TOP VII: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

3. Tag: Donnerstag, 25. Mai 2006 Nachmittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir kommen damit zum Thema Ärztestreik. Hier geht es um die Anträge 72, 74 und 60 neu.

Ich rufe zunächst den Antrag VII-72 auf:

Der Deutsche Ärztetag solidarisiert sich mit den streikenden Universitätsärzten und wendet sich gegen die streikablehnende Haltung der Finanzministerien der Länder, ärztlichen Direktorate und Personaldezernate der Kliniken.

Ist eine Begründung nötig? - Bitte, Herr Crusius.

Vizepräsident Dr. Crusius: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie nur von einem Schreiben der Universität Rostock von gestern in Kenntnis setzen:

Information zur Tarifeinigung im öffentlichen Dienst

Mit dem Potsdamer Abschluss am 19.05. hat die TdL und die Gewerkschaft ver.di die schweren Tarifauseinandersetzungen beendet. Das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern hat mit heutigem Datum

- das war gestern -

darauf verwiesen, dass für die Beschäftigten des Landes und damit auch für die Ärzte des Universitätsklinikums sofortige Tarifbindung besteht, da diese wie am Uniklinikum Greifswald auch Arbeitsverträge mit dem Land haben. Damit ist ein Streikgrund für das ärztliche Personal nicht mehr erkennbar.

Wir sind anderer Auffassung; das wissen Sie. In dem Antrag von Herrn Montgomery, der anschließend behandelt wird, wird das näher begründet. Ich bitte um diese Solidaritätsbekundung mit den streikenden Ärzten.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön.

Gibt es etwa eine Gegenrede? - Nein. Wer stimmt dem Antrag 72 zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist der Antrag klar angenommen.

Wir kommen jetzt zum Antrag VII-74. Ich hoffe, Sie haben den Antrag vorliegen; mir wurde gesagt, dass er verteilt ist. Der Antrag lautet:

Der 109. Deutsche Ärztetag stellt fest: Der Marburger Bund ist die einzig legitimierte Gewerkschaft der Krankenhausärztinnen und -ärzte. Dies belegt die Stellungnahme des renommierten Arbeitsrechtlers Prof. Löwisch, Freiburg .

Ich glaube, das Folgende kann ich nicht alles vorlesen. Sie werden das sicher genauso sehen.

Gibt es Wortmeldungen? - Herr Dr. Montgomery.

Dr. Montgomery, Hamburg: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will es kurz machen. Wir erleben eine weitere Posse des Tarifgeschäfts. Die Arbeitgeber haben bei dem renommierten Arbeitsrechtler Löwisch eine kurze Stellungnahme in Auftrag gegeben, um die Position von Herrn Möllring zu unterstützen, dass wir in der Friedenspflicht seien, weil er mit ver.di einen Tarifvertrag abgeschlossen habe, der die Ärzte mit beinhalte. Dieses Petitum der Arbeitgeber ist völlig nach hinten losgegangen, weil dieser Gutachter schon in seinem ersten Satz urteilt:

Die von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vertretene Auffassung, eine Fortsetzung des Ärztestreiks durch den Marburger Bund sei wegen des mit ver.di geschlossenen Tarifvertrages für den gesamten öffentlichen Dienst der Länder unzulässig, ist falsch.

(Beifall)

Diese gutachterliche Stellungnahme ist eine einzige Ohrfeige für die Arbeitgeber. Ich wollte sie Ihnen zur Kenntnis bringen. Wir haben den Weg des Antrags gewählt, weil wir so dieses Eigentor, das die Arbeitgeber geschossen haben, über das "Deutsche Ärzteblatt" denjenigen Ärzten mitteilen können, die sich vielleicht von Schreiben, wie Andreas Crusius eines zitiert hat, haben beeindrucken lassen.

Mir ist es sehr wichtig, dass wir sagen: Wir wollen uns emanzipieren von anderen Gewerkschaften. Wir brauchen eine Gewerkschaft für Ärzte, die für diese die Tarife aushandelt. Das ist der Marburger Bund.

Vielen Dank für Ihre Zustimmung.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank und Gratulation, dass die Arbeitgeber die Kosten übernommen haben! So ein Gutachten gibt es ja nicht umsonst.

(Heiterkeit - Beifall)

Wer stimmt zu? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Einstimmig angenommen. Herzlichen Glückwunsch!

Wir fahren mit dem Antrag VII-87 von Herrn Dr. Lindhorst und weiteren Antragstellern fort:

Der 109. Deutsche Ärztetag fordert die Arbeitgeber auf, Repressalien gegen Streik vorbereitende und/oder streikende Ärzte zu unterlassen. Nachgeordnete und leitende Ärzte werden unter Druck gesetzt durch Bedrohung mit Kündigung, Nichtvertragsverlängerung etc. (z. B. Ulm, Heidelberg, Tübingen, Freiburg, Aachen).

Gleichzeitig verurteilt der 109. Deutsche Ärztetag das Verhalten von leitenden und auch nachgeordneten Ärzten, die Streiks zu unterlaufen. Sie zeigen, dass sie ihren persönlichen Vorteil wichtiger als das Wohl der Berufsgruppe ansehen.

Der 109. Deutsche Ärztetag erinnert die ärztlichen Direktoren daran, dass sie der Berufsgruppe der Ärzte angehören. Sie sollten sich deshalb aktiv unterstützend zeigen, statt Streik niederzuschlagen.

(Beifall)

Gibt es dazu eine Wortmeldung? - Das ist nicht der Fall. Wer stimmt zu? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist der Antrag einstimmig angenommen.

Damit kommen wir zum Antrag VII-60 neu von Herrn Dr. Schulze und anderen:

Der 109. Deutsche Ärztetag ruft zur finanziellen Unterstützung in Not geratener Krankenhausärzte auf. Der Marburger Bund hat hierzu ein Spendenkonto eingerichtet. Spendenbescheinigungen können nicht erstellt werden.

Im Umdruck steht, dass Spendenbescheinigungen erstellt werden können. Bitte korrigieren Sie: Spendenbescheinigungen können nicht erstellt werden. Das ist nicht schön, aber ein kleiner Unterschied. - Dazu bitte Herr Montgomery.

Dr. Montgomery, Hamburg: Das ist ein redaktioneller Fehler, für den ausschließlich ich die Schuld trage. Ich will Sie darauf hinweisen, dass es nach dem Stiftungszweck leider keine Möglichkeit gibt, Menschen, die sich durch Streik selbst in Not gebracht haben - so die offizielle rechtliche Sichtweise -, aus einer Stiftung zu unterstützen. Wir können keine Spendenbescheinigungen ausstellen, aber wir können den Geldtransfer abwickeln. Der tiefere Sinn dieses Antrags ist, dass wir Ihnen die Kontonummer zur Kenntnis bringen möchten. Es muss heißen:

Spendenbescheinigungen können nicht erstellt werden.

Wir wollen bei niemandem den Eindruck erwecken, er könne damit eine steuerlich abzugsfähige Quittung von uns erhalten.

Danke.

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank. Das ist ein Unterschied beispielsweise zur Kirchensteuer.

(Heiterkeit - Beifall)

Trotzdem wird es welche geben, die das tun - ganz viele, so hoffe ich.

Wer möchte dem Antrag zustimmen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist der Antrag angenommen.

© 2006, Bundesärztekammer.