TOP II: Ethische Aspekte der Organ- und Gewebetransplantation

Mittwoch, 16. Mai 2007, Vormittagssitzung

Dr. Rahmel, geladener Gast: Guten Tag, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Möglichkeit, kurz zu Ihnen zu sprechen. Heute Vormittag wurde bereits mehrfach auf die Rolle der internationalen Kooperation hingewiesen, auch unter dem Aspekt der Nettoorganimportrate, also des Umstands, dass mehr Organe nach Deutschland importiert werden, als von Deutschland ins Ausland gehen.

In der Organisation Eurotransplant sind sechs Nationen zusammengeschlossen. Es ist geplant, dass in der nächsten Woche Kroatien dem Eurotransplant-Verbund beitritt.

Sie kennen die Dramatik auf der Warteliste; das wurde hier bereits mehrfach angesprochen. Bei Eurotransplant werden jeden Tag 27 Patienten neu in die Warteliste aufgenommen. Leider versterben jeden Tag vier Patienten auf der Warteliste, drei davon in Deutschland.

Über die Organbilanzen ist gesprochen worden. Deutschland ist das einzige Nettoorganimportland.

Ich möchte darauf hinweisen, dass das keineswegs der einzige Vorteil von Eurotransplant für Deutschland ist. Der Vorteil liegt auf ganz anderen Gebieten. Der Vorteil liegt darin, dass wir durch die internationale Kooperation speziellen Patientengruppen helfen können. Von den hoch immunisierten Patienten auf der Nierenwarteliste erhalten zwei Drittel der Patienten ihr Organ nur deshalb, weil es aus einem anderen Land importiert wird. Bei denjenigen Patienten auf der Nierenwarteliste, die eine komplette HLA-Übereinstimmung haben, ist es etwa die Hälfte.

Eine weitere Patientengruppe, die von dieser internationalen Kooperation profitiert, sind Kinder und Patienten mit hoher Dringlichkeit. Ihnen können wir durch die Zusammenarbeit im Eurotransplant-Verbund besonders erfolgreich helfen.

21 Prozent der Patienten, die eine Niere transplantiert erhalten, haben eine komplette Gewebeübereinstimmung. Nur 3 Prozent der Patienten haben fünf oder sechs Gewebe-Mismatches. In den USA haben 30 Prozent aller Patienten fünf oder sechs Mismatches. Patienten mit fehlender Gewebeübereinstimmung haben ein schlechteres Outcome und größere Probleme bei einer eventuell notwendigen Retransplantation.

Auch Patienten auf der Leber-, der Pankreas-, der Herz- und der Lungen-Warteliste, die besonders dringend Hilfe benötigen, wird durch den internationalen Austausch im Eurotransplant-Verbund geholfen. Es gelingt uns beispielsweise bei der Leber-Warteliste, Patienten, die besonders dringlich sind, im Mittel innerhalb von zwei Tagen ein passendes Organ zur Verfügung zu stellen. Das sind die wahren Vorteile einer internationalen Kooperation im Eurotransplant-Verbund.

Die meisten Organe bleiben jeweils im eigenen Land. Es gibt einen ganz ausgeprägten Austausch der Organe zwischen den einzelnen Ländern.

Meine Bitte an die Bundesärztekammer geht dahin, diese europäische Zusammenarbeit gerade der in der Europäischen Union diskutierten weiteren Möglichkeiten von Rahmenfestlegungen zu fördern und als Beispiel für eine gelungene europäische Initiative zur Kooperation zu betrachten.

Danke schön.

(Beifall)

Vizepräsident Dr. Crusius: Vielen Dank, Herr Rahmel, für die Darstellung der spezifischen Beweggründe. - Das Wort hat jetzt Frau Jutta Riemer von der Selbsthilfe Lebertransplantierter Deutschland e. V. Bitte, Frau Riemer.

© Bundesärztekammer 2007