Dr. Fleischmann, Rheinland-Pfalz: Kolleginnen und
Kollegen! Bei den drei Vorträgen von eben habe ich mir drei Fragen gestellt,
die eigentlich nur am Rande angeschnitten wurden: Wo liegen heute die
Kernprobleme von Kindern und Jugendlichen? Was muss wer tun, um dieser
Altersgruppe zu helfen? Woran liegt es, dass sich immer mehr junge Erwachsene
gegen eigene Kinder entscheiden?
Hier gibt es sicherlich noch einiges, über das man weiter
nachdenken kann. Eines ist wohl klar: Um Kinder und Jugendliche körperlich und
seelisch gesund aufwachsen zu lassen, müssen Ärzte aller Fachrichtungen,
Politiker, Schulen und Ämter enger als bisher zusammenarbeiten. Im Sinne der
Kinder ist Kooperation gefragt, nicht Konkurrenz.
Zum Thema von Frau Dr. Goesmann, der Kindergesundheit in der
ärztlichen Versorgung, ist anzumerken, dass es sich hierbei um einen wichtigen
Bereich handelt, der tatsächlich noch nicht genug beleuchtet worden ist. In der
Tat werden nicht alle Kinder und Jugendlichen von auf ihr Alter spezialisierten
Fachärzten betreut. Aus vielen Gründen werden auch immer wieder die
Allgemeinärzte zur Behandlung aufgesucht. Jetzt sind Allgemeinärzte von der
Natur ihrer Ausbildung her zwar in allen Bereichen ein wenig bewandert, in der
Inneren Medizin sogar sehr umfangreich; die pädiatrische Ausbildung dieser
Kolleginnen und Kollegen ist jedoch weder standardisiert noch in irgendeiner
Form verpflichtend.
(Beifall)
Frau Goesmann hat richtig erkannt, dass die Allgemeinärzte oft
die ganze Familie sehen, wenn es um allgemeine gesundheitliche Probleme geht.
Da ist es besonders wichtig, darauf aufzupassen, wann Kinder oder Jugendliche
durch Probleme der Eltern gefährdet sind oder die Störungen der Kinder
eventuell mit Elternproblemen und -erkrankungen zusammenhängen können.
Auf diesen Aspekt weist unser Antrag III-30 hin. Hier ist eine
verstärkte Sensibilisierung der Hausärzte für solche Situationen erforderlich,
damit sie die betroffenen Kinder in eine entsprechend qualifizierte
Weiterbehandlung bei Kinder- und Jugendärzten bzw. Kinder- und
Jugendpsychiatern geben können.
Ich will hier direkt auf meinen Vorredner eingehen, der sagte,
die Kinder- und Jugendpsychiatrie sei nur in der Klinik präsent. Es gibt immer
mehr - allerdings noch immer zu wenige - niedergelassene Kinder- und
Jugendpsychiater.
Dem Vortrag von Herrn Henke möchte ich hinzufügen, dass es
wichtig ist, dass die Politik endlich die Kinder und Jugendlichen entdeckt.
Unsere Jugend will eine Zukunft, will gebraucht werden und sich nützlich
machen. Was nützen die besten gesundheitlichen Aufklärungskampagnen gegen
Nikotin, Drogen und Alkohol, wenn die triste Alltagssituation und
Perspektivlosigkeit die Jugendlichen zu eben diesen Drogen greifen lassen?
Es reicht nicht, Normen aufzustellen, denen die Kinder genügen
sollen. Ein Kind hat das Recht, so zu sein, wie es ist, sagt Janusz Korczak,
und jede Gesellschaft wird arm, wenn sie auf die Ressourcen der Kinder
verzichtet. Sorgen wir doch gemeinsam als Ärzte untereinander und mit der
Politik für eine Gesellschaft, in der sich Kinder und Jugendliche wieder
wohlfühlen und gesund aufwachsen können.
Danke.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Fleischmann. - Als nächster Redner Herr Kollege Massing aus
Westfalen-Lippe.
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