Eröffnungsveranstaltung

Dienstag, 15. Mai 2007, Vormittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages und Präsident der Ärztekammer Nordrhein: Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Verleihung der Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft. Auf Beschluss des Vorstands der Bundesärztekammer, der auf dem Deutschen Ärztetag zu verkünden ist, werden jährlich mit der Paracelsus-Medaille Ärztinnen und Ärzte ausgezeichnet, die sich durch erfolgreiche berufsständische Arbeit, vorbildliche ärztliche Haltung oder hervorragende wissenschaftliche Leistungen besondere Verdienste um das Ansehen der Ärzteschaft erworben haben.

Der Vorstand der Bundesärztekammer beschloss im Dezember 2006, auf dem 110. Deutschen Ärztetag mit der Paracelsus-Medaille auszuzeichnen: Frau Dr. med. Ellen Müller-Dethard, Herrn Professor Dr. med. Bruno Müller-Oerlinghausen, Herrn Dr. med. Otto Schloßer und Herrn
Dr. med. Hans-Jürgen Thomas. Ich bitte die vier auszuzeichnenden Persönlichkeiten auf die Bühne.

(Beifall)

Die Verleihungsurkunden haben folgenden Wortlaut:

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde der um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Ellen Müller-Dethard in Hannover, Dr. med., Fachärztin für Allgemein- und Arbeitsmedizin, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Ellen Müller-Dethard eine Ärztin, die sich in mehr als 25 Jahren ihres Berufslebens als Fachärztin für Allgemeinmedizin, als Fachärztin für Arbeitsmedizin, als Personal- und Studentenärztin der Medizinischen Hochschule Hannover, als aktive Berufs- und Gesundheitspolitikerin und als Pionierin der Arbeitsmedizin in Krankenhäusern durch ihre langjährige und erfolgreiche Tätigkeit in berufspolitischen Gremien, ihr sachkundiges ehrenamtliches Mitwirken in ärztlichen Berufsverbänden und Körperschaften auf örtlicher, regionaler, Landes- und Bundesebene um die ärztliche Versorgung der Bevölkerung, die Aus-, Weiter- und Fortbildung, die Allgemein- und Arbeitsmedizin, die Ausbildungsberatung insbesondere von Arzthelferinnen, die Arbeit der Ärztekammer Niedersachsen, die studentische Ausbildung, das Gesundheitswesen und das Gemeinwohl der Bundesrepublik Deutschland besonders verdient gemacht hat.

Ellen Müller-Dethard, geb. Irmisch, wurde am 21. Septem­ber 1926 in Berlin, Alt-Moabit, als erstes Kind des Hauptmanns im Reichswehrministerium Kurt Irmisch und seiner Ehefrau Hertha geboren. Ab April 1933 besuchte sie die Grundschule in Hannover und von April 1937 bis 31. Oktober 1944 die Elisabeth-Granier-Schule in Hannover (Städtische Oberschule für Mädchen). Noch während ihrer Gymnasialzeit war sie ein halbes Jahr lang zum Arbeitsdienst verpflichtet worden; das Abitur bestand sie am 31. März 1945. Im Reifezeugnis war vermerkt worden: „Ellen will Ärztin werden.“ Am 1. Juni 1945 nahm sie ihre Tätigkeit im Pflegedienst des Krankenhauses Vinzenzstift in Hannover auf und absolvierte vom 1. Oktober 1945 bis 30. März 1946 ein Vorsemester vor Aufnahme des Medizinstudiums. Ihr Medizinstudium begann Ellen Müller-Dethard an der Universität Göttingen, wo sie von 1946 bis 1950 Medizin studierte, dieses aber aus familiären Gründen zunächst nicht beendete, weil sie nach Heirat mit dem Facharzt für Innere Medizin Dr. med. Hans-Hermann Müller-Dethard als Assistentin in Hannover eine internistische Praxis mit aufbaute, in der sie 16 Jahre lang aktiv mitarbeitete.

Nach dem frühen Tod des Ehemanns im Jahr 1966 nahm Ellen Müller-Dethard als Mutter von vier kleinen Kindern ihr seinerzeit in Göttingen begonnenes Medizinstudium wieder auf. Trotz widriger existenzieller Umstände – der Dreifachbelastung von Studium, Haushalt und alleinerziehender Mutter – legte sie am 6. Dezember 1967 an der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen ihr Staatsexamen ab. Ihre Medizinalassistentinnenzeit absolvierte sie an mehreren Kliniken in Hannover sowie in einer Facharztpraxis. Bereits knapp ein Jahr nach dem Staatsexamen wurde sie am 8. Januar 1969 an der Frauenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zum Dr. med. promoviert. Thema der Dissertation: „Ergebnisse der vorzeitigen Geburtseinleitung bei Rh-Ery­throblastose“.
Doktorvater: Prof. Dr. med. Adalbert Majewski.

Aufbauend auf ihren praktischen Kenntnissen und Erfahrungen, die sie während ihrer Medizinalassistentinnenzeit an der Frauenklinik der MHH im Krankenhaus Oststadt, am Friederikenstift, an der Unfallklinik Friederikenstift und in der Urologiepraxis von Dr. Hasche-Klünder gesammelt hatte, und nachdem sie am 2. Januar 1970 die Approbation als Ärztin erlangt hatte, erhielt sie fast zeitgleich eine Anstellung als Personal- und Studentenärztin an der Medizinischen Hochschule Hannover, wo sie schon bald zur Leitenden Personalärztin ernannt wurde. Sie war damit für die arbeitsmedizinische Versorgung und Arbeitssicherheit der Beschäftigten dieser immer mehr expandierenden Hochschule verantwortlich.

Die wachsende Bedeutung der Arbeitsmedizin auch im Hochschulbetrieb erkannte sie sehr schnell. Ihrem Einsatz und ihrer Zielstrebigkeit ist es zu verdanken, dass die Funktion des Personalarztes ausgebaut und zu einer professionellen Tätigkeit als Arbeitsmediziner erweitert werden musste. Die betriebsmedizinische Versorgung des Personals und die Wahrnehmung der damit verbundenen Aufgaben der Arbeitssicherheit wurden aus dem Nichts durch Ellen Müller-Dethard zu einer vorbildlichen und allseits anerkannten Einrichtung entwickelt. Ellen Müller-Dethard war als Pionierin der Arbeitsmedizin an Krankenhäusern prägend. Hier konnte sie sich mit all ihren Erfahrungen und Fähigkeiten einbringen; sie war im Laufe der Jahre aufgrund ihres beispielgebenden Einsatzes, ihrer tatkräftigen Anteilnahme und ihrer menschlichen Verständnisbereitschaft zu einer Vertrauensperson „par excellence“ geworden.

