Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir kommen jetzt
zum nächsten Themenkomplex, der Organspende. Wir kommen zunächst zum Antrag VII-67
neu:
Der 109. Deutsche Ärztetag fordert den Vorstand der
Bundesärztekammer auf, das Verhalten von Mitgliedern der Ständige Kommission
Organtransplantation der Bundesärztekammer zu überprüfen, die angeblich bewusst
gegen das Transplantationsgesetz (TPG) verstoßen haben sollen und damit
möglicherweise dem Ansehen und der Reputation der Bundesärztekammer erheblichen
Schaden zugefügt haben.
Sollte die Überprüfung dazu führen, dass sich die Presseberichte
bestätigen, sollen umgehend die erforderlichen Konsequenzen gezogen werden,
zumal der medizinische Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation
(DSO) bereits angekündigt haben soll, in ähnlich gelagerten Fällen in gleicher
Weise zu verfahren.
Herr Crusius möchte sich dazu äußern. Bitte.
Vizepräsident Dr. Crusius: Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt nach
dem Vertrag entsprechend dem Transplantationsgesetz eine
Überwachungskommission. Diese
Überwachungskommission befasst sich damit. Sie tagt entsprechend ihrer Satzung
nicht öffentlich. Wir haben in einer der vorhergehenden Vorstandssitzungen
bereits über diese Themen gesprochen. Sie sind in Bearbeitung. Ich verspreche
Ihnen - Herr Professor Hessenauer, Herr Professor Vilmar und ich sitzen in der
Ständigen Kommission -: Wir werden stets ein Auge darauf haben. Die Fälle, die
in der Presse hochgekommen sind, sind alle in Bearbeitung.
Vielen Dank.
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön.
Wie sollen wir mit dem Antrag umgehen? Wie ist da die Meinung?
Vizepräsident Dr. Crusius: Wir tun das. Insofern
kann man den Antrag auch an den Vorstand überweisen. Aber der Vorstand wird ja
direkt aufgefordert. Hier ist alles konjunktivisch formuliert. Insofern ist es
keine richtige Tatbestandsdarstellung.
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön.
- Jetzt bitte Herr Kollege Deutschmann aus Niedersachsen.
Deutschmann, Niedersachsen: Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! In Anknüpfung an das phänomenale Gedächtnis von Herrn
Professor Hoppe, der sich an seinen ersten Auftritt vor dem Deutschen Ärztetag
erinnert, kann ich sagen: Heute halte ich meine Jungfernrede, obwohl es mein
fünfter Deutscher Ärztetag ist.
(Beifall)
Das Anliegen meiner Ausführungen ist, zu verhindern, dass die
Bundesärztekammer ihre Unschuld verliert.
Ich möchte vorausschicken, dass ich eindeutig für die
Organspende eintrete. Es handelt sich um einen sehr sensiblen Bereich, der
anhaltend dem Fokus der Öffentlichkeit ausgesetzt ist und auch vehemente Gegner
hat. Damit besteht eine absolute Pflicht zur korrekten Durchführung. Dafür
stehe zum Beispiel ich persönlich im Zusammenhang mit der Bestimmung des
Hirntodes ein, die ich für eine der sichersten Diagnosen in der Medizin halte,
wenn sie denn korrekt, also beispielsweise nach den Richtlinien der
Bundesärztekammer, durchgeführt wird.
Der Vorgang, auf den ich mich beziehe, ist in der Begründung
meines Antrags ausreichend dargestellt. Ich will aber noch einmal betonen:
Diese Situation ist für die Beteiligten nicht überraschend oder unvorbereitet
aufgetreten. Bei allem Verständnis für die Familie des Verstorbenen: Der
Vorgang ist nicht auf der Grundlage der Gesetze abgearbeitet worden. Sich
ersatzweise, wie es geschehen ist, auf den rechtfertigenden Notstand zu
berufen, wäre meinem Freund Arne, der sich gerade auf das zweite juristische
Staatsexamen vorbereitet, in der Seminararbeit als ungenügend angekreidet
worden. Man ändert doch Gesetze nicht, indem man sie einfach übertritt!
Dies passt allerdings zu dem Fall der Crossover-Transplantation
vor einigen Jahren, bei der der Transplantationschirurg in die Schweiz
ausweichen musste, um eine in Deutschland illegale Operation durchzuführen.
Zu der Anmerkung von Herrn Crusius, dass es sich um viele
Konjunktive handelt, muss ich sagen: Sie sehen, dass es sich um einen Antrag
"neu" handelt. Der erste Antrag stieß bei Herrn Schirmer auf Nichtgefallen. Ich
habe ihn daraufhin entsprechend geändert.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir bedanken
uns für Ihre Rede. Wir haben es jetzt alles verstanden.
(Zuruf Dr. Holzborn, Nordrhein)
- Jetzt gibt es nur noch Wortmeldungen zur Geschäftsordnung.
(Dr. Holzborn, Nordrhein: Einer dafür, einer dagegen!)
- Weil Herr Crusius das erläutert hat? - Okay.
Dr. Holzborn, Nordrhein: Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Wenn ich die Kasuistik lese, scheint es sich in diesem Fall
um eine sehr spezielle und persönliche Angelegenheit zu handeln. An dieser
Stelle die Bundesärztekammer und ihre Gremien vorführen zu wollen, finde ich
nicht so gut.
(Beifall)
Ich meine, die Überweisung an den Vorstand ist in Ordnung,
aber den Antrag bitte nicht in dieser Form verabschieden.
Danke.
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön.
Das war ein Geschäftsordnungsantrag; darüber gibt es gar keine Diskussion. Der
war zulässig.
Möchte jemand gegen die Überweisung an den Vorstand sprechen?
(Zuruf: Nichtbefassung!)
- Jetzt gibt es auch den Antrag auf Nichtbefassung. Möchte
jemand zur Nichtbefassung sprechen? - Das ist nicht der Fall. Dann frage ich
zunächst einmal: Wer möchte sich mit dem Antrag nicht befassen? - Wer möchte
sich mit dem Antrag doch befassen? - Das ist die Mehrheit. Ich frage jetzt
also: Wer möchte den Antrag an den Vorstand überweisen? - Das ist die Mehrheit.
Wer möchte den Antrag nicht an den Vorstand überweisen? - Das ist die
Minderheit. Dann ist der Antrag an den Vorstand überwiesen. Dann wird
die Arbeit dort mit der Rückendeckung des Ärztetages fortgesetzt, wie Herr
Crusius das eben schon erläutert hat.
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