Dr. Koch, Referent: Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter
dem Tagesordnungspunkt (Muster-)Weiterbildungsordnung haben wir heute drei
Einzelpunkte zu besprechen. Dazu gehört zum einen der Sachstandsbericht. Sie
haben ja beschlossen, dass auf jedem Ärztetag von den Weiterbildungsgremien ein
Sachstandsbericht abgeliefert werden muss. Das werde ich heute tun. Der zweite
Punkt, über den ich berichten werde, betrifft die Auswirkungen der Richtlinie 2005/36/EG
auf weiterbildungsrechtliche Regelungen. Der dritte Punkt bezieht sich auf die
EU-Kompatibilität "Innere Medizin und Allgemeinmedizin".
Beginnen wir mit dem Sachstandsbericht. Ich möchte
kurz auf die Umsetzung der (Muster-) Weiterbildungsordnung in den
einzelnen Landesärztekammern zu sprechen kommen. Sie wissen, dass
im Jahr 2006 alle Landesärztekammern die neue Weiterbildungsordnung
beschlossen haben und dass sie nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden
im Jahr 2006 überall in Kraft getreten ist. Ich darf Ihnen hier
die Freude der Weiterbildungsgremien darüber übermitteln, dass innerhalb
so kurzer Zeit eine neue Weiterbildungsordnung in allen Landesärztekammern
umgesetzt werden konnte. Wir haben unseres Wissens hierbei die kürzeste
Zeitspanne zwischen Genehmigung der (Muster-)Weiterbildungsordnung
und der Umsetzung in den Landesärztekammern überhaupt. Dafür möchte
ich auch an dieser Stelle allen, die in den Kammern daran mitgewirkt
haben, ganz herzlich danken.
(Beifall)
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft
überwiesene Beschlüsse und Aufträge der letzten Ärztetage an den
Vorstand der Bundesärztekammer und damit an die Weiterbildungsgremien.
Ich möchte hier kurz zu einzelnen Punkten Stellung nehmen.
Ich komme zunächst auf die PPP-Fächer zu sprechen.
Meine Damen und Herren, der Deutsche Ärztetag 2006 in Magdeburg
hat unter dem Tagesordnungspunkt "Behandlung von Menschen mit psychischen
und psychosomatischen Erkrankungen: Gegen Stigmatisierung - Für
Stärkung der ärztlichen Psychotherapie" eine größere Zahl von Anträgen
an den Vorstand der Bundesärztekammer überwiesen. In den Weiterbildungsgremien
- das sind der Ausschuss "Ärztliche Weiterbildung" und die Ständige
Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" - wurden diese Anträge ausgiebig
diskutiert und beraten. Sie wurden mit den psychotherapeutischen
Organisationen besprochen, sie wurden mit den Fachvertretern besprochen,
sie wurden mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung besprochen
und auch abgestimmt.
Die Beschlüsse hierzu finden Sie im Tätigkeitsbericht 2006 der
Bundesärztekammer.
Das am häufigsten genannte Anliegen war eine Änderung der
Zusatzweiterbildung Psychotherapie fachgebunden. Diese Änderung hat der
Vorstand der Bundesärztekammer im April beschlossen und sie den Landesärztekammern
zur Übernahme empfohlen. Es geht im Wesentlichen darum, dass die Kollegen mit
der Zusatzbezeichnung Psychotherapie fachgebunden im kassenärztlichen Bereich
die volle Abrechnungsmöglichkeit haben.
Der nächste Punkt betrifft die Plastischen Operationen. Sie
erinnern sich, dass darüber diskutiert wurde, die Zusatzbezeichnung Plastische
Operationen in die Bezeichnung Plastische und Ästhetische Operationen
umzuwandeln. Diese Bezeichnung "Plastische Operationen" war bisher nur der
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie zugeordnet.
Wir haben viele Gespräche geführt, aber die Begehrlichkeiten,
diese Bezeichnung auch für weitere Gebiete zu öffnen, sind zunehmend verstärkt
artikuliert worden, so auch durch Beschlüsse des Ärztetages 2005. Wir haben,
wie gesagt, viele Gespräche und Diskussionen geführt, und wir haben in der
Bundesärztekammer in Berlin auch mehrere Verbändeanhörungen zu diesem Thema
durchgeführt. Zuletzt fand eine erneute Anhörung der betroffenen Fachgesellschaften
und Berufsverbände im November 2006 in Berlin statt.