Weitere berufliche Qualifikationen waren für sie mehr als nur eine berufliche Verpflichtung: Am 29. Dezember 1972 erhielt sie nach erfolgreicher Weiterbildung die Anerkennung als Ärztin für Allgemeinmedizin und am 13. Januar 1975 die Zusatzbezeichnung „Arbeitsmedizin“. Am 1. April 1980 erhielt sie die Facharztanerkennung als Ärztin für Arbeitsmedizin. Damit verbunden war die Ermächtigung zur Durchführung der Einstellungs- und Überwachungsuntersuchungen nach der Strahlenschutz- und Röntgenschutzverordnung. Ihr Arbeitsfeld erweiterte sich vor allem nach Inkrafttreten des sogenannten Arbeitssicherheitsgesetzes (1974). Die Ermächtigung zur Weiterbildung für das Gebiet Allgemeinmedizin erhielt sie 1980. Als Ärztin für Arbeitsmedizin hat sie viele junge Kolleginnen und Kollegen zu Arbeitsmedizinern weitergebildet. In der Prüfungskommission der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) für das Gebiet Arbeitsmedizin war sie als bewährte und objektive Prüferin anerkannt und regelmäßig eingesetzt. 1976 wurde sie aufgrund ihrer Erfahrungen und Kenntnisse zur Betriebsärztin der Hochschule nach dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt. Im März 1975 wurde sie zur Vertrauensärztin für die MHH nach Maßgabe der §§ 9 bis 11 des Niedersächsischen Beamtengesetzes bestellt.

Ellen Müller-Dethard war eine der ersten Fachärztinnen für Arbeitsmedizin, der es gelang, auch die Krankenhäuser für den Arbeitsschutz, die Arbeitssicherheit und die betriebsmedizinischen Notwendigkeiten zu gewinnen und zu verpflichten. Mit viel Engagement hat sie in Wort und Schrift dazu beigetragen, die Arbeitsmedizin im Krankenhaus zu fördern. So initiierte sie auch einen Arbeitskreis „Arbeitsmedizin im Krankenhaus“ und wirkte in diesem bei zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen und wissenschaftlichen Kongressen als Referentin mit. Als Leitende Personalärztin der MHH war sie ausgleichend und verstand es, das Spannungsfeld zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen zu überbrücken und Konflikte zu lösen.

Trotz ihrer hohen Arbeitsbelastung mit leitender arbeitsmedizinischer Verantwortung für mehrere Tausend Angestellte und Hochschullehrer an der MHH war es für sie selbstverständlich, sich frühzeitig und erfolgreich den ebenso aufopferungsvollen Anforderungen in der ärztlichen Selbstverwaltung und den Körperschaften zu stellen. Auch in Verbänden wirkte sie aktiv mit; so war sie Zweite Vorsitzende der Gruppe Hannover im Deutschen Ärztinnenbund e. V. Die wichtigsten Stationen ihres berufspolitischen, ehrenamtlichen Engagements: 1981 bis 1994 Vorstandsmitglied der Ärztekammer Niedersachsen (Bezirksstelle Hannover); von 1984 bis 1994 Leitung des Referats Arzthelferinnen-Ausbildung auf Bezirksebene, ab 1984 mit verschiedenen Funktionen auf diesem Gebiet auf Landes- und Bundesebene; Delegierte des Deutschen Ärztetages für die Ärztekammer Niedersachsen von 1987 bis 1993 und Beisitzerin im Vorstand der ÄKN von 1990 bis 1994, der damals vom heutigen Ehrenpräsidenten Prof. Dr. med. Heyo Eckel geführt wurde.

Die gleichzeitige Tätigkeit als Personal- und Studentenärztin der Hochschule in Hannover und in den Gremien der Ärztekammer brachte es mit sich, dass Ellen Müller-Dethard zur Botschafterin der guten und fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen der Hochschule und der Ärztekammer wurde. Sie war damals die erste und einzige Ärztin im Vorstand der Ärztekammer Niedersachsen.

Ihr tatkräftiger, unermüdlicher Einsatz, ihre große Verantwortungsbereitschaft und ihr Engagement für die nachrückende Ärztegeneration und ihre Kolleginnen und Kollegen brachten ihr Ehrenämter, Funktionen und Mandate auf regionaler und überregionaler Bühne ein: So war sie Mitglied der Ständigen Konferenz der Bundesärztekammer „Medizinische Fachberufe“ und stellvertretendes Mitglied der Bundesärztekammer-Konferenz „Ärztinnen“. Gefragt waren ihr Einsatz und ihr Rat auch als Vorsitzende des Berufsbildungsausschusses der Ärztekammer Niedersachsen und als Mitglied des Landesausschusses für Jugendarbeitsschutz beim Niedersächsischen Sozialministerium (Hannover). Außerdem gehörte sie dem Beirat des Präsidiums der Niedersächsischen Akademie für Homöopathie und Naturheilverfahren e. V., Celle, an. Sie war seit 1974 Mitglied des Beirats der Gesellschaft der Freunde der Medizinischen Hochschule Hannover e. V. und von 1991 bis 1995 stellvertretende Vorsitzende dieser Gesellschaft. Seit 1. Juli 1985 war sie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Jugendarbeitsschutz beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hannover. Seit 1986 war sie Mitglied der Expert Advisory Panel on Occupational Health der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für das Fachgebiet Arbeitsmedizin.

Stets war sie in den Gremien auf Fortschritt und Weiterentwicklung bedacht; sie leistete vor allem in den Berufsbildungsausschüssen der Ärztekammer, insbesondere im Zusammenhang mit dem Referat „Arzthelferinnen-Auszubildende“, Vorbildliches und Bewundernswertes. Ihre hohen fachlichen Qualifikationen führten zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit bei der Lösung der gemeinsamen Probleme der Ärzteschaft und zu einer besseren Verbindung der Ärztekammer mit der Hochschule in Hannover.

Das vielfältige und erfolgreiche Engagement brachte Ellen Müller-Dethard zahlreiche Auszeichnungen ein, darunter das Bundesverdienstkreuz am Bande (1993) und die Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Medizinischen Hochschule Hannover (1995). Bereits anlässlich ihres 60. Geburtstags wurde sie in Würdigung ihrer Verdienste um die ärztliche Versorgung und die Förderung des Ansehens des Arztberufs mit der Verleihung der Ehrenplakette der Ärztekammer Niedersachsen geehrt.

Ellen Müller-Dethard hat sich durch ihren unermüdlichen, zielstrebigen Einsatz als Ärztin für Allgemein- und für Arbeitsmedizin, durch ihre Pionierarbeit beim Aufbau des Betriebsärztlichen Dienstes an der Medizinischen Hochschule Hannover, durch ihren professionellen Einsatz in der Aus-, Weiter- und Fortbildung, durch ihre bleibenden Verdienste bei der Förderung der Arbeitsmedizin im Krankenhaus, als Leiterin des Referats „Arzthelferinnen-Ausbildung“ der Ärztekammer Niedersachsen, als Mitglied von Gremien der ärztlichen Körperschaften um die ärztliche Versorgung, die Förderung der Arbeits- und Betriebsmedizin, den Personal- und Studentenärztlichen Dienst der Medizinischen Hochschule Hannover, das Gesundheitswesen, die ärztliche Selbstverwaltung und um das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

110. Deutscher Ärztetag in Münster, 15. Mai 2007, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Bruno Müller-Oerlinghausen in Berlin, Prof. Dr. med., Facharzt für Klinische Pharmakologie und Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Bruno Müller-Oerlinghausen einen Arzt, Wissenschaftler, Klinischen Psychopharmakologen, Hochschullehrer, engagierten Aus- und Fortbilder, wissenschaftlichen Politikberater und den langjährigen Vorsitzenden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, der sich in seiner fast 35 Jahre währenden Tätigkeit als Facharzt für Klinische Pharmakologie und Pharmakologie sowie Toxikologie, als Professor an der Psychiatrischen Klinik der Freien Universität Berlin um die medizinische Versorgung der Patienten, die Pharmakologie, die Ausbildung der Studenten, die Weiter- und Fortbildung, die Wissenschaftspolitik, um die ärztliche Selbstverwaltung und das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland besonders verdient gemacht hat.

Bruno Müller-Oerlinghausen wurde am 17. März 1936 in Berlin als Sohn des Bildhauers Berthold Müller-Oerlinghausen und seiner Ehefrau Emely, geb. Sturm, geboren. Während des Zweiten Weltkriegs und mit Beginn der schweren Angriffe auf Berlin verzog die Familie von Berlin-Charlottenburg nach Kressbronn am Bodensee. Dort besuchte Bruno Müller-Oerlinghausen die Volksschule. 1945 wechselte er zum Humanistischen Gymnasium in Lindau/Bodensee. Einer seiner frühen Mentoren während der Schulzeit war Hellmut Becker, der spätere Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildung und Forschung in Berlin, der sich für einen Wechsel vom Lindauer Gymnasium zum Landeserziehungsheim „Birklehof“ in Hinterzarten im Schwarzwald einsetzte. Dort bestand Bruno Müller-Oerlinghausen im Frühjahr 1954 das Abitur. Im gleichen Jahr nahm er an der Universität Göttingen sein Chemiestudium auf, das er jedoch bald zugunsten der Psychologie aufgab. Er interessierte sich während dieser Zeit auch intensiv für philosophische Fragen, einschließlich der modernen Logik. Während seines Studiums an der Universität Göttingen wechselte er an die Medizinische Fakultät, um sein Medizinstudium zu beginnen. Dieses setzte er an den Universitäten München, Frankfurt am Main, Freiburg und an der Freien Universität Berlin fort, wo er am 19. April 1962 das Staatsexamen erfolgreich ablegte. An der Universität Freiburg hatte er bei dem Psychiater Prof. Dr. med. Albert Derwort seine Dissertation mit dem Thema „Beitrag zum Problem des Exhibitionismus“ begonnen; die Promotion schloss er am 6. Mai 1965 mit dem akademischen Grad Dr. med. ab. Die Approbation als Arzt erhielt er am 31. Dezember 1964.

Bereits während dieser Zeit interessierte er sich sehr für Fragen der Pharmakologie, die später der Schwerpunkt seines akademischen Wirkens und seiner wissenschaftlichen Forschung wurde. Seine Medizinalassistentenzeit begann er 1962 an verschiedenen Krankenhäusern und Kliniken in Berlin, wo er erste Einblicke in die klinische Praxis, den Forschungsbetrieb und die Krankenversorgung erhielt. Praktische Erfahrungen mit dem „Medizinbetrieb“ ließen für ihn eine klinische Laufbahn zunächst undenkbar erscheinen. Bruno Müller-Oerlinghausen entschloss sich zur Aufnahme einer Weiterbildung in der experimentellen Pharmakologie am Pharmakologischen Institut der Universität Göttingen unter Leitung von Prof. Dr. med. Ludwig Lendle. Als wissenschaftlicher Assistent an diesem Institut erwarb Müller-Oerlinghausen von 1964 bis 1969 breite Kenntnisse experimenteller Methoden und praktischer Verfahren.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. med. Arno Hasselblatt forschte er unter anderem über hepatische Entgiftungsvorgänge und deren Beeinflussung durch Diabetes mellitus. Dieser Interessen- und Forschungsschwerpunkt brachte Bruno Müller-Oerlinghausen in engen Kontakt zu dem Göttinger Diabetologen Prof. Dr. med. Werner Creutzfeldt, der auch Korreferent seiner Habilitationsschrift wurde. Er erhielt 1969 die Venia Legendi im Fach Pharmakologie und Toxikologie. Thema der Habilitationsschrift: „Arzneimittelstoffwechsel bei diabetischen Tieren“. Seine Weiterbildung schloss er am 29. September 1971 mit der Anerkennung als Facharzt für Pharmakologie ab. Bereits während seiner Tätigkeit an der Universität Göttingen interessierte er sich für die Arbeit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, eines Fachausschusses der Bundesärztekammer, zu deren Vorstandsmitglied damals auch sein „Chef“, Prof. Dr. med. Ludwig Lendle, gehörte.

Nachdem sich seine Bestrebungen, bei der Firma Schering AG, Berlin, eine psychopharmakologische Arbeitsrichtung aufzubauen, zerschlagen hatten, stand der Entschluss von Müller-Oerlinghausen fest, Klinische Pharmakologie auf einem relativ neuen Feld der sich rasch entwickelnden Psychopharmakologie intensiver zu betreiben. Er bewarb sich als wissenschaftlicher Assistent an der Psychiatrischen Klinik der Freien Universität Berlin unter ihrem damaligen Direktor Prof. Dr. med. Hanns Hippius. Seiner Tätigkeit in Berlin ging sein Dienst für die deutsche Entwicklungshilfe voraus. Als Experte war er im Auftrag der Bundesregierung ab 1969 für zwei Jahre in Bangkok (Thailand) wissenschaftlich-praktisch tätig. Er arbeitete an einem staatlichen Forschungsinstitut und baute ein pharmakologisches Labor auf, das sich mit der Untersuchung der traditionell phytotherapeutisch orientierten thailändischen Medizin befasste. Anschließend unterrichtete er und hielt Gastvorlesungen an der Universität von Bangkok.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland (1971) begann er seine berufliche und wissenschaftliche Karriere als Assistent an der Psychiatrischen Klinik der Freien Universität Berlin unter dem neu berufenen Direktor der Klinik, Prof. Dr. med. Hanfried Helmchen. Mit diesem Wissenschaftler publizierte Bruno Müller-Oerlinghausen vor allem über Probleme der Medizinethik. Während seiner praktisch-psychiatrischen Weiterbildung hatte
Müller-Oerlinghausen immer wieder versucht, pharmakologische Ansätze in die ärztlichen Abläufe der Klinik zu integrieren und eine Synthese von pharmakologischem und klinisch-psychiatri­schem Denken und Handeln vorzuexerzieren.

1975 wurde er auf eine C-3-Professur für Klinische Psychopharmakologie an der FU Berlin berufen. Damit war der Schwerpunkt seiner weiteren wissenschaftlichen Tätigkeit in der Behandlung affektiver Erkrankungen, insbesondere von Depressionen, vorgeprägt. Die Berliner Professur war die erste für Klinische Psychopharmakologie in Deutschland. Die von ihm gegründete Forschergruppe hat über ein Vierteljahrhundert weltweit anerkannte und bahnbrechende Entwicklungen vorangetrieben. Die leitende Zielvorstellung von
Müller-Oerlinghausen entsprach einem von der Weltgesundheitsorganisation für die Realisierung von klinischer Pharmakologie vorgeschlagenen Modell, wonach der Klinische Pharmakologe in der Lage sein sollte, auch spezialisiert klinisch tätig zu werden, also klinisch-pharmakologische Forschung und Weiterbildung an einer klinischen Institution zu betreiben.

Bruno Müller-Oerlinghausen baute Laborbereiche auf und übernahm schon bald eine Spezialambulanz für die Langzeitbehandlung depressiver Patienten (Berliner Lithium-Katamnese). Seine jahrzehntelange intensive und erfolgreiche Forschertätigkeit spiegelt sich in mehr als 600 Publikationen, Fachartikeln, Buchbeiträgen und Büchern sowie in von ihm herausgegebenen Sammelwerken wider. Während dieser Zeit hat er sich im nationalen und internationalen Rahmen für moderne Methoden von Studien zur Wirkung von Psychopharmaka am Menschen eingesetzt, Weiter- und Fortbildung praktiziert und zahlreiche klinische Studien und akademische Arbeiten selbst betreut. Bei der forschenden pharmazeutischen Industrie, bei Spitzenorganisationen der Ärzteschaft und deren Körperschaften waren und sind sein Rat und seine praktische Kooperationsbereitschaft hoch geschätzt. Sein wissenschaftlicher Impetus, seine Kreativität und seine außerordentliche Produktivität trugen dazu bei, dass seine Forschungsergebnisse in die Praxis umgesetzt und in die ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung transferiert wurden.

International bekannt wurde Bruno Müller-Oerlinghausen insbesondere durch seine jahrzehntelange Beschäftigung mit fast sämtlichen Aspekten von Lithium, jenem leichtesten Alkalimetall, dessen biologisch-medizinische Eigenschaften ihn als Pharmakologen und Psychiater stets fasziniert haben. Er beschäftigte sich intensiv mit der klinischen Wirksamkeit, den potenziellen Wirkmechanismen, den Langzeiteffekten und der sicheren Handhabung dieses Elements. Seit 1973 hat er sich in mehr als 170 Fachaufsätzen in wissenschaftlichen Zeitschriften und Buchkapiteln diesem Spezialthema gewidmet. Er hat zusammen mit anderen Wissenschaftlern sowohl das erste deutsche Standardwerk zur Lithiumtherapie in zwei Auflagen herausgegeben als auch kürzlich ein englischsprachiges Werk, das eine seit Jahrzehnten nicht existierende aktuelle Darstellung aller Aspekte der Lithiumtherapie beinhaltet.

Bruno Müller-Oerlinghausen war Mitgründer einer internationalen Forschergruppe „International Group for the Study of Lithium Treated Patients (IGSLI)“, deren Vorsitzender er lange Zeit war. Sein unermüdlicher Einsatz für die Berücksichtigung der von ihm wissenschaftlich untersuchten und inzwischen durch viele andere Autoren bestätigten suizidverhütenden Wirkung einer Lithium-Langzeittherapie wurde durch die American Foundation for Suicide Prevention mit der Verleihung des Research Award 2004 in New York gewürdigt. Während dieser Zeit entstand bereits vor der Wiedervereinigung eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Kooperation mit der neurobiologischen Forschergruppe an der Psychiatrischen Klinik der Charité zu Berlin unter deren damaligem Direktor, Prof. Dr. med. Ralf Uebelhack.

Die Teilgebietsbezeichnung „Klinische Pharmakologie“ wurde ihm 1980, die neu eingeführte Anerkennung als „Facharzt für Klinische Pharmakologie“ 1991 erteilt.

Die große anerkannte wissenschaftliche Reputation Bruno Müller-Oerlinghausens brachte ihm unter anderem die Präsidentschaft der Arbeitsgemeinschaft für Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie der deutschsprachigen Länder (1983 bis 1987) ein; ebenso war er Mitglied internationaler wissenschaftlicher Gremien und Berater der Bundesregierung sowie Vorstandsmitglied des Kompetenznetzes Depression und des von ihm mitgegründeten „Verbundes Klinische Pharmakologie Berlin/Brandenburg“. Er war von 1975 bis 2002 Chefredakteur der Zeitschrift „Pharmacopsychiatry“ und ist seit Jahren Autor des vom Bundesforschungsministerium unterstützten „Arzneiverordnungsreports“.

Neben seinen hauptberuflichen Aufgaben als akademischer Lehrer und Forscher (er wurde im März 2001 pensioniert) hat er sein Wissen und seine Erfahrung auch in Beratungsgremien eingebracht und diese geleitet. So war er von 1985 bis 1995 Vorsitzender der Aufbereitungskommission für den Alt-Arzneimittelmarkt B 3 am seinerzeitigen Bundesgesundheitsamt. Zuständig war die Kommission für die Fachgebiete Neurologie, Psychiatrie und Anästhesiologie. Bereits 1983 ist er zum Vorstandsmitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft der Bundesärztekammer berufen worden, deren Vorsitz er von 1994 bis Ende 2006 ununterbrochen, durch drei Wiederwahlen bestätigt, innehatte. Die lange Periode der fundierten und engagierten Arbeit in der Arzneimittelkommission trägt deutlich die Handschrift Müller-Oerlinghausens. In seine Zeit als Vorsitzender der Kommission (ab 1994) fallen die Neuorganisation und Neuausrichtung dieses wissenschaftlichen Beratungsgremiums der Bundesärztekammer. Er sorgte für hart erkämpfte Neuerungen, wie etwa die Herausgabe der inzwischen vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin, Berlin, zertifizierten Leitlinien und darauf basierenden Patientenbroschüren, aber auch fruchtbringende ärztliche Fortbildungsveranstaltungen.

