Riemer, geladener Gast: Herr Vorsitzender! Meine
Damen und Herren! Zunächst einige Worte zu meiner Person, da ich nicht zum
Kreis der Ärzte gehöre. Ich bin seit zehn Jahren lebertransplantiert und
beschäftige mich seit dieser Zeit noch intensiver mit der Thematik. Ich bin von
der Ausbildung her Biologin und habe von daher vielleicht einen Zugang zur
Thematik auch von medizinischer Seite, die mich im Moment aber gar nicht so
sehr beschäftigt.
Vorhin wurde sinngemäß hier gesagt: Solange etwas in der
Diskussion ist, kann es Fortschritte geben. Insofern bin ich dem Nationalen
Ethikrat für seine Stellungnahme dankbar, die im April veröffentlicht wurde.
Ich glaube, Herr Professor Nagel hat vorhin von aufgeregten Reaktionen von
Personen gesprochen, die nur etwas von einer Widerspruchslösung hören und
sofort dagegen angehen, ohne die Empfehlungen des Ethikrats und seine
Begründungen vernünftig gelesen zu haben.
Wie auch immer diese Diskussion, die es hoffentlich weiterhin
geben wird, ausgeht: Die Empfehlungen enthalten viele altbekannte Dinge, die
bereits jetzt vorhanden sind. Das große Problem in den Krankenhäusern liegt in
der Spenderdetektion. Für die Patienten ist es ganz wichtig, dieses Thema
weiterhin zu diskutieren.
Es wird ein Stufenmodell vorgeschlagen, das mit einem großen
Informationsteil beginnen soll. Diesen Informationsteil finde ich ungeheuer
wichtig. Ich finde ihn im Zusammenhang mit der erweiterten Zustimmungslösung
genauso wichtig wie im Zusammenhang mit der Widerspruchslösung. Die Bürger
müssen über inhaltliche Dinge wie auch über gesetzliche Vorgaben gut informiert
werden.
Dazu ist es notwendig, für den Informationsteil Geld und die
entsprechenden Stellen bereitzustellen. In § 2 des Transplantationsgesetzes
steht, dass die entsprechenden Behörden des Bundes und der Länder sowie die
Kassen dafür zu sorgen haben, dass die Bevölkerung gut informiert ist. Hier ist
noch nicht ausführlich darauf hingewiesen worden, dass die Zusammenarbeit der
verschiedenen Gremien mit den Behörden, die laut Gesetz aufklären müssen, sehr
wichtig ist.
Wir hatten vor Kurzem einen großen Patiententag. Dort haben
wir vorgeschlagen, dass jeder der 300 Teilnehmer sich 250 Ausweise samt
Aufsteller bestellt, die es laut Prospekt der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung bei ihr zu beziehen gibt. Jeder sollte in seinem
Heimatort fünf Plätze finden, an denen noch kein Organspendeausweis verfügbar
ist: beim Hausarzt, beim Zahnarzt, bei der Kfz-Werkstatt. Mir hat eine Dame
geschrieben, man habe ihr als Privatperson die Ausweise zunächst gar nicht
zuschicken wollen. Erst als klar wurde, dass sie Mitglied eines
Patientenverbands ist, erfolgte die Lieferung. Auf dem Lieferschein stand der
Hinweis, dass der Prospektspender vergriffen ist und nicht neu aufgelegt wird.
Hieran sieht man, dass gespart wird und Schwierigkeiten bestehen, die
Öffentlichkeit zu informieren.
Ich bitte Sie, darauf hinzuwirken, dass diese Hindernisse
möglichst beseitigt werden. Ich denke, das Transplantationsgesetz ist insofern
gar nicht schlecht, als es alles vorsieht. Wenn es nach zehn Jahren Geltung des
Transplantationsgesetzes noch immer Bundesländer gibt, die auf Freiwilligkeit
bauen und sagen, man führe das Gesetz erst dann durch, wenn es freiwillig nicht
funktioniert, kann ich nur sagen: Das hätte nach einem Jahr oder spätestens
nach zwei Jahren erfolgen müssen. In einem Bundesland haben die
Patientenverbände drei oder vier Jahre lang massiv gedrängt, damit der
Aufklärungspflicht nachgekommen wird. Dort gibt es erst jetzt entsprechende
Aufklärungsaktionen bzw. -bündnisse. Wenn dies alles etwas flotter angelaufen wäre, wären wir vielleicht
etwas weiter.
Ich denke, gemeinschaftliches Handeln ist wichtig, ob nun die
erweiterte Zustimmungslösung oder die Widerspruchslösung zum Zuge kommt.
Danke schön.
(Beifall)
Vizepräsident Dr. Crusius: Vielen Dank, Frau
Riemer. - Das Wort hat jetzt Herr Dr. Albert Joas von der Bayerischen
Landesärztekammer. Bitte schön.
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