TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

Dienstag, 15. Mai 2007, Nachmittagssitzung

Dr. Jonitz, Vorstand der Bundesärztekammer: Lieber Jörg! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz noch etwas zu den Mechanismen der Politik sagen. Die Politiker haben bislang immer noch relativ leichtes Spiel mit uns, indem sie auf der einen Seite das alte Spiel "Herrsche und teile" praktizieren. Das funktioniert. Ich hoffe, dass wir als Bundesärztekammer als Vertreter der Landesärztekammern auf diesem Ärztetag dem Auftrag gerecht werden, alle Bereiche der Versorgung zusammenzuführen und keine Politik gegeneinander zu betreiben, sondern miteinander, dass wir uns nicht trennen lassen.

Die Politik hat weiterhin deshalb ein leichtes Spiel mit uns, weil sie uns noch immer am Nasenring vorführt. Die Aufarbeitung der Nazivergangenheit ist ein wichtiges Thema. Wenn mit dem Ausdruck der Empörung darüber berichtet wird, dass ein Funktionär mit einer enormen Nähe zum Naziregime in den 50er-Jahren das Bundesverdienstkreuz erhalten hat, kann ich nur sagen: Das Bundesverdienstkreuz hat er nicht von der Ärztekammer bekommen.

(Beifall)

Die Politik müsste sich selber fragen lassen, inwieweit sie ihre eigenen Probleme in dieser Beziehung aufarbeitet.

Viel wichtiger ist die Fragestellung: Wie konnte es überhaupt dazu kommen? Warum ist es so gelaufen? Wie kann man das prospektiv auch weiterhin verhüten?

Herr Hoppe hat in einem Beitrag für die Tagespresse erklärt, wir sollten den schwarzen Peter zurückgeben. Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen ist mittlerweile als Mythos enttarnt. Der Kostentreiber Nummer eins im Gesundheitswesen ist der Staat. Ich erinnere an die
30 Milliarden Euro Mehrbelastung innerhalb von wenigen Jahren zulasten der GKV, zugunsten steuerfinanzierter Sozialversicherungen. Pro Jahr gibt es mindestens 3 Milliarden Euro Transferleistungen. Das ist ein Missbrauch der GKV-Gelder.

Wir müssen sie demaskieren im Zusammenhang mit dem Thema Betrug und Bestechung. Der größte Fall von Betrug im Sozialsystem hat eine Größenordnung von etwas mehr als
1 Milliarde DM. Das war der Betrug der Krankenkassen untereinander durch eine falsche Buchführung bei ihrer Versichertendatei, um über den alten Risikostrukturausgleich Gelder zu bekommen.

Am heutigen Tage hat Transparency International den ersten Sponsoringbericht des Bundesgesundheitsministeriums ins Netz gestellt. Er betrifft den Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Dezember 2004. In diesem Zeitraum flossen circa 44 Millionen Euro zugunsten des Bundesgesundheitsministeriums, darunter 3,6 Millionen Euro für die Zigarettenindustrie für Präventionskampagnen bei Kinder und Jugendlichen.

Ich möchte Sie bitten, dieser Politik mit Nachdruck zu widerstehen, sich dagegen zu wehren und uns bei unserem Kampf zu helfen. Ich bitte Sie, nicht nur dem Antrag I-2 Ihre Zustimmung zu geben, sondern auch aktiv mitzuarbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Danke schön. Dann darf ich gleich den Tagesordnungspunkt I b als aufgerufen betrachten. Ich bitte Sie, die Strategie, die wir im Antrag I-2 zumindest in Form von Überschriften und Stichworten dargelegt haben, mit in die Diskussion einzubeziehen. Wer sich dazu melden möchte und bisher gewartet hat, möge nun seine Wortmeldung abgeben. Wenn Sie zum Antrag I-3 etwas sagen möchten, dann melden Sie sich bitte ebenfalls jetzt zu Wort.

Wir fahren in der Rednerliste fort. Der nächste Redner ist Herr Dr. Burmeister aus Niedersachsen. Bitte schön.

© Bundesärztekammer 2007