Besondere Verdienste erwarb sich Bruno Müller-Oerlinghausen auch um das Werk „Arzneiverordnungen“ und das Bulletin „Arzneiverordnung in der Praxis“. Auf seine Initiative gehen viel beachtete, oftmals kritische Memoranden zurück, insbesondere auch zu den sogenannten besonderen Therapierichtungen. Auch bei der Beratung der Novellen zum Arzneimittelgesetz und bei Hearings der Bundesregierung hat sich Müller-Oerlinghausen aktiv und sachkundig eingeschaltet. Für seine besonderen Verdienste um die ärztliche Fortbildung zeichnete ihn die Bundesärztekammer anlässlich seines 70. Geburtstags am 9. März 2006 mit der Ernst-von-Bergmann-Plakette aus.

Bruno Müller-Oerlinghausen hat sich nach fast 35-jähriger, höchst erfolgreicher beruflicher Tätigkeit an der Psychiatrischen Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin als Wissenschaftler und Hochschullehrer, als professioneller Aus-, Weiter- und Fortbilder, als ein Pionier der Klinischen Psychopharmakologie, als Gründer und Leiter von interdisziplinären Forschergruppen, als Experte und wissenschaftlicher Berater sowie als Politikberater und als langjähriger Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft um die ärztliche Versorgung, die pharmakologische Forschung, die akademische Aus- und Weiterbildung, die Wissenschaft, die Politikberatung, die Gesundheitspolitik und die Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

110. Deutscher Ärztetag in Münster, 15. Mai 2007, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Otto Schloßer in Stephanskirchen, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Arbeitsmedizin, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Otto Schloßer einen Arzt, der sich in 40 Jahren seines aktiven Berufslebens und seines nunmehr 54 Jahre währenden berufspolitischen Engagements als Kommunal- und Gesundheitspolitiker, Sachverständiger in fachärztlichen Gremien und professioneller Fortbilder um die medizinische Versorgung der Patienten, die Weiter- und Fortbildung, die Qualitätssicherung in der Medizin und durch seine langjährige Tätigkeit in berufspolitischen Gremien, vor allem der Ärzteschaft, um die ärztliche Selbstverwaltung, das Gesundheitswesen und das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht hat.

Otto Schloßer wurde am 28. August 1921 in Geiging, Gemeinde Rohrdorf, Landkreis Rosenheim (Oberbayern), als Sohn des Automechanikers Otto Schloßer und seiner Ehefrau Amalie, geb. Schratzlseer, geboren. In Rosenheim, wohin die Familie 1923 verzog, besuchte er von 1927 bis 1931 die Knabenvolksschule und von 1931 bis 1939 das Humanistische Gymnasium. Dort bestand er im Frühjahr 1939 die Reifeprüfung (Abitur). Von April bis September 1939 war er dienstverpflichtet im Reichsarbeitsdienst Haspelmoor. Im Wintersemester 1939/40 begann Otto Schloßer an der Medizinischen Fakultät der Universität München sein Medizinstudium; die ärztliche Vorprüfung legte er im Januar 1941 ab. Im Februar desselben Jahres wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Am Russland-Feldzug nahm er beim Infanterieregiment 62 (Landshut) teil. Danach wurde er zur Sanitätsersatzabteilung 7 nach Miesbach/Oberbayern abkommandiert, wo er bis 1942 als Ausbilder tätig war.

Im April 1942 wurde Otto Schloßer an die Militärärztliche Akademie nach Berlin versetzt, wo er im Sommersemester 1942 sein Medizinstudium fortsetzte. Von Juli bis November 1942 war er erneut als Hilfsarzt an der Ostfront tätig. Nach seiner Rückkehr studierte er im Wintersemester 1942/43 an der Universität Würzburg, um danach wieder an die Universität München als Medizinstudent zu wechseln. Im Frühjahr 1944 wurde er nach Berlin zurückversetzt. Das medizinische Staatsexamen absolvierte er an der Universität in Berlin Anfang 1945 erfolgreich. Am 15. Februar 1945 erhielt er die Bestallung als Arzt. Im Anschluss daran wurde er an die Chirurgische Abteilung des Reservelazaretts Rosenheim, einem Teillazarett des Städtischen Krankenhauses, versetzt, wo er vom 1. März bis zu dessen Auflösung am 31. August 1945 tätig war. Am 26. Februar 1945 wurde Otto Schloßer an der Universität München zum Dr. med. promoviert. Thema der Dissertation: „Beitrag zur Kenntnis des neurofibrillen Bildes subcorticaler Ganglien (Thalamus und Corpus striatum)“. Damaliger Dekan: Prof. Dr. med. habil. Alfred Wiskott, ordentlicher Professor der Kinderheilkunde.

Danach begann Otto Schloßer seine internistische Weiterbildung an verschiedenen Kliniken in Oberbayern. Vom 1. September 1945 bis zum 30. April 1952 arbeitete er als Assistenz- und Stationsarzt in der Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses Rosenheim (Chefarzt: Dr. med. Albert Erras). Am Ende dieser Beschäftigung war er ständiger Vertreter des Leitenden Arztes. Die Anerkennung als Facharzt für Innere Krankheiten wurde ihm am 22. Dezember 1950 erteilt.

Bereits kurz nach Auflösung des Reservelazaretts in Rosenheim im September 1945 wurde er Mitglied des Ärztlichen Kreisverbands Rosenheim. Am 1. Mai 1952 verließ er das Krankenhaus Rosenheim, um sich in der Stadt als Internist in eigener Praxis niederzulassen. Bereits Anfang der 50er-Jahre begann das ehrenamtliche, sachverständige Engagement
Otto Schloßers auf regionaler, Landes- und Bundesebene und sein kommunalpolitisches Wirken. Bereits 1952 wählten ihn die Rosenheimer Ärzte zum Vorsitzenden des Ärztliches Kreisverbands, ein Amt, das er bis 1988 ununterbrochen innehatte.

Erstmals ist er 1954 zum Delegierten der Bayerischen Landesärztekammer, München, gewählt worden. Von 1967 bis 1991 gehörte er dem Vorstand dieser Landesärztekammer an. Sein Engagement auf regionaler und Landesebene brachte ihm auch Mandate auf Bundesebene ein. So war er Delegierter der Bayerischen Landesärztekammer bei zahlreichen Deutschen Ärztetagen; er gehörte mehrere Wahlperioden dem Vorstand der Deutschen
Akademie der Gebietsärzte, eines Fachausschusses der Bundesärztekammer, an. In den Selbstverwaltungsgremien der ärztlichen Körperschaften auf Landes- und Bundesebene interessierte er sich insbesondere für Fragen der ärztlichen Weiter- und Fortbildung; so gehörte er dem Weiterbildungsausschuss auf Landesebene und der Sonographie-Kommission an.

Bereits 1956 hatte er die ersten ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen im Chiemgau zusammen mit den Ärztlichen Kreisverbänden der Region organisiert und geleitet. Außerdem hat er mehrere Jahre die Kolloquien für Sonographie und Computertomographie in der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, München, geleitet. Maßgeblich war er am Auf- und Ausbau der Qualitätssicherung in der Radiologie und in der Labordiagnostik beteiligt. Überhaupt war die Weiterentwicklung der Qualitätssicherung sein besonderes Anliegen.

