Eröffnungsveranstaltung

Dienstag, 15. Mai 2007, Vormittagssitzung

Ulla Schmidt, MdB, Bundesministerin für Gesundheit: Sehr geehrter Herr Professor Hoppe! Lieber Herr Dr. Windhorst! Meine lieben Ehrengäste! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gerade gesagt: Herrn Windhorst gebührt Dank dafür, dass er den Deutschen Ärztetag so in Schwung bringt. Das erleben wir nicht bei jedem Deutschen Ärztetag, dass so viel Temperament vorhanden ist.

(Beifall)

Lassen Sie mich zunächst einmal von dieser Stelle aus der heutigen Trägerin und den heutigen Trägern der Paracelsus-Medaille meine Glückwünsche aussprechen und ihnen für die Arbeit danken, die sie bisher geleistet haben. Wir alle wissen, dass heute vieles ohne die viele auch ehrenamtliche Arbeit, die manchmal auch von denen, die professionell in den Einrichtungen der Selbstverwaltung tätig sind, geleistet wird, gar nicht möglich wäre. Deswegen herzlichen Dank.

Herr Müller-Oerlinghausen, Sie waren nicht frech, sondern Sie waren so, wie wir Sie alle kennen: ehrlich und nie von der Furcht beseelt, irgendwo auch einmal ein falsches Wort zu sagen. Auch dafür herzlichen Dank.

Ich möchte heute auch noch einem anderen danken, nämlich Herrn Professor Hoppe. Wir haben manchmal heftige Diskussionen, manchmal weniger heftige. Aber für eines möchte ich Ihnen danken, Herr Professor Hoppe: dass wir heute auf dem 110. Deutschen Ärztetag im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung den Forschungspreis verleihen konnten, als Ergebnis der Tatsache, dass die deutsche Ärzteschaft als Ganzes sagt: Wir wollen aufarbeiten, was gewesen ist, um gemeinsam dafür zu sorgen, dass so etwas nicht wieder geschieht. Dafür gebührt Ihnen auch persönlich Dank, denn es ist auch Ihr Engagement gewesen, dass es so weit gekommen ist. Herzlichen Dank!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, der Deutsche Ärztetag beschäftigt sich in diesem Jahr mit Themen, die für unsere Gesellschaft von ganz hoher Bedeutung sind, so beispielsweise mit der Kinder- und Jugendmedizin. Die Diskussionen über übergewichtige und über magersüchtige Kinder, über Vernachlässigungen und psychische Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen sind in den Medien zwar oft überzeichnet, aber wir wissen alle, dass es sich hier auch um eine Realität in unserer Gesellschaft handelt. Wir wissen, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Wir wissen das nicht erst seit dem Ersten Kinder- und Jugendsurvey des Robert-Koch-Instituts. Diese Studie zeigt uns noch einmal genau, wo die Probleme besonders dringlich sind, etwa bei chronischen Erkrankungen, bei psychischen Störungen. Die Studie zeigt uns, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien und Kinder aus Migrantenfamilien besonders häufig betroffen sind. Wir brauchen dringend zusätzliche Maßnahmen im Bereich der gezielten Prävention, der Information der Bevölkerung, der Vorsorgeuntersuchung für Kinder und Jugendliche, sodass rechtzeitig gegengesteuert werden kann.

Meine Damen und Herren, ich weiß sehr wohl, dass der Schutz der Kinder eine Aufgabe für alle ist. Trotzdem liegt eine große Hoffnung gerade auf den Ärztinnen und Ärzten; denn die Kinder- und Jugendärzte, die Hausärzte kennen häufig die Situation und das Lebensumfeld in den Familien. Ihnen bietet sich manchmal mehr als allen anderen die Chance des Zugangs zu den Familien.

Ich würde es unter diesen Gesichtspunkten sehr begrüßen, wenn bei den neuen Hausarzttarifen oder auch bei den neuen Versorgungsformen, die möglich sind, die Krankenkassen bei den Verträgen einen stärkeren Schwerpunkt auf die Einbeziehung präventiver Maßnahmen legen würden.

(Beifall)

Aber ich möchte diese Aufgabe, Kinder zu schützen, nicht auf die Ärztinnen und Ärzte abwälzen, sondern hier handelt es sich um eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Sie hat viel mit der Frage zu tun, wie wir in unserer Gesellschaft mit Gewalt in Familien umgehen; denn Gewalt gegen Kinder hat oft auch mit der generellen Gewalt in Familien zu tun. Es handelt sich auch nicht allein um eine gesundheitspolitische Aufgabe, sondern wir müssen dafür sorgen, dass erstens die Probleme der zukünftigen Eltern möglichst bereits vor der Geburt erkannt werden und auf Hilfe bei der Lösung von Problemen hingewiesen wird, dass zweitens die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen verbessert wird und dass drittens vor Ort eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Ärzten mit den öffentlichen Gesundheitsdiensten und der primär verantwortlichen Kinder- und Jugendhilfe gewährleistet ist. Der Weg, der in den letzten Jahren beschritten wurde, dass gerade im Bereich der öffentlichen Gesundheitsdienste und auch der Kinder- und Jugendhilfe massiv gekürzt wurde, darf nicht weitergegangen werden, wenn wir es ernst meinen mit der Aufgabe, Kinder und Jugendliche zu schützen.