Aber auch diese Besprechung blieb erfolglos und brachte keine
neuen Erkenntnisse. Vor allem die Abgrenzung des Gebiets Haut- und
Geschlechtskrankheiten konnte unter Qualitätssicherungs- und
Weiterbildungsaspekten zur Facharztkompetenz Plastische Chirurgie nach Meinung
der Gremien nicht befriedigend dargestellt werden.
Dieser Sachverhalt wurde auch in der Ständigen Konferenz
"Ärztliche Weiterbildung" im Dezember 2006 und im Vorstand der
Bundesärztekammer im Januar 2007 nochmals ausführlich beraten. Beide Gremien
haben nach diesen Beratungen empfohlen, die Thematik erst nach Lösung der
Schwierigkeiten in und mit der Dermatologie gegebenenfalls erneut aufzugreifen;
denn nicht nur die Dermatologie ist von dieser Fragestellung betroffen, sondern
betroffen sind auch die Gebiete der Augenheilkunde sowie der Frauenheilkunde
und der Geburtshilfe. Das heißt, die Gremien warten jetzt auf neue Impulse, vor
allem aus der Dermatologie, und werden sich dann gegebenenfalls nochmals mit
der Problematik auseinandersetzen.
Ein weiteres Problem, das auf den Ärztetagen 2004 und 2005
diskutiert wurde und wozu es auch Anträge gab, war die Gestaltung der
Zusatzweiterbildung Magnetresonanztomographie fachgebunden. Die
Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer haben in einer Reihe von Gesprächen
in den Jahren 2004 bis 2006, also in einer Zeitspanne von zweieinhalb Jahren,
zwischen den Radiologen und den interessierten Vertretern der anderen
Fachgebiete moderiert. Hier gibt es ein Ergebnis. Es konnten die zahlenmäßigen
Anforderungen in den (Muster-) Richtlinien für die fachgebundene Erbringung der
Magnetresonanztomographie, das heißt in der Kardiologie sowie in der Orthopädie
und der Unfallchirurgie, festgelegt werden. Auch dies wurde vom Vorstand der
Bundesärztekammer beschlossen und den Landesärztekammern zur Umsetzung empfohlen.
Ein weiterer Punkt waren die (Muster-) Richtlinien für die
Zusatzweiterbildung Betriebsmedizin. Sie wissen, dass wir auf dem Deutschen
Ärztetag 2004 im Nachgang zu den Beschlüssen von 2003 doch nochmals beschlossen
hatten, die Zusatzweiterbildung Betriebsmedizin in der
(Muster-) Weiterbildungsordnung beizubehalten. Die entsprechenden Richtzahlen
und die (Muster-) Richtlinien wurden im Verlauf des Jahres 2006 erarbeitet. Sie
konnten Anfang 2007 im Vorstand der Bundesärztekammer beschlossen und den
Landesärztekammern zur Übernahme empfohlen werden. Ein weiterer Punkt, der sich
aus verschiedenen Kursen ergab, die in der Weiterbildungsordnung vorgesehen
sind, war die Erstellung von Kursbüchern. Ich halte es deswegen für ganz
wichtig, dass wir solche (Muster-) Kursbücher, die die Kammern übernehmen
können, fertiggestellt haben, damit jemand seine Weiterbildung, die er in dem
einen Kammerbereich begonnen hat, ohne Schwierigkeiten in einem anderen Kammerbereich
fortsetzen kann.
Unter diesem Motto der Bundeseinheitlichkeit wurden folgende
(Muster-) Kursbücher erstellt: Rehabilitationswesen - im Mai 2006
fertiggestellt -, Sozialmedizin - ebenfalls im Mai 2006 fertiggestellt - und
Arbeitsmedizin/Betriebsmedizin - vor wenigen Wochen, nämlich im April 2007,
fertiggestellt.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass zuