Deutschmann, Niedersachsen: Herr Vizepräsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr zufrieden, und zwar zum einen,
weil mit diesem Tagesordnungspunkt unserem Antrag aus dem vergangenen Jahr
gefolgt wurde, und zum anderen, weil entsprechend unserem Antrag hinsichtlich
der gerichteten Organspende nach dem Tod - da ist es ja zu relativ skandalösen
Vorgängen gekommen - dieses Thema in dem Referat von Herrn Professor Lilie
behandelt wurde. Ich glaube, hier ist man auf dem richtigen Weg.
Ich danke den hochkarätigen Referenten, die das Thema
sensibel, umfassend und gründlich dargestellt haben.
Eine kleine Anmerkung kann ich mir allerdings nicht
verkneifen: Herrn Professor Nagel habe ich voraus, dass ich schon 1977 an der
Seite von Herrn Professor Pichlmayr - damals als Student - stehen durfte. Herr
Professor Pichlmayr merkte damals an, er würde gern auf eine gesetzliche
Regelung zur Organentnahme und zur Transplantation verzichten, weil dies
größere Freiheiten mit sich brächte. Insofern sieht man, wie ein Meinungswandel
vonstatten geht. Aber ich glaube, das Ganze ist auf einen guten Weg gebracht
worden.
Die Bundesärztekammer hat ihre Hausaufgaben gemacht. Ich meine
allerdings, in einem Teilbereich muss nachgeschult werden, muss ergänzt werden.
Das ist speziell im Bereich der Hirntoddiagnostik der Fall. Ich bin Praktiker,
ich bin Neurologe. Ich war jahrelang in einem Hirntoddiagnostik-Konsiliarteam
in der Region Nord der Deutschen Stiftung Organtransplantation tätig. Ich weiß,
wovon ich rede. Ich möchte kurz rekapitulieren: Die Hirntoddiagnostik ist
zunächst durch die Festlegung der Hirntodkriterien durch die Bundesärztekammer
1982 untermauert worden. Das ist 1987, 1991 und 1997 fortgeschrieben worden. In
gewisser Weise haben diese Kriterien, die eine Entscheidungshilfe darstellen,
eine Metamorphose durchgemacht, indem sie gerade durch die Politik im Zusammenhang
mit dem Transplantationsgesetz zu Richtlinien wurden. Ich glaube, das war 1998.
Ergänzend dazu haben die Fachgesellschaften Erläuterungen
gegeben, wie die apparativen Zusatzuntersuchungen zu handhaben sind. Das alles
ist zu einem guten Gesamtpaket zusammengeschnürt worden. Die Hirntoddiagnostik
ist aus meiner Sicht eines der sichersten Verfahren überhaupt, wenn man die
Richtlinien - insbesondere jene der Bundesärztekammer - beachtet, sorgfältig
damit umgeht und seine Erfahrungen auf diesem Gebiet hat. Hier liegt ein
Problem. Aus dem Transplantationsgesetz abgeleitet ist die Bundesärztekammer
dafür verantwortlich, die erforderliche Qualifikation der Untersucher
sicherzustellen. Das hat sie getan, indem sie in der alten
Weiterbildungsordnung von 1992 festgelegt hat, dass bei den Neurologen und den
Neurochirurgen die Hirntoddiagnostik mit zur Weiterbildung gehört. Erst auf der
Grundlage des Transplantationsgesetzes hat man in die neue
(Muster-)Weiterbildungsordnung 2002 neben den Neurologen und den Neurochirurgen
auch die Neuropädiater mit einbezogen. Das fand ich sehr klug. Mit aufgenommen
ist auch jeder, der eine intensivmedizinische Zusatzweiterbildung absolviert.
Jetzt sind auch Anästhesisten, Chirurgen, Innere Mediziner, Kinder- und
Jugendmediziner sowie die Neurologen und Neurochirurgen mit einer speziellen
Ausweitung in diese Weiterbildung einbezogen. Das verbreitert sicherlich die
Basis der Befähigten.
Nur: Reicht das? Ich kann nur feststellen, dass eine
flächendeckende Qualifikation der Intensivmediziner nicht gegeben ist. Aus
diesem Grunde sind die Konsiliarteams eingerichtet worden. Sie sind
möglicherweise aber auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie erreichen
nicht alle. Viele Intensivmediziner trauen sich nicht. Hier muss nachgeschult
werden.
Ein weiteres Problem, das in den Konsiliarteams auftritt, ist
die Tatsache, dass es oft nicht gelingt, den zweiten Untersucher vor Ort zu
rekrutieren. Dort ist gemäß den Richtlinien der Bundesärztekammer kein
Untersucher vorhanden, der eine solche Untersuchung begleiten könnte.
Ich meine, deshalb muss sich die Bundesärztekammer dafür
einsetzen, dass an den Krankenhäusern eine praktische Schulung zur
Hirntoddiagnostik ermöglicht wird - möglicherweise über die Ärztekammern - und
dass die Krankenhäuser Unterstützung bei der Führung der Gespräche mit den
Angehörigen erhalten müssen. Das klang hier bereits an. Ich glaube, dort ist
ein erheblicher Bedarf vorhanden.
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
Vizepräsident Dr. Crusius: Vielen Dank, Herr
Deutschmann. - Da Herr Dr. Mayer seine Wortmeldung zurückgezogen hat, hat jetzt
Herr Klaus Schäfer von der Ärztekammer Hamburg das Wort. Bitte.
|