(Beifall)

Ich stehe auch dazu, dass das Kinderfrüherkennungsprogramm stets an neue Problemlagen angepasst werden muss. Deshalb begrüße ich es sehr, dass der Gemeinsame Bundesausschuss zurzeit die Inhalte und die Struktur der Kinder- und Jugenduntersuchungen überprüft. Ich glaube, dass die Daten, die der Kinder- und Jugendsurvey uns gegeben hat, erstmals eine umfassende Grundlage bilden. Ich bin sicher, dass wir in absehbarer Zeit mit den neuen Erkenntnissen die notwendigen Veränderungen bei den Angeboten der Kinder- und Jugenduntersuchungen vornehmen können.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, darüber hinaus brauchen wir den Ausbau epidemiologischer Aussagen für die Gesamtbevölkerung. Hier wird uns die beim Robert-Koch-Institut angesiedelte Gesundheitsberichterstattung die notwendigen Daten liefern, etwa bei der Frage, in welchen Alters- und Gesellschaftsgruppen, in welchen Regionen beispielsweise verstärkt Adipositas auftritt. Eine solche epidemiologische Grundlage bietet bessere Möglichkeiten, zielgenaue Präventionsprogramme einzuleiten. Sie sollten Grundlage für die neu zu gestaltenden Verträge sein, von denen wir uns wünschen, dass wir nach und nach dazu kommen, dass im Wohnumfeld der Menschen umfassende Verträge geschaffen werden, sodass wirklich eine Versorgung aus einer Hand unter Einbeziehung aller Akteure gewährleistet werden kann.

Meine Damen und Herren, eine gesunde Lebensweise wird auch maßgeblich vom Bewegungs- und Essverhalten des Einzelnen beeinflusst. Das war der Grund, warum wir als deutsche Ratspräsidentschaft das Thema Ernähren und Bewegen zu einem Thema auch der
EU-Präsidentschaft gemacht haben und uns mit der Badenweiler Erklärung ehrgeizige Ziele gesetzt haben. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz arbeiten wir derzeit an einem nationalen Aktionsplan. Er soll zusammen mit den Ländern und Kommunen erarbeitet werden. Er soll Maßnahmen zur Prävention von Fehlernährung und Bewegungsmangel auf den Weg bringen.

Dabei geht es nicht nur um Übergewicht. Wir reden immer so, als seien Essstörungen nur eine Frage des Übergewichts. Die Tatsache, dass 30 Prozent der jungen Mädchen im Alter bis zu
17 Jahren heute an Essstörungen leiden und ein Großteil von ihnen einem Schönheitswahn verfallen, dass man noch dünner als dünn sein sollte, ist mindestens genauso gesundheitsschädlich wie Übergewicht. Deswegen müssen wir den Blick auf beide Aspekte lenken.

(Beifall)

Wir müssen im Zusammenhang mit der Ernährung auch die Frage des Bewegens mit einbringen. Wenn Sie den Kinder- und Jugendsurvey auswerten, werden Sie feststellen, dass viele Kinder nicht mehr essen als früher, aber sie bewegen sich nicht mehr, weil die Maus am Computer eine der Hauptbewegungen ist, die sie am Tag vollführen.

Das Zweite ist, dass bei vielen Kindern mindestens einmal am Tag ein Softgetränk und viel zu viel Zucker konsumiert wird. Das ist ein stärkerer Faktor als beispielsweise Fastfood. Es geht nicht darum, ein Schulfach "Ernährung" einzuführen; dahin würden die Kinder gar nicht gerne gehen. Man muss sich vielmehr mit der Frage beschäftigen: Was ist gesunde Ernährung? Wie kann man gesunde Ernährung zubereiten? Was kann ich selber tun, um mich gesund zu erhalten? Der Sportunterricht muss wieder denselben Stellenwert erhalten wie Deutsch und Mathematik. Dafür müssen wir sorgen; das ist notwendig, um hier entgegenzuwirken.

(Beifall)

Wir wollen mit dem Präventionsgesetz die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen, dass es uns gelingt, zusammen mit allen Akteuren Prävention dort stattfinden zu lassen, wo sich die Menschen aufhalten. Wir müssen es schaffen, an diejenigen Menschen heranzukommen, die wir ansonsten nicht erreichen. Sie wissen selbst: Wenn Veranstaltungen über gesunde Ernährung und über Bewegung durchgeführt werden, kommen diejenigen, die das sowieso tun wollen. Es kommen aber nicht diejenigen, die wir im Grunde genommen erreichen müssen.

