San.-Rat Dr. Gadomski, Vorstand der
Bundesärztekammer: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine
sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich spreche zum Antrag III-5 betreffend die
Einführung von zentralen Screeningstellen. Das Saarland hat als erstes
Bundesland eine zentrale Screeningstelle für Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern
eingerichtet. Durch diese Screeningstelle, in welcher die Daten des
saarländischen Einwohnermeldeamts und die Daten der Kinder- und Jugendärzte
zusammenlaufen, ist es nun möglich, Erziehungsberechtigte an die
Früherkennungsuntersuchung zu erinnern. Durch den täglichen Abgleich der Daten
können die Mitarbeiter der Stelle feststellen, welche Kinder noch nicht zur
jeweiligen Früherkennungsuntersuchung U 1 bis U 9 gegangen sind. Diese
Untersuchungen zur Früherkennung sind im Gesetz zum Schutze von Kindern vor
Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung vorgeschrieben.
Wenn die Mitarbeiter der Screeningstelle feststellen, dass ein
Kind eine Untersuchung verpasst hat, werden die Sorgeberechtigten zunächst
angeschrieben und darum gebeten, innerhalb der nächsten zwei Wochen zum Kinder-
und Jugendarzt zu gehen und das Kind untersuchen zu lassen. Wenn nach 14 Tagen
noch keine Untersuchung stattgefunden hat, wird das zuständige Gesundheitsamt
informiert. Das Gesundheitsamt bemüht sich dann, mit den Eltern Kontakt
aufzunehmen.
Erst in dritter Instanz wird das Jugendamt aktiv.
Bei diesem Projekt geht es in erster Linie um Helfen und nicht
um Bestrafen. Wir wollen die Eltern nicht bestrafen, sondern konkrete Hilfe
anbieten. Deshalb müssen Risikofamilien rechtzeitig ermittelt werden, damit
Unterstützung und Hilfe gewährt werden können.
Besonders wichtig ist es, die Früherkennungsuntersuchung ab
dem sechsten Lebensmonat zu kontrollieren, denn ab U 5 nimmt die
Teilnehmerquote drastisch ab und fällt unter 70 Prozent.
Es ist Aufgabe des Staates, darüber zu wachen, ob Eltern ihre
Pflegepflicht gegenüber ihren Kindern wahrnehmen. Oft werden die Zeichen von
Vernachlässigung und Misshandlung von niemandem registriert. So wurden im Jahre
2000 15 500 Fälle von sexuellem Missbrauch und 7 500 Fälle
von Vergewaltigung und schwerer sexueller Nötigung bei Kindern erfasst.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, diese Zahlen müssen
uns, aber auch die verantwortlichen Politiker in Bund und Land wachrütteln. Es
ist daher höchste Zeit, dass auch bundesweit ein solches System etabliert wird.
Die saarländische Lösung kann hier für andere Länder Vorbild sein.
Ich darf Sie daher bitten: Stimmen Sie dem Antrag III-5 zu.
Fordern Sie Ihre Gesundheitsminister auf, eine solche Screeningstelle in allen
Bundesländern einzuführen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank,
Herr Gadomski. Ich gehe davon aus, dass sich Ihre Zahlen nicht nur auf das
Saarland beziehen, sondern bundesweit gelten. - Das Wort hat jetzt Herr Dr.
Josten aus Nordrhein.
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