Prof. Dr. Kirste, geladener Gast: Hohes Präsidium!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für die Gelegenheit zur
Stellungnahme. Ich möchte sie mit einem Dank an alle beginnen, die sich in der
Vergangenheit für dieses Thema eingesetzt haben und dies auch heute tun. Das
gilt sowohl für das Präsidium der Bundesärztekammer als auch für die
verschiedenen Standesorganisationen auf Landesebene und auf örtlicher Ebene. Es
gilt insbesondere für diejenigen Kolleginnen und Kollegen in den
Krankenhäusern, die sich mit diesem Thema beschäftigen und sich für die
Organspende einsetzen.
Die Organspende ist in Deutschland nicht ohne Grund - darauf
hat Herr Lilie sehr dezidiert hingewiesen - als eine Gemeinschaftsaufgabe
definiert, die von allen zu tragen ist. Deshalb steht im
Transplantationsgesetz, dass sich die verschiedenen Institutionen bis hin zu
den Ärzten auf den Intensivstationen an dieser Gemeinschaftsaufgabe beteiligen
müssen.
Die im Gesetz vorgesehene Verpflichtung zur Meldung, die Herr
Lilie sehr ausführlich zitiert hat, ist beim Inkrafttreten des
Transplantationsgesetzes möglicherweise von dem einen oder anderen falsch
verstanden worden, indem man glaubte, das Thema Organspende sei nun an eine
andere Organisation abgegeben, es sei erledigt, ohne dass man selbst dafür
zuständig ist. Man ist aber dafür zuständig. Wir können die Zahl der
Organspenden in Deutschland nur dann steigern, wenn wir uns alle darum bemühen.
Ich kann nur betonen, dass die anfänglichen Holprigkeiten, die es am Anfang
möglicherweise hinsichtlich der Zuständigkeit gegeben hat, inzwischen deutlich
überwunden sind.
Ich glaube, es werden in dieser Beziehung immer wieder etwas
falsche Zahlen genannt. Das war auch in den Statements, die ich gerade gehört
habe, der Fall. In den letzten drei Jahren gab es in Deutschland eine
Steigerung der Zahl von Organspenden von 25 Prozent. Das ist ein gewaltiger
Erfolg, an dem sehr viele beteiligt sind, insbesondere die Ärzte auf den
Intensivstationen, obwohl es, wie wir alle wissen, eine ganz erhebliche
Arbeitsüberlastung auf den Intensivstationen gibt. Deshalb ist der Dank an
diejenigen Kollegen umso wichtiger, die neben ihrer normalen Arbeit sich auch
noch in dieser Beziehung engagieren.
Es ist wichtig, dass die Deutsche Stiftung
Organtransplantation mit ihren Mitarbeitern, mit ihren Koordinatoren so früh
wie möglich in diese Prozesse eingeschaltet wird. Dann können wir helfen, dann
können wir auf den Intensivstationen unterstützen und Arbeit übernehmen, also
entlasten. Das ist unsere Aufgabe.
Ich glaube, die gegenwärtige Debatte über eine Widerspruchslösung
ist etwas künstlich. Das eigentliche Thema muss lauten, dass die vorhandenen
Fälle gemeldet werden. Wir wissen aus Analysen - diese sind im "Deutschen
Ärzteblatt" auch publiziert worden -, dass wir ein Potenzial von 40 Spendern
pro 1 Million Einwohner haben. Das deckt sich mit den weltweiten Zahlen. In
Mecklenburg-Vorpommern hat man mit derzeit schon 30 Spendern das Potenzial fast
ausgeschöpft. Bundesweit sind es allerdings nur 15 Spender. Wenn jeder Fall in
Deutschland gemeldet würde, könnte bei gleicher Zustimmungsrate wie heute die
Zahl der Organspender verdoppelt werden. Hier liegt unsere Aufgabe für die
nächste Zeit. Ich glaube, dieser Aufgabe müssen wir uns dezidiert zuwenden.
Wenn wir dies gemeinsam tun, sind wir auf einem guten Weg.
Meine Aufforderung lautet, nicht gleich nach gesetzlichen
Regelungen oder gesetzlichen Änderungen zu rufen, sondern das, was wir haben,
umzusetzen und gemeinsam daran weiterzuarbeiten. Die DSO ist bereit, ihren Teil
dazu beizutragen. Wir haben in jeder Region die Zahl der Koordinatoren um
jeweils einen Mitarbeiter verstärkt. Wir wollen in diesem Bereich stärker
wahrgenommen werden. Wir wollen den Krankenhäusern helfen.
Zum Aspekt der Kosten, der auch immer wieder angeführt wird:
Es ist richtig, dass die Vergütung von vielen Krankenhäusern als zu niedrig
angesehen wird. Beteiligen Sie sich bitte an der Diskussion, die noch in diesem
Jahr zwischen der Krankenhausgesellschaft und den Kassen über die Evaluierung
der Kosten stattfinden wird. Zumindest bei uns ist es derzeit so, dass ein
größerer Teil der Gelder überhaupt nicht abgerufen wird, obwohl wir zur
Rechnungsstellung auffordern. Insofern werden die Gelder, die zur Verfügung
stehen, gar nicht verteilt.
Mein Votum geht dahin, sich, bevor man über weitere
gesetzliche Änderungen nachdenkt, mit dem zu beschäftigen, was bereits
vorhanden ist. Da liegt ein weites Feld vor uns. Ich glaube, dass wir mit den
Steigerungen in den letzten Jahren auf einem sehr, sehr guten Weg sind. Ihn
sollten wir weiter beschreiten.
Vielen Dank.
(Beifall)
Vizepräsident Dr. Crusius: Vielen Dank, Herr
Professor Kirste. - Der nächste Redner ist Herr Professor Kahlke als
Delegierter der Landesärztekammer Hamburg. Bitte, Herr Kahlke.
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