Bereits während der ersten Jahre seiner ärztlichen Tätigkeit und seines berufspolitischen Wirkens engagierte sich Otto Schloßer auch in der Kommunalpolitik. In den 50er-Jahren – bis zu seinem Umzug in den Landkreis Rosenheim – war er Stadtrat (für die CSU) in Rosenheim. Die Planung und Organisation des Neubaus des Städtischen Krankenhauses Rosenheim wurden von ihm wesentlich beeinflusst und durch seine profunden ärztlichen Kenntnisse und seine klinischen Erfahrungen geprägt. Dem Bezirkstag Oberbayern gehörte er ab 1970 für zwei Legislaturperioden als Mitglied an. Sein ärztlicher Sachverstand, seine Kompetenz und sein unermüdlicher Einsatz trugen wesentlich zur Verbesserung der Anstaltspsychiatrie in Oberbayern bei. Er schöpfte alle gebotenen Möglichkeiten aus, richtungweisend der Psychiatrie zum Wohle der Patienten Impulse zu geben. Auch in Wahrnehmung seiner beiden kommunalpolitischen Mandate hat sich der Realpolitiker Schloßer aus seiner ärztlichen Verantwortung heraus und auf der Basis seines hohen ethischen Anspruchs für die ärztliche Versorgung der Bevölkerung und die individuelle Betreuung der Patienten eingesetzt. Stets hat er öffentliche Interessen, gesundheitspolitische Erfordernisse und deren Realisierbarkeit abgewogen.

Darüber hinaus hat er sich gesundheitspolitisch in Gremien der CSU engagiert. So hat er seit der Gründung des Gesundheitspolitischen Ausschusses in diesem aktiv mitgearbeitet. Zahlreiche gesundheitspolitische Initiativen gehen auf Schloßers Initiative zurück. Viele seiner Ämter füllte er mit großem Verantwortungsbewusstsein und Sorgfalt aus. Er gab sein Wissen und Können auch an jüngere Kolleginnen und Kollegen und vor allem auch in der kommunalen Gesundheitspolitik weiter.

Von 1974 bis 1978 gehörte Otto Schloßer dem Bayerischen Landesgesundheitsrat an, von 1974 bis 1978 als dessen Vorsitzender; eine dem Gemeinwohl verpflichtete Aufgabe, die seine gesamte Lebensauffassung und sein dem Gemeinwohl verpflichtetes Handeln widerspiegelt.

Als praktizierender Kassenarzt war Otto Schloßer auch in den Gremien der Kassenärzteschaft über die Maßen engagiert. Bereits 1956 wurde er zum Mitglied der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns gewählt. Von 1971 bis 1975 war er Vorsitzender der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Im Januar 1976 ist er als mit seiner Heimat sehr verwurzelter Arzt zum Vorsitzenden der Bezirksstelle Oberbayern der KVB gewählt worden. In seiner Hei­matregion trug er wesentlich zur ständigen Verbesserung der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung bei. Von 1976 bis 1981 war er Vorstandsmitglied der KVB (1992 ist er zum Ehrenvorsitzenden dieser Bezirksstelle ernannt worden). Sein besonderes Interesse galt der Qualitätsverbesserung und der kollegialen Fortbildung als eine der ureigensten ärztlichen Pflichten eines jeden Arztes und Berufspolitikers.

Besonders hat er sich der Arbeit in der Sonographie-Kommission der Bezirksstelle Oberbayern verschrieben. Sein großes Fachwissen und seine allzeit geschätzte Dialogbereitschaft kamen auch bei seinem unermüdlichen Einsatz in der ärztlichen Fortbildung zum Tragen. Bereits 1956 ist durch seine Initiative die „Ärztliche Fortbildung im Chiemgau“ gegründet und zu einem Markenzeichen entwickelt worden. Die Fortbildungseinrichtung von vier Ärztlichen Kreisverbänden (Rosenheim, Bad Aibling, Bad Reichenhall und Laufen) ist ein wegweisendes, erfolgreiches Modell der überregionalen Fortbildung.

Nicht nur auf lokaler, Kreis- und Landesebene, sondern auch auf Bundesebene konnte Otto Schloßer Akzente setzen. Ihm wurden als Ausdruck des Dankes zahlreiche Würdigungen und hohe Ehrungen zuteil: 1980 verlieh ihm der Vorstand der Bundesärztekammer in Würdigung seines langjährigen engagierten Einsatzes in der ärztlichen Fortbildung die Ernst-von-Bergmann-Plakette – auch in Würdigung seiner viele Jahre währenden Mitgliedschaft und als stellvertretender Vorsitzender der Akademie der Gebietsärzte der Bundesärztekammer und Mitglied der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. 1978 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland; seit 1984 ist er Träger des Verdienstkreuzes Erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Otto Schloßer hat sich durch seinen mehr als fünf Jahrzehnte währenden unermüdlichen Einsatz als Arzt, Kommunalpolitiker, ärztlicher Berufs- und Gesundheitspolitiker, Sachverständiger und Berater und gewählter Mandatsträger in der Selbstverwaltung und Gremien der ärztlichen Körperschaften um die ärztliche Versorgung, die Weiter- und Fortbildung, die Innere Medizin, die Qualitätssicherung, die Gesundheitspolitik und die Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

110. Deutscher Ärztetag in Münster, 15. Mai 2007, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

Ich hatte in Erinnerung, dass Herr Schloßer Internist ist. Er hat es mir eben auf meine Nachfrage hin bestätigt. Das sollte man unbedingt noch ergänzen. – Das meine ich völlig unpolitisch.

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Hans-Jürgen Thomas in Erwitte/Westfalen, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Hans-Jürgen Thomas einen Arzt, der sich in fast 36 Jahren seiner aktiven beruflichen Tätigkeit – zunächst als praktischer Arzt, später als Facharzt für Allgemeinmedizin, als Berufs- und Gesundheitspolitiker, als engagierter Vertreter sowohl der Interessen der Allgemein- als auch der Fachärzte – durch sein langjähriges Engagement in Verbänden der Ärzteschaft und in ärztlichen Körperschaften und Organisationen auf örtlicher, regionaler, Landes- und Bundesebene sowie im europäischen Raum um die ärztliche Versorgung, die Stärkung der Allgemeinmedizin und die hausärztliche Versorgung und insbesondere um den Hartmannbund und das freiheitliche Gesundheitswesen und das Gemeinwohl der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht hat.

