Debatte

Dienstag, 24. Oktober 2006, Nachmittagssitzung

Dr. Brunngraber, Niedersachsen: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass ein Teil meiner Argumente bereits von den bayerischen Kollegen vorgetragen wurde. Erstaunlicherweise hat hier auch der Krankenkassenvertreter überregionale publizistische Maßnahmen angesprochen. Mir als Vertragsarzt fehlen diese Maßnahmen. Wenn ich im Fernsehen Unverschämtheiten hörte, habe ich immer gedacht, hier muss doch etwas passieren! Es geschah aber nichts. Aber wir alle lernen ja noch.

Ich denke, dieser Begriff der Staatsmedizin ist sehr gut herausgearbeitet worden. Wir haben es hier nur mit einer transitorischen Sphäre zu tun. Frau Ulla Schmidt mit "Lenin inside" ist ja nur eine Sachwalterin und wird in ein paar Jahren weg sein. Die Ärzteschaft wird in ein Säurebad der Politik gelegt, das uns mit staatsmedizinischem Regiment als freiberufliche und eigenverantwortliche Ärzteschaft kaputtmacht. Im Hintergrund stehen schon jetzt die Heilsbringer bereit, die privaten Investoren. Wir werden durch Ausbluten unserer Praxen insuffizient gemacht. Der Reformdruck wird sehr stark und als "Retter" kommen die privaten Investoren, beispielsweise das von der Metro-Gruppe geführte Rhön-Klinikum mit Herrn Lauterbach im Vorstand. Diese Investoren werden unter gedeckelten Honoraren und mit Verantwortung für das Morbiditätsrisiko überhaupt nicht investieren. Ich prophezeie Ihnen: In den nächsten vier bis fünf Jahren wird das alles abgebaut werden, aber erst einmal muss der Arzt ausgeblutet sein.

Ich möchte Sie auf diese Perspektive hinweisen, dass wir zwar richtigerweise sagen, es handele sich um eine staatsdirigistische, an DDR und Ostblock erinnernde Form der Politik, dass das aber nicht das Ziel ist, sondern das ist für uns sozusagen ein Säurebad. Wir werden mazeriert und dann kommt das andere dahinter. Diesen Gedanken möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages: Vielen Dank, auch für dieses klare morphologische Bild. - Der nächste Redner ist Herr Dr. Windhorst, Präsident der Landesärztekammer Westfalen-Lippe.

© Bundesärztekammer 2006