Wir müssen also Strukturen haben, bei denen der Sportverein, der Hausarzt, der Kinder- und Jugendarzt, der öffentliche Gesundheitsdienst, der Kindergarten, die Schule, das Seniorenheim und andere eingebunden sind. Diese Aufgabe müssen wir gemeinsam angehen. Ich glaube, hier kommen wir am besten gemeinsam voran. Das ist wichtig. Kein Gesundheitssystem auf dieser Welt kann es sich erlauben, zukünftig schon 30-Jährige als chronisch Kranke zu haben, statt dass chronische Erkrankungen, die behandelt werden müssen, erst im Alter von 60 Jahren und darüber hinaus auftreten.

Der zweite Bereich, mit dem Sie sich beschäftigen werden, der ein Schwerpunkt dieses Ärztetages ist - der Kollege Laumann hat es schon angesprochen -, betrifft ein Thema, das in der Öffentlichkeit und in der Gesellschaft intensiv diskutiert wird. Ich meine die ethischen Aspekte der Organ- und Gewebetransplantation. Wir haben 1997 im Deutschen Bundestag mit einer breiten Mehrheit die Zustimmungslösung beschlossen. Ich persönlich halte diese Lösung für eine gute Lösung, weil sie respektiert, dass es Menschen gibt, die sich nicht mit dem Tod auseinandersetzen wollen. Die Widerspruchslösung würde jeden Menschen zwingen, sich damit auseinanderzusetzen, egal wie er am Ende dazu steht.

Ich glaube, das Problem der Organspende und deren Häufigkeit liegt nicht an der Frage "Zustimmungslösung oder Widerspruchslösung"; denn es gibt auch bei uns Regionen, in denen wir eine hohe Spendenbereitschaft haben, und andere Regionen, in denen sie weniger hoch ist. Manchmal gibt es dort, wo die Zustimmungslösung gilt, mehr Organspenden als dort, wo die Widerspruchslösung gilt.

Unser Ansatz muss lauten, die Zusammenarbeit zwischen den Transplantationszentren und den übrigen Krankenhäusern zu verbessern. Die Zahl der potenziellen Organspender ist wesentlich höher als die Zahl der tatsächlichen Organspender. Wir wissen, dass 94 Prozent der Bevölkerung gern ein Organ transplantiert bekämen, wenn es denn erforderlich wäre. Wir müssen die Menschen für die Ansicht gewinnen: Wenn ich das für mich und für meine Angehörigen gern hätte, dann muss ich meinen Teil dazu beitragen, dass das möglich ist. Wir müssen eine Antwort auf die Frage finden, wie in den Krankenhäusern mit den Betroffenen und mit den Angehörigen gesprochen wird. Meiner Meinung nach müssen wir das Gesetz also nicht ändern.

Diejenigen, die durch ihre Spende Mitmenschen das Leben retten wollen, die ihnen helfen wollen, müssen darauf vertrauen können, dass ihre Spende auch nur diesem Zweck dient. Deshalb darf und wird es mit uns in Deutschland keinen Organhandel und auch keinen Gewebehandel geben.

(Beifall)

Er ist verboten, er bleibt auch in Zukunft verboten, und es wird keine Kommerzialisierung von Organen und Geweben geben. Wir haben in den letzten Monaten darüber sehr intensiv mit dem Parlament und mit der deutschen Ärzteschaft diskutiert. Ich glaube, das, was jetzt als Gesetz auf den Weg gebracht wird, greift die wesentlichen Aspekte und zentralen Forderungen auf. Es wird an dem ersten Gesetzentwurf umfangreiche Änderungen geben. Wir regeln gesetzlich den klaren Vorrang der Organspende vor der Spende von Gewebe. Wir regeln, dass es beispielsweise für Augenhornhäute, für Herzklappen oder andere Gewebe keine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz gibt, sondern ein einfaches Genehmigungsverfahren, sodass eine Kommerzialisierung dieser Gewebe gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen und verboten ist.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir damit und mit anderen Einzelheiten, bei denen wir die Bedenken mit aufgenommen haben, nach letzten Diskussionen auch mit den Koalitionsfraktionen Wege gefunden haben, dem zentralen Anliegen auch der deutschen Ärzteschaft entgegenzukommen und die zentralen Forderungen zu erfüllen. Sie können sich darauf verlassen, dass das, was ich hier sage, auch die Meinung der Koalitionsparteien und der Mehrheit des Bundestags und des Bundesrats ist.

Meine Damen und Herren, die Medizin hat heute auch vielfältige Möglichkeiten, das Leben schwerstkranker Menschen häufig durch einen hohen Aufwand an Technik zu verlängern. Deshalb besteht bei vielen Menschen der Wunsch, für den Fall vorzusorgen, dass sie sich selber nicht mehr äußern können. Es geht um das Thema der Patientenverfügungen, über das wir diskutieren. Ich bin der Meinung, dass für alle Beteiligten, soweit es in diesem Feld überhaupt möglich ist, Rechtssicherheit erforderlich ist. Patientinnen und Patienten müssen sicher sein, dass ihrem Willen auch dann Geltung verschafft wird, wenn sie sich selber nicht mehr äußern können. Die Angehörigen, die Ärztinnen und Ärzte, die Pflegenden brauchen ebenfalls Rechtssicherheit. Deshalb halte ich es für richtig und wichtig, dass sich der Deutsche Bundestag in einer Generaldebatte des Problems der Patientenverfügungen angenommen hat. Ziel ist es, das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zu gewährleisten und dabei Rechtssicherheit für den Einzelnen, für die Angehörigen und auch für die Ärztinnen und Ärzte zu schaffen.