Hans-Jürgen Thomas wurde am 10. Oktober 1939 als zweites Kind des Rektors Gerhard Thomas und seiner Ehefrau Veronika, geb. Speer, in Brieg/Schlesien geboren. Während der Vater in der Kriegsgefangenschaft war, floh die Familie nach Naumburg/Saale. Nach Rückkehr des Vaters aus der Kriegsgefangenschaft siedelte die Familie 1947 nach Dülmen/Westfalen über, wo der Vater eine Anstellung als Lehrer gefunden hatte. In Dülmen besuchte Hans-Jürgen Thomas die Volksschule und ab 1951 zunächst das dortige Neusprachliche Gymnasium. Nach erneutem Umzug nach Dorsten/Westfalen wechselte
Hans-Jürgen Thomas zum altsprachlichen Gymnasium Petrinum in Dorsten. Dort bestand er im Frühjahr 1961 die Reifeprüfung (Abitur). Danach leistete Hans-Jürgen Thomas in den Jahren 1961 und 1962 den Wehrdienst ab und schied nach Wehrdienst und Wehrübungen als Oberleutnant der Reserve aus der Bundeswehr aus.

Ab Wintersemester 1962/63 studierte Hans-Jürgen Thomas an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Medizin, wo er im Sommersemester 1963 die naturwissenschaftliche Vorprüfung und nach dem Sommersemester 1965 die ärztliche Vorprüfung ablegte. Ab Sommersemester 1966 studierte er an der Universität Wien und danach erneut an der Universität Münster Medizin. Am 3. Februar 1969 absolvierte Hans-Jürgen Thomas in Münster erfolgreich das Staatsexamen. Zum Dr. med. wurde Hans-Jürgen Thomas an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster am 10. Februar 1969 promoviert. Titel seiner Dissertation: „EKG-Speicherunter­suchungen bei Ergometerarbeit und 800- bzw. 400-Meter-Läufen zur Feststellung der maximal erreichten Herzfrequenzen“. Doktorvater war Prof. Dr. med. Emil Josef Klaus, der Direktor des Instituts für Sportmedizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Die Dissertation von Hans-Jürgen Thomas fußte auf der Auswertung von experimentellen Studien mit Leistungssportlern, was damals in wissenschaftlichen Untersuchungen, insbesondere im Verlauf von Dissertationen, noch nicht üblich war und einen relativ hohen Arbeitseinsatz und Zeitaufwand erforderte.

Seine ersten Einblicke in die berufliche Betätigung von Ärztinnen und Ärzten und in den „Medizinbetrieb“ gewann Hans-Jürgen Thomas im Krankenhaus in Dorsten, wo er bereits in jungen Jahren Kontakt mit kranken Menschen bekam und von den dort tätigen Klinikärzten bei seiner späteren Berufswahl stark beeinflusst wurde.

Seine klinische Weiterbildung absolvierte er nach Erlangung der Approbation als Arzt (1970) an Krankenhäusern in Münster und Beckum.

Als praktischer Arzt/Facharzt für Allgemeinmedizin war er seit 1971 bis Ende März 2006 tätig. Seine ärztliche Tätigkeit übte er zuletzt zusammen mit einer Kollegin aus. 1977 gründete er an seinem Praxisort mit Kollegen eine ärztliche Laborgemeinschaft, deren ärztlicher Leiter er von Anfang an war. Daneben war er von seinem Praxissitz aus für mehrere Unternehmen als Betriebsarzt tätig und war verantwortlich für die arbeitsmedizinische und betriebs­ärztliche Versorgung großer Belegschaften dieser Unternehmen.

Die aus seiner täglichen Berufsausübung gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen und sein ehrenamtliches Engagement in gemeinnützigen Organisationen, so beispielsweise als Bereitschaftsarzt und Vorsitzender im Deutschen Roten Kreuz, Erwitte, hat er unter starker persönlicher und zeitlicher Belastung mit Engagement und Durchsetzungsvermögen in die ärztliche Berufspolitik, in Verbände und Körperschaften eingebracht. Bereits im Jahr seines Staatsexamens und der Promotion 1969 trat Hans-Jürgen Thomas dem Hartmannbund (Verband der Ärzte Deutschlands e. V.) als Mitglied bei, ein Engagement, das seitdem mehr als 37 Jahre währt. Schon bald danach, im Jahr 1973, ist Hans-Jürgen Thomas zum Vorsitzenden des Hartmannbund-Kreisvereins Soest gewählt worden, ein Amt, das er bis Ende 2005 innehatte. Bereits wenig später wurde er zum Vorsitzenden des Landesverbands Westfalen-Lippe des Hartmannbunds gewählt, ein Mandat, das er von 1981 bis Ende 2005 mit großem Engagement ausfüllte. Heute ist Hans-Jürgen Thomas Ehrenvorsitzender dieses Landesverbands.

Hans-Jürgen Thomas wurde erstmals 1985 zum Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands vom Bundesverband des Hartmannbunds gewählt. Bereits vier Jahre nach seinem erfolgreichen Mitwirken in den Führungsgremien des größten freien Ärzteverbands mit fachgebietsübergreifender Mitgliedschaft wurde Hans-Jürgen Thomas erstmals 1989 zum Bundesvorsitzenden des Hartmannbunds gewählt (als Nachfolger von Prof. Dr. med. Horst Bourmer †, Köln) – ein Amt, das er, durch mehrfache Wiederwahl be­stätigt, bis Oktober 2005 ununterbrochen innehatte.

Im Rahmen seiner beruflichen und vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeiten in Verbänden und Spitzengremien der Ärzteschaft hat sich Hans-Jürgen Thomas stets als überzeugter Allgemeinarzt und als konsequenter Verfechter der Freiberuflichkeit der Ärzte und deren beruflichen Unabhängigkeit erwiesen. Zahlreiche berufspolitische Initiativen, Programmentwürfe und gutachtliche Stellungnahmen sowie Fachartikel zur Reformpolitik auf Bundes- und Landesebene gehen auf seine Initiative und Autorenschaft zurück. Ihm ging es nicht nur um eine wirksame Interessenvertretung der gesamten Ärzteschaft und der „Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen“ im Sinne des Hartmannbund-Gründers Hermann Hartmann, sondern vielmehr auch und in erster Linie um die Erhaltung einer vertrauensvollen, individuellen Arzt-Patienten-Beziehung und eines leistungsstarken und qualitätsgesicherten Gesundheitswesens.

Ein zentrales Anliegen von Hans-Jürgen Thomas während seines berufspolitischen Engagements war stets die Erhaltung eines hochstehenden medizinischen Versorgungssystems sowie die Stärkung der Allgemeinmedizin und insbesondere der hausärztlichen Versorgung – losgelöst von den immer stärker werdenden Fesseln der Sozial- und Gesundheitspolitik (die bereits der erste Nachkriegsvorsitzende des Hartmannbunds,
Dr. med. Friedrich Thieding, geißelte). Sein besonderes Engagement und sein tatkräftiger Einsatz galten der Qualifizierung von Ärztinnen und Ärzten im Bereich der palliativmedizinischen Versorgung und Betreuung schwer kranker Patientinnen und Patienten. Die Einführung eines Fortbildungszertifikats „Palliativmedizinische Grundversorgung“ im Bereich der Ärztekammer Westfalen-Lippe geht auf die Initiative von Hans-Jürgen Thomas zurück.

