Dr. Jonitz, Vorstand der Bundesärztekammer:
Lieber Jörg! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz noch etwas zu den
Mechanismen der Politik sagen. Die Politiker haben bislang immer noch relativ
leichtes Spiel mit uns, indem sie auf der einen Seite das alte Spiel "Herrsche
und teile" praktizieren. Das funktioniert. Ich hoffe, dass wir als
Bundesärztekammer als Vertreter der Landesärztekammern auf diesem Ärztetag dem
Auftrag gerecht werden, alle Bereiche der Versorgung zusammenzuführen und keine
Politik gegeneinander zu betreiben, sondern miteinander, dass wir uns nicht
trennen lassen.
Die Politik hat weiterhin deshalb ein leichtes Spiel mit uns,
weil sie uns noch immer am Nasenring vorführt. Die Aufarbeitung der
Nazivergangenheit ist ein wichtiges Thema. Wenn mit dem Ausdruck der Empörung
darüber berichtet wird, dass ein Funktionär mit einer enormen Nähe zum
Naziregime in den 50er-Jahren das Bundesverdienstkreuz erhalten hat, kann ich
nur sagen: Das Bundesverdienstkreuz hat er nicht von der Ärztekammer bekommen.
(Beifall)
Die Politik müsste sich selber fragen lassen, inwieweit sie
ihre eigenen Probleme in dieser Beziehung aufarbeitet.
Viel wichtiger ist die Fragestellung: Wie konnte es überhaupt
dazu kommen? Warum ist es so gelaufen? Wie kann man das prospektiv auch
weiterhin verhüten?
Herr Hoppe hat in einem Beitrag für die Tagespresse erklärt,
wir sollten den schwarzen Peter zurückgeben. Die Kostenexplosion im
Gesundheitswesen ist mittlerweile als Mythos enttarnt. Der Kostentreiber Nummer
eins im Gesundheitswesen ist der Staat. Ich erinnere an die 30 Milliarden Euro
Mehrbelastung innerhalb von wenigen Jahren zulasten der GKV, zugunsten
steuerfinanzierter Sozialversicherungen. Pro Jahr gibt es mindestens 3
Milliarden Euro Transferleistungen. Das ist ein Missbrauch der GKV-Gelder.
Wir müssen sie demaskieren im Zusammenhang mit dem Thema
Betrug und Bestechung. Der größte Fall von Betrug im Sozialsystem hat eine
Größenordnung von etwas mehr als 1 Milliarde DM. Das war der Betrug der
Krankenkassen untereinander durch eine falsche Buchführung bei ihrer
Versichertendatei, um über den alten Risikostrukturausgleich Gelder zu
bekommen.
Am heutigen Tage hat Transparency International den ersten
Sponsoringbericht des Bundesgesundheitsministeriums ins Netz gestellt. Er
betrifft den Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Dezember 2004. In diesem
Zeitraum flossen circa 44 Millionen Euro zugunsten des
Bundesgesundheitsministeriums, darunter 3,6 Millionen Euro für die
Zigarettenindustrie für Präventionskampagnen bei Kinder und Jugendlichen.
Ich möchte Sie bitten, dieser Politik mit Nachdruck zu
widerstehen, sich dagegen zu wehren und uns bei unserem Kampf zu helfen. Ich
bitte Sie, nicht nur dem Antrag I-2 Ihre Zustimmung zu geben, sondern auch
aktiv mitzuarbeiten.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Danke schön. Dann darf ich gleich den Tagesordnungspunkt I b als aufgerufen betrachten. Ich bitte Sie, die Strategie, die wir
im Antrag I-2 zumindest in Form von Überschriften und Stichworten
dargelegt haben, mit in die Diskussion einzubeziehen. Wer sich dazu
melden möchte und bisher gewartet hat, möge nun seine Wortmeldung
abgeben. Wenn Sie zum Antrag I-3 etwas sagen möchten, dann melden
Sie sich bitte ebenfalls jetzt zu Wort.
Wir fahren in der Rednerliste fort. Der nächste Redner ist
Herr Dr. Burmeister aus Niedersachsen. Bitte schön.
|