Über die Frage, wie das am besten geschehen kann, muss breit diskutiert werden. Jeder von uns weiß, dass jede Entscheidung mit einem Stück Unsicherheit behaftet ist. Keiner von uns weiß, ob er das, was er in einer gesundheitlich guten Verfassung entschieden hat, wirklich noch so will, wenn er schwer erkrankt ist. Deshalb wird bei aller Rechtssicherheit zum Schluss bei jedem Arzt, jeder Ärztin und auch bei den Pflegenden die Frage sein: Kann ich davon ausgehen, dass das für diese Situation wirklich so gemeint war? Wir müssen breit über die Frage diskutieren: Wie kann die Gesellschaft einen Weg finden, der für jeden die bestmögliche Sicherheit bietet? Wie können wir einen Weg finden, dass Tod und Sterben ins Leben zurückgeholt werden und nicht Tabuthemen sind, damit wir uns Klarheit über die Frage verschaffen, wie wir denn unseren Anspruch auf Humanität auch in der letzten Lebensphase realisieren?

Ich finde, es steht einer Gesellschaft sehr gut zu Gesicht, diese Probleme breit und auch ruhig kontrovers zu diskutieren, damit wir für die Mehrheit der Gesellschaft zu Entscheidungen kommen können, die den meisten ein Stück Angst nehmen und denen, die zum Schluss entscheiden müssen, ein Stück Sicherheit geben, den Willen des Betroffenen umgesetzt zu haben.

Ich glaube, wir sollten weiter diskutieren und versuchen, einen Weg zu finden, zu einer fraktionsübergreifenden Mehrheit zu gelangen. Bei diesen Dingen kann es keine Fraktionszwänge geben.

Meine Damen und Herren, im Vorfeld des Ärztetages sind - wie in jedem Jahr - Bedenken gegen die eine oder andere Neuerung durch das Wettbewerbsstärkungsgesetz vorgetragen worden. Ich will mich heute gar nicht zur Dauerkritik an der "Ökonomisierung des Gesundheitswesens" ausführlich äußern. Die Koalitionsfraktionen, die Bundesregierung und die Mehrheit der Bundesländer haben entschieden - das hat auch der Kollege Laumann noch einmal deutlich gemacht -: Wir wollen im Rahmen des europäischen Sozialstaatsmodells - anders, als es zum Beispiel im amerikanischen Sozialstaatsmodell gilt -, dass bei uns gilt, was eine tragende Säule unseres Sozialstaats bildet, nämlich dass das, was medizinisch geleistet wird, abhängig davon ist, was medizinisch notwendig ist, und dass das, was der Einzelne bezahlt, davon abhängig ist, was er bezahlen kann.

Das wollen wir umsetzen, und dazu sind Reformen notwendig. Jeder, der das verantwortlich mit auf den Weg bringt, weiß, dass wir diesen Anspruch nur dann erhalten werden, wenn wir dafür sorgen, dass das Gesundheitswesen bezahlbar bleibt. Deshalb wird es um die Frage der Qualität in der Versorgung, aber auch um die Frage der Wirtschaftlichkeit gehen müssen. Gäben wir irgendwann diese Balance auf, wäre es eine Frage der Zeit, bis alles gegen die Wand gefahren wird.

Da hat es immer einen Kampf gegeben. Da kann ich 50 Jahre zurückgehen, da kann ich 75 Jahre zurückgehen, da kann ich auf den zweiten oder den dritten Deutschen Ärztetag zurückgehen - immer hat diese Diskussion stattgefunden, natürlich jeweils unter anderen Voraussetzungen, weil sich die Gesellschaft jeweils verändert hat. Herr Dr. Windhorst, ich schmunzele immer, wenn gesagt wird: Früher war das alles besser. Ich glaube, ich habe es schon einmal auf einem Deutschen Ärztetag gesagt: Ich erinnere mich noch sehr gut, dass es zu der Zeit, als ich zwar nicht mehr Kind, aber noch Jugendliche war, beim Arzt ein Wartezimmer für die AOK-Patienten, für die Ersatzkassenpatienten und ein Wartezimmer für die Privatpatienten gab.

(Unruhe)

Ich kann mich daran erinnern, dass ich damals in einem Krankenhauszimmer mit 14 Patienten lag. Ich kann mich daran erinnern, dass wir beim Zahnarzt als Kassenpatienten keine Schmerzspritze bekamen.

(Zurufe)

Früher war nicht immer alles gut. Wir wünschen uns diese Zeiten nicht zurück, Sie auch nicht. Ich glaube, heute ist vieles besser. Wir müssen die Reformen durchführen, egal wie stark hier das Gelächter ist. Wenn nostalgisch zurückgeschaut wird, sage ich: Alle haben zu ihrer Zeit dafür streiten müssen, dass die gesundheitliche Versorgung für alle Menschen garantiert ist. Alle haben stets dafür gestritten, dass die Leistungen auch bezahlbar bleiben. Anderenfalls gibt es kein funktionierendes Gesundheitssystem. Ich glaube, das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.

(Vereinzelt Beifall)

Gerade deswegen haben wir mit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz auch zentrale Forderungen der Ärzteschaft aufgegriffen, auf die ich mich hier und heute beziehen will. Das gilt in erster Linie für die Neuordnung der ärztlichen Honorierung in der ambulanten Versorgung. Sie wissen, dass ich auf dem vorjährigen Ärztetag gesagt habe: Ich würde mich freuen, wenn die Selbstverwaltung die neue Honorierung bis zum 1. Januar 2007 auf den Weg bringen würde. Das ist nicht geschehen, also haben wir es im Gesetzgebungsverfahren aufgegriffen. Ich sage hier ganz deutlich, ohne auf Einzelheiten einzugehen: Entgegen anderslautenden Befürchtungen werden die Budgets mit den floatenden Punktwerten abgeschafft. Wir werden feste Preise innerhalb eines in der Selbstverwaltung auszuhandelnden Mengengerüstes schaffen.

(Zurufe)

- Es sagt im Übrigen fast jeder Arzt, dass man das braucht, weil er weiß, wo das sonst landen würde.

Es wird Transparenz und Kalkulationssicherheit für die einzelne Praxis geben, weil der Arzt und die Ärztin wissen, was sie für eine medizinische Leistung erhalten. Auf der regionalen Ebene können Qualität, Beteiligung an Prävention, Besonderheiten einer Region und andere Dinge berücksichtigt werden.

Die Honorarverteilungsmaßstäbe, die in fast jeder Region für Zündstoff sorgen, werden damit abgeschafft. Statt unterschiedlicher Kopfpauschalen werden alle Kassen für gleiche Leistungen gleiche Preise zahlen müssen. Für Sie entscheidend ist - deswegen kann man auch ein Mengengerüst schaffen -: Das gesamte Morbiditätsrisiko geht auf die Krankenkassen über. Im Gesetz ist verankert, dass es bei einer Ausweitung und einer Intensivierung des Krankheitsrisikos gegebenenfalls unterjährig mehr Geld geben muss.

Meine Damen und Herren, bis zum 1. Januar 2009 soll dieses Konzept entwickelt werden. Es liegt in den Händen der Partner der Selbstverwaltung, dieses auf den Weg zu bringen. Ich sage Ihnen für uns und für die Koalitionsfraktionen ganz deutlich: Wir wissen auch, dass ein solches Honorarsystem mehr Geld kostet als das heutige. Das ist nicht die Frage. Wir werden daran festhalten, dass man am besten mit Ihnen gemeinsam sucht: Wo gibt es andere Bereiche im Gesundheitswesen, bei denen man durch vernünftiges Handeln das Geld effizienter einsetzen kann, um mehr Geld für die Arbeit von Menschen mit Menschen bezahlen zu können?

Ich glaube, dass dies ein Weg ist, bei dem diejenigen, die nach vorn gehen wollen, mitgehen werden. Viele junge Menschen, mit denen ich diskutiere, und auch viele niedergelassene Ärzte sagen: Wir fänden es gut, wenn es so käme.

Wir werden alles dafür tun und die Selbstverwaltung drängen, dass es tatsächlich so kommt, wie ich es eben gesagt habe; denn das ist der Wille des Gesetzgebers. Das, was bisher von Herrn
Dr. Köhler auf den Weg gebracht wurde, zeigt, dass die Selbstverwaltung jetzt unter den neuen gesetzlichen Bedingungen sehr viel intensiver an die Implementierung und Entwicklung herangehen kann.

In diesem Zusammenhang Folgendes zu dem von vielen so geschmähten Gesundheitsfonds. Ich verstehe sowieso nicht, warum ausgerechnet die Ärzte gegen den Gesundheitsfonds sind. Sie alle klagen immer darüber - nehmen Sie einmal das Beispiel Rheinland-Pfalz; vielleicht sind hier Vertreter aus Rheinland-Pfalz -, dass bei 4,5 Prozent Beitragsunterschied durch den Wechsel der Beschäftigten von den Kassen mit höheren Beiträgen zu den Kassen mit niedrigeren Beiträgen dem System und auch dem Honorartopf ständig Geld entzogen wird. In allen Systemen, in denen es bundeseinheitliche Beitragssätze gibt, kommt das Geld auch tatsächlich an. Deshalb bedeutet ein fester Beitragssatz mit einem Steuerzuschuss, der in einigen Jahren immerhin 10 Prozent der Ausgaben des Gesundheitswesens ausmachen wird, eine Stabilisierung der Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen. Dies wird verbunden mit einem morbiditätsorientierten Ausgleich, sodass die Kassen, die mehr Kranke und mehr ältere Menschen versichern, das entsprechende Geld zur Verfügung haben, damit sie sowohl die Versorgungsangebote als auch die Morbiditätsentwicklung bei den Honoraren finanzieren können.

Dazu ist der Fonds der richtige Weg. Deshalb wollen wir diesen Weg gehen, weil wir wollen, dass wir insgesamt zu einer Stabilisierung kommen.

Meine Damen und Herren, zu einer der wichtigen Forderungen der letzten Jahre hat immer wieder der Bürokratieabbau gehört. Auch hier hat der Bundesgesetzgeber getan, was er als Gesetzgeber tun kann. Wir haben das mit den Fachleuten aus Ihren Kreisen - den Krankenhäusern, den Krankenkassen, dem Medizinischen Dienst, der niedergelassenen Ärzteschaft und allen, die dazugehören - während der Verhandlungen diskutiert.

Ich will hier einiges anführen, was geändert wurde und vielleicht noch nicht bis in die letzte Praxis gedrungen ist. Das gilt exemplarisch für das Thema Wirtschaftlichkeitsprüfung, das von Ihren Kolleginnen und Kollegen immer an mich herangetragen wurde. Wir reduzieren die Quote der Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf 5 Prozent. Wir sagen, dass die Prüfungszeit auf die letzten zwei Jahre beschränkt sein muss und nicht darüber hinausgeht. Wir sagen, dass Praxisbesonderheiten vorab geltend gemacht werden müssen und nicht mehr in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen werden können. Ich glaube, dass das schon eine ganz große Erleichterung ist hinsichtlich der Frage: Was kommt eigentlich auf mich zu? Das wird auch verhindern, dass sehr viele mit einem ganzen Anhänger voll Aktenordnern fahren müssen, weil sie sich fragen, was muss ich eigentlich alles an Daten vorhalten.

Wir haben aber auch die Einschreibungen in Chronikerprogramme, wir haben die MDK-Prüfungen auch im Krankenhaus neu geordnet. Wir haben auch Vorschriften für das Formularwesen gemacht, das Eingang findet in die Praxen und Stationen.

Wenn umgesetzt wird, was der Gesetzgeber beabsichtigt - das Gesetz ist ja erst vor gut einem Monat in Kraft getreten -, dann kann man die überbordende Bürokratie ein ganzes Stück zurückstutzen.

Wenn dann vor Ort noch das erledigt wird, was eigentlich durch Verträge der Selbstverwaltungspartner zusätzlich hereinkommt, sind wir auch hier ein ganzes Stück weiter.

Der dritte Teil ist die Qualitätssicherung. Ich glaube, dass diese Qualitätssicherung zum Aufbau einer professionellen Identität genutzt werden kann, wie es ja auch die KBV immer auf den Weg bringen will. Die KBV hat einen Kranz von Qualitätsindikatoren erarbeitet, den sie 2008 vorlegen will.

Wir haben vereinbart, dass im Krankenhaus die Daten der BQS nutzbar gemacht werden können. Wir wollen, dass Ärzte und Patienten mehr Informationen haben, welches das adäquate Krankenhaus ist.

Ich glaube, dass die Basis für die Qualität in allen Bereichen die Bereitschaft zur Kommunikation, zur Koordination und zur Kooperation ist. Wir müssen, wie es Dr. Jonitz, der im Vorstand der Bundesärztekammer Verantwortung für diese Aufgabe übernommen hat, formuliert, Betroffene zu Beteiligten machen, denn nur so kommt man voran.

Wer unvoreingenommen die Philosophie der Qualitätssicherung ein Stück weiterverfolgt, findet sich mitten in der Diskussion über die Frage: Wie definiert sich denn heute das Bild eines guten Arztes? Das belebt manches, was vielleicht vergessen wurde. Ich habe mir letztens auf Veranstaltungen Ihrer Kollegen die Darstellungen von Christoph Wilhelm Hufeland angehört. Er hat zu Beginn des 19. Jahrhunderts die erste Poliklinik gegründet. Ich erwähne das nur, damit wir wissen, dass der Gründer der Poliklinik des Sozialismus ganz unverdächtig war. Deswegen ist das auch heute noch unverdächtig, dass die MVZs dort hingehören.

Hufeland hat - darum ging es in den Veranstaltungen - die ganzheitliche Betrachtungsweise in der Medizin und bei der Organisation des Gesundheitswesens praktiziert. Er war ein guter Arzt - das ist unbestritten -, er war ein guter Verwaltungsmann, er war, wie man heute sagen würde, ein guter Manager. Er hatte Managementkompetenz, die mit Sozialkompetenz verbunden war.

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen: In einer Zeit des rasanten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels kommt keiner, der Ihren Beruf ergriffen hat, ohne diese Dinge aus. Sie wissen: Wenn heute in Ihrer Praxis oder im Krankenhaus kasachische oder afghanische Familien behandelt werden oder auch mehr Zeit benötigende Fälle auftreten, braucht der Arzt nicht nur medizinische, sondern oft auch hohe soziale Kompetenz.

