Dr. Emminger, Bayern: Herr Präsident Hoppe, nach
einer solchen Eröffnungsveranstaltung kann Herr Crusius nicht der Einzige
bleiben, der Ihnen hohen Respekt und hohe Anerkennung zollt, und zwar sowohl
für die Art und Weise, wie Sie Ihre Gedanken vorgetragen haben, als auch für
die Inhalte. Sie haben mit Ihrer leisen, aber sehr eindrucksvollen Rede, glaube
ich, viele Inhalte bei den anwesenden Teilnehmern deutlich eingebrannt.
Herr Hoppe, gestatten Sie mir allerdings die Bemerkung:
Natürlich weist diese Eröffnungsveranstaltung einen Wermutstropfen auf. Dieser
Wermutstropfen liegt für mich nicht nur in der Tatsache, dass die
Bundesgesundheitsministerin in ihrer politischen Rede zur Gesundheitspolitik
nach einem sehr ruhigen Anfang wieder in ihren alten ideologischen politischen
Slang verfallen ist. Der Wermutstropfen liegt für mich in der ersten Rede von
Ulla Schmidt heute Vormittag, als sie in einer eigentlich nicht akzeptablen
Weise auf der Eröffnungsveranstaltung eines Deutschen Ärztetages die Ärzte
ziemlich in Bausch und Bogen verurteilt und alle Ärzte als Täter und
Mitwirkende des Nationalsozialismus gebrandmarkt hat.
(Beifall)
Dies steht nach meiner Überzeugung einer
Bundesgesundheitsministerin nicht zu. Das ist ein Akt der Unhöflichkeit, eine
Situation, wie wir sie von ihr gewöhnt sind.
Ich denke, dieser Ärztetag sollte sich in aller Form gegen Art
und Weise, Formulierungen und Inhalte dieser Rede von Frau Ulla Schmidt
verwahren.
(Vereinzelt Beifall)
Als jemand, der erst nach dem Krieg geboren wurde und von der
Darstellung der damaligen Zeit auf dem Deutschen Ärztetag 1989 in Berlin tief
beeindruckt war, sage ich: Wir sind alle aufgerufen, uns ständig und wiederholt
mit unserer eigenen Geschichte zu befassen. Das ist auf einem Ärztetag unser
Problem. Es steht einem Politiker, einer Gesundheitsministerin nicht zu, die
Ärzte in dieser Art und Weise pauschal in den Schmutz zu ziehen, sie zu verunglimpfen
und alle über einen Kamm zu scheren.
In diesem Sinne, Herr Präsident, vielen Dank für Ihren
Beitrag. Aber dieser Wermutstropfen bleibt für mich mit diesem Ärztetag von
Münster verbunden.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank.
Was sie inhaltlich gesagt hat, kann ich jetzt nicht nachprüfen. Die Behauptung,
dass sich die Ärzteschaft der damaligen Zeit mehr als andere Berufe eingebracht
habe, wird immer wieder aufgestellt. Es gibt auch Historiker, die sagen:
Zumindest hat die Ärzteschaft damals nicht am Ende der Kette gestanden, sondern
sie war schon verwickelt. Bei anderen Berufen, die natürlich nicht diese
Bedeutung in der Gesellschaft haben, wie beispielsweise Biologen oder Lehrer,
sei das ebenso gewesen, vielleicht noch stärker. Ich hatte überlegt, ob ich
dazu gleich etwas sagen sollte, aber es passte irgendwie nicht so richtig.
Mich hat am meisten gestört, dass sie so getan hat, als
beschäftigten wir uns erst jetzt mit diesem Thema, und keine Rücksicht darauf
nimmt, dass wir das in früheren Zeiten schon längst getan haben.
(Beifall)
Ich erinnere mich beispielsweise an den Ärztetag 1987 in
Karlsruhe, auf dem Karsten Vilmar dieses Thema ausführlich behandelt hat, auch
zur Zufriedenheit einiger Delegierter, die zunächst einmal ganz anderer Meinung
waren. Sie haben sich dieser Diskussion dann doch gestellt und haben
anschließend zugestimmt. Auch 1989 wurde das Thema in einer Debatte und einer
Ausstellung in Berlin behandelt.
Derjenige, der ihr diese Rede geschrieben hat - davon kann man
ja wohl ausgehen -, hätte besser recherchieren müssen. Das ist ein erheblicher
Mangel. Ich habe ihr das auch gesagt. Sie wird es hoffentlich nie wiederholen.
Die nächste Rednerin ist Frau Goesmann, unsere
Vizepräsidentin.
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