Das ist nicht schön, aber ein kleiner Unterschied. - Dazu bitte Herr
Montgomery.
Dr. Montgomery, Hamburg: Das ist ein
redaktioneller Fehler, für den ausschließlich ich die Schuld trage. Ich will
Sie darauf hinweisen, dass es nach dem Stiftungszweck leider keine Möglichkeit
gibt, Menschen, die sich durch Streik selbst in Not gebracht haben - so die
offizielle rechtliche Sichtweise -, aus einer Stiftung zu unterstützen. Wir
können keine Spendenbescheinigungen ausstellen, aber wir können den
Geldtransfer abwickeln. Der tiefere Sinn dieses Antrags ist, dass wir Ihnen die
Kontonummer zur Kenntnis bringen möchten. Es muss heißen:
Spendenbescheinigungen können nicht erstellt werden.
Wir wollen bei niemandem den Eindruck erwecken, er könne damit
eine steuerlich abzugsfähige Quittung von uns erhalten.
Danke.
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank.
Das ist ein Unterschied beispielsweise zur Kirchensteuer.
(Heiterkeit - Beifall)
Trotzdem wird es welche geben, die das tun - ganz viele, so
hoffe ich.
Wer möchte dem Antrag zustimmen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält
sich? - Dann ist der Antrag angenommen.
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