Wir müssen dankbar dafür sein, dass es heute eine große Anzahl von Menschen gibt, die schwer und auch geistig behindert sind, die länger leben können. Auch da braucht der Arzt neben der medizinischen Kompetenz auch viel soziale Kompetenz.

Ich erkenne schon an, dass die Bundesärztekammer und die KBV genau auch diesen Weg gehen und sagen: Wir müssen hier entsprechend die Qualifizierung aufbauen und dies mit einer Diskussion über neue Strategien verbinden. Es ist einfach so, dass, wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, alles verändert werden muss. Diesen Spruch kennen Sie von Tancredi in Lampedusas Roman "Der Leopard".

Das bedeutet nicht: Sicherheit vor Wandel, sondern Sicherheit durch Wandel, durch neue Kooperationsformen unter den Ärzten verschiedener Fachrichtungen und in verschiedenen Einrichtungen, aber auch zwischen den Ärzten und anderen Gesundheitsberufen. Ich glaube, das ist die Basis für ein sich ständig erneuerndes Gesundheitswesen.

Jetzt sage ich etwas, was ich auch bei jungen Menschen immer sage.

(Heiterkeit)

- Ich meinte diejenigen, die in der Hochschulausbildung sind. Ich halte Sie natürlich auch für Junge. Viele wie wir sind ja junge Alte.

Die neue Zeit bietet gute Chancen für junge Medizinerinnen und Mediziner in Deutschland. Ich bitte bei allem, was man kritisieren muss, mit beiden Füßen auf der Erde zu bleiben. In welchem anderen Beruf kann man denn sicher sein, dass man sogar mehrere angebotene Arbeitsplätze hat und man nirgendwo warten muss?

(Zurufe)

- Die wollen das. Die jungen Menschen sind gar nicht so. Ich gehe nämlich in die Hochschulen und diskutiere mit den Studentinnen und Studenten. Da sind sehr viele, die den neuen Weg gehen wollen, auch in der Frage von Kooperationen. Was sie alle nicht mehr wollen, ist, dass sie sich sofort nach ihrer Ausbildung entscheiden müssen, ob sie sich mit einer sehr hohen Summe selbstständig machen. Manche wollen die neuen Kooperationsformen, sie wollen gute Arbeitszeiten, sie wollen gute Bedingungen. Dafür wollen wir sorgen, so schwierig das Ganze auch ist. Der Beruf des Arztes und der Ärztin - auch das müssen wir vermitteln - ist ein Beruf mit Zukunft in Deutschland.

(Beifall)

Deshalb müssen wir dafür werben, um wieder junge Menschen zu finden, die in die Praxis gehen, aus der Ältere herausgehen wollen.

Wir haben die Änderung der Approbationsordnung vorgenommen, wir haben den Arzt und die Ärztin im Praktikum abgeschafft. Die Kassen haben 800 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit in den Krankenhäusern neue Arbeitszeitformen umgesetzt werden können. Wir haben für junge Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeit geschaffen, Angestellte ohne finanzielles Risiko zu sein. Wir haben zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf mehr Möglichkeiten der zeitlichen Flexibilität in Medizinischen Versorgungszentren geschaffen. Wir haben die Möglichkeit geschaffen, in Praxisgemeinschaften zu arbeiten.

Die Möglichkeit, dass junge Ärzte im Krankenhaus und in der Niederlassung arbeiten können, ist eine Perspektive, die wir nach außen tragen müssen. Es entspricht doch unserem gemeinsamen Interesse, dass sich in einer älter werdenden Gesellschaft ausreichend viele junge Menschen finden, die sowohl den Beruf des Arztes als auch den Beruf des Pflegers ergreifen. Deshalb müssen wir an der Schaffung von Bedingungen arbeiten, dass sich die jungen Menschen dafür entscheiden.

(Vereinzelt Beifall - Zuruf: Dann tu's doch!)

Meine Damen und Herren, dazu gehört, dass wir die Sektoren weiter aufbrechen. Wir werden dies auch bei der Reform der Pflegeversicherung mit auf den Weg bringen, weil eine vernünftige Pflege vor Ort nur mit integrierten Konzepten unter Einbeziehung der ärztlichen und der pflegerischen Versorgung möglich ist. Wir wollen auf Dauer keine Insellösungen, sondern wir wollen dahin kommen, dass die Menschen dort, wo sie sind, eine gute medizinische und pflegerische Versorgung erfahren.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einige Worte zur hausärztlichen Versorgung sagen, nicht weil ich etwas gegen die niedergelassenen Fachärzte und Fachärztinnen hätte, wie mir oft unterstellt wird.

(Widerspruch)

Ich schließe mich völlig dem Kollegen Laumann an: Der Facharzt ist für die fachärztliche Tätigkeit da, der Hausarzt für die hausärztliche. Nur in der Kooperation von beidem können wir eine vernünftige medizinische Versorgung organisieren. Ich setze mich speziell mit dafür ein, dass wir im hausärztlichen Sektor genügend Nachwuchs haben. Deshalb arbeiten wir an der Lösung des Problems: Wie können wir die hausärztliche Versorgung verbessern? Wie können wir die hausärztliche Versorgung als Basis der Gesundheitsversorgung erhalten?

Der Gesetzgeber hat eine ganze Menge an Maßnahmen verabschiedet, weil wir bei der Frage, wie die Zukunft aussieht, im hausärztlichen Sektor ein größeres Problem haben als im fachärztlichen Sektor. Deshalb muss man sein Augenmerk darauf richten, nicht, weil man das andere nicht will.

Die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, müssen umgesetzt werden. Erste Hinweise aus Brandenburg und anderen neuen Bundesländern geben Anlass zu der Feststellung, dass das Bündel an Instrumentarien, die wir auf den Weg gebracht haben, wirklich nutzen, vor allen Dingen die neuen Möglichkeiten, dass Sicherstellungszuschläge auch schon bei zu erwartender oder absehbarer Unterversorgung gezahlt werden können und dass die Bedarfsplanung verändert werden kann.

Ich möchte mich noch einem Thema zuwenden, das auch hier auf dem Ärztetag ein Thema ist. Ich höre, dass es Bestrebungen gibt, den Allgemeininternisten als Facharztbezeichnung wieder einzuführen, und dass dies auch mit europarechtlichen Vorgaben begründet wird. Ich sage hier ganz deutlich: Das ist ein Scheinargument; denn europarechtlich brauchen wir eine einheitliche Weiterbildungspraxis. Ich kann Sie nur bitten, bei den Beratungen über dieses Thema nicht zu einem Status quo ante zurückzukehren, sondern das, was in den letzten Jahren auch mit der Bundesärztekammer auf den Weg gebracht wurde, so umzusetzen, dass wir eine bundeseinheitliche Lösung haben. Ich appelliere an den Deutschen Ärztetag, darüber sorgfältig zu diskutieren und zu sagen: Wir brauchen nicht die Trennung, sondern wir brauchen die gemeinsame hausärztliche internistische Weiterbildung, und wir wollen auch die Fachbezeichnung haben.

(Beifall)

Ich will und kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass wir gerade in einer älter werdenden Gesellschaft weniger an solcher Versorgung brauchen, sondern wir brauchen alle, die in diesen Bereich gehen, denn die älteren Menschen wollen versorgt werden. Selbst wenn wir sehr intensiv Prävention betreiben, haben wir in einigen Jahren doppelt so viele Menschen wie heute, die versorgt werden müssen. Aber darüber sind wir ja auch alle froh.

Meine Damen und Herren, es ist ja Mode geworden, manchmal über die Zukunft der ärztlichen Berufe negativ zu sprechen. Dem will ich mich nicht anschließen. Ich sage Ihnen von meiner Seite aus - das sage ich auch im Namen der Bundesregierung -: Wir wissen Ihre Arbeit nicht nur zu schätzen, sondern wir wissen, dass wir Ihre Arbeit brauchen. Wir wissen, dass viele von Ihnen weit über den Rahmen hinaus, was die Arbeitszeit betrifft, arbeiten. Dafür möchte ich Ihnen danken. Es ist ja eine merkwürdige Mode geworden, dass man über die Zukunft der ärztlichen Berufe so negativ spricht. Manchmal denke ich, es ist so etwas wie eine deutsche Krankheit, dass man immer alles in Zweifel zieht oder alles negativ sieht und - wie manche es formulieren - selbst in der schattenlosen Mittagssonne bereits die nächtliche Kälte ahnt.

Davon halte ich nichts. Ich sage Ihnen: Ich sehe für Ärztinnen und Ärzte in Deutschland Chancen, ich sehe da eine Zukunft. Ich bitte Sie, weiter gemeinsam mit uns zu arbeiten. Das kann niemand allein tun. Politik, Ärzteschaft, Krankenkassen, Selbstverwaltung und alle, die dazugehören, haben ein gemeinsames Anliegen: Wir wollen, dass Menschen in Deutschland, die krank sind, gut versorgt werden. Wir wollen, dass Gesundheit bezahlbar bleibt. Wir wollen, dass wir gemeinsam alles tun, um Krankheiten gar nicht erst entstehen zu lassen bzw. alles zu tun, dass Menschen, wenn sie erkrankt sind, solange wie möglich selbstständig in ihrer Umgebung leben können.

Wenn wir das weiterhin gemeinsam tun, bei allem notwendigen Streit, weil wir ja nicht immer einer Meinung sein können, da wir unterschiedliche Dinge vertreten müssen, werden wir weiterhin sehr gute und fruchtbare Jahre haben. Ich bitte Sie, das, was wir gesetzgeberisch auf den Weg gebracht haben, jetzt auch auf diesem Weg umzusetzen.

Ich wünsche dem Ärztetag gute Diskussionen im Interesse aller. Ich freue mich darauf, dass wir weiterhin diese Arbeit fortsetzen.

Danke schön.

(Beifall)

© Bundesärztekammer 2007