Dr. von Ascheraden, Baden-Württemberg: Herr
Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einen anderen Aspekt
dieses Problems hier kurz ansprechen und beleuchten, nämlich die praktische
Problematik aus der Notfallmedizin. Die Organspendeauswahl beginnt ja nicht
immer und nicht ausschließlich auf der Intensivstation. Dort werden die
definitiven Entscheidungen getroffen, aber es ist oft der Notarzt vor Ort, der,
auf sich allein gestellt oder mit einem kleinen Team, Entscheidungen treffen
soll, insbesondere bei Mehrfachverletzten. Wie kann man hier entscheiden, ob
jemand zur Organspende geeignet ist, ob jemand zur Feststellung des Hirntods
oder zur Explantation zugeführt wird?
Die Situation am Unfallort ist oft unübersichtlich. Die
Notwendigkeit, sehr viele Entscheidungen unter Zeitdruck treffen zu müssen,
kennt jeder, der im Notarztwesen jemals tätig war. Ich halte es für
problematisch, dass beispielsweise bei einem amputierten Daumen
selbstverständlich von der Leitstelle der Hubschrauber zur möglichen
Replantation des Daumens automatisch bestellt wird, aber beim Roten Kreuz laut
dessen Dienstanweisung der Transport eines Hirntoten nicht in seine
Zuständigkeit fällt.
Ich hatte eine solche Situation vor zweieinhalb Jahren. Mit
wurde hinterher, als ich das mit der Leitstelle aufzuarbeiten versucht habe,
gesagt: Die einzige Möglichkeit, das Rettungssystem für den Transport eines
mutmaßlich Hirntoten zu nutzen, sei eine Art Scheinreanimation bis ins
Krankenhaus. Ich glaube, das kann nicht die Lösung des Problems sein.
Ich halte es für notwendig, dass wir die Ärztinnen und Ärzte,
die sich in der Notfallmedizin weiterbilden, immer wieder mit der Problematik
dieses Aspekts vertraut machen und sie sensibilisieren. Wir brauchen einen
verlässlichen Ansprechpartner, gerade in solchen Stresssituationen, wie etwa
die Vergiftungszentrale, an die man sich wenden und erklären kann: Ich habe
dieses und jenes Problem, wer hilft mir bei der Lösung? Wir brauchen eine klare
Regelung dieser prästationären Phase. Wir als Notärzte können diese Probleme
nicht allein lösen.
Ich bin sicher, dass wir mit einer solchen prästationären
Regelung die Zahl der möglichen Organspender erhöhen könnten. Wir können
dadurch Ungewissheiten und Nachfragen besser begegnen. Ich kann mir vorstellen,
dass dieses Problem auf der Ebene der Transplantationsbeauftragten der
Krankenhäuser mit einer entsprechenden Anlaufstelle lösbar ist.
Danke schön.
(Beifall)
Vizepräsident Dr. Crusius: Vielen Dank. - Jetzt
Frau Dr. Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen.
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