Sein aktives Mitwirken in den Gremien des Hartmannbunds auf örtlicher, regionaler, Landes- und Bundesebene führte zu zahlreichen weiteren berufs- und gesellschaftspolitischen Funktionen in Körperschaften und Verbänden der freien Berufe. So gehörte Hans-Jürgen Thomas von 1985 bis 2005 der Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (Münster) an. 1993 wurde er erstmals zum Vizepräsidenten der Ärztekammer Westfalen-Lippe gewählt. In diesem Amt wurde er von der Kammerversammlung, dem höchsten beschlussfassenden Organ der Kammer, in den Jahren 1997 und 2001 bestätigt. Im Kammervorstand war Hans-Jürgen Thomas viele Jahre lang Referent für das Finanzwesen; die Kammerarbeit profitierte von seinem Arbeitseinsatz und seinem unbestrittenen Sachverstand.

Auf Bundesebene vertrat Hans-Jürgen Thomas die Ärztekammer Westfalen-Lippe in der Finanzkommission der Bundesärztekammer. Von 1994 bis 2001 wirkte er als betreuendes Vorstandsmitglied im Ausschuss „Allgemeinmedizin“ der Ärztekammer Westfalen-Lippe mit – von 1998 bis 2001 als stellvertretendes Mitglied. Seit 1974 vertrat er seine „Heimat“-Kammer in Fragen der Allgemeinmedizin in der Deutschen Akademie für Allgemeinmedizin der Bundesärztekammer. Von 2002 bis 2005 war er federführend im Ausschuss „Integrierte Versorgung“ der Ärztekammer Westfalen-Lippe.

Auch als Vertreter und fairer „Anwalt“ der Kassenärzteschaft wirkte Hans-Jürgen Thomas in zahlreichen Gremien und Ausschüssen mit. So war er von 1985 bis 2001 Mitglied der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe und mehrerer Fachausschüsse. Der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gehörte er als ordentliches Mitglied von 1989 bis 1997 an. Vorstandsmitglied des Ärztevereins Lippstadt war er von 1973 bis 1979. In der kommunalen Gesundheitskonferenz des Kreises Soest vertrat er die Westfälisch-Lippische Ärztekammer seit 1998 und engagierte sich auch dort für ein freiheitlich organisiertes Gesundheitswesen. Ebenfalls seit 1998 gehörte er dem Lenkungsausschuss für die externe vergleichende Qualitätssicherung an, der zunächst für den Landesteil Westfalen-Lippe und seit 2002 für ganz Nordrhein-Westfalen besteht. Seine Erfahrungen und sein tatkräftiger Einsatz in zahlreichen Gremien der „verfassten Ärzteschaft“ brachten ihm 1993 ein Mandat im Vorstand des Verbands Freier Berufe im Land Nordrhein-Westfalen e. V. (Düsseldorf) ein.

Besonders stark hat sich Hans-Jürgen Thomas für eine ganzheitliche Begleitung von Sterbenden eingesetzt. Seine Erfahrung und Mitarbeit brachte er in das Modellprojekt „Limits“ in Münster ein, das auf die Weiterentwicklung bereits bestehender Angebote und die strukturelle Absicherung einer „humanen Sterbekultur“ in Seniorenheimen ebenso wie im häuslichen Umfeld abzielt, ein Projekt, an dem die Ärztekammer Westfalen-Lippe partnerschaftlich beteiligt ist. Auf seine Initiative hin wird der von der Selbsthilfeorganisation entwickelte Notfallbogen auch über das Internetangebot der Ärztekammer in Münster allen Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung gestellt.

Seine ethischen Ziele und sein Anspruch an die Fürsorge für Not leidende Ärzte kommen dadurch zum Ausdruck, das Hans-Jürgen Thomas 1994 den Vorsitz der Hartmannbund-Stiftung „Ärzte helfen Ärzten“ übernahm. Außerdem war Hans-Jürgen Thomas von 1989 bis 2006 Vorsitzender des Kuratoriums der Friedrich-Thieding-Stiftung des Hartmannbunds. Die Hartmannbund-Haupt­versammlung im Oktober 2005 wählte ihn zum Ehrenvorsitzenden dieses Ärzteverbands. Auf supra- und internationaler Ebene war Hans-Jürgen Thomas in der Europäischen Vereinigung für Allgemeinmedizin (UEMO), von 1987 bis 1990 als Mitglied des Vorstands. Außerdem war er seit 1992 Mitglied und Delegierter des Weltärztebundes (World Medical Association), ebenso gehörte er dem Comité Permanent des Médecins Européens (CPME) an. Die 1996 von Hans-Jürgen Thomas initiierte Aktion „Europa gegen Euthanasie“ setzte sich für eine fürsorgliche Sterbebegleitung und einen respektvollen Umgang mit Schwerstkranken und Sterbenden ein. Thomas nahm eine klare ablehnende Haltung gegen jegliche Freigabe der aktiven Sterbehilfe ein (wie etwa in den Niederlanden).

Der unermüdliche Einsatz und der ungebrochene Kampf für eine demokratisch verfasste Gesellschaft und einer hochstehenden Medizin brachten Hans-Jürgen Thomas vielfältige und höchste Ehrungen ein: Bereits 1962 erhielt er die Gedenkmedaille des Landes Niedersachsen für seinen Einsatz bei der Sturmflut. 2000 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland geehrt; seit 2005 ist er Träger der Verdienstmedaille des Landesverbands des Deutschen Roten Kreuzes Westfalen-Lippe. Der Hartmannbund, Landesverband Westfalen-Lippe, ehrte ihn 2005 mit der Verleihung der Wilhelm-Berghoff-Medaille des Hartmannbund-Landesver­bands. Der Bundespräsident verlieh ihm 2006 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Der Hartmannbund (Bundesverband) zeichnete ihn im Oktober 2006 mit der Hartmann-Thieding-Medaille für sein besonderes Engagement für den Verband, für die freien Berufe und den ärztlichen Berufsstand aus.

Hans-Jürgen Thomas hat sich durch seinen unermüdlichen Einsatz als Facharzt für Allgemeinmedizin und durch seine vorbildliche Haltung als aktiver Berufs- und Gesundheitspolitiker, als engagierter Streiter für die Interessen der Haus- und Fachärzte, als Vorsitzender des Hartmannbunds auf Orts-, Kreis- und Landes- sowie Bundesebene, als Mitglied von Gremien der Ärzteschaft auf Landes- und Bundesebene, in Verbänden der freien Berufe und in den Körperschaften der Ärzteschaft um die ärztliche Versorgung der Patienten, die Erhaltung des freien Berufs und eines freiheitlichen Gesundheitswesens, die ärztliche Selbstverwaltung und um das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

110. Deutscher Ärztetag in Münster, 15. Mai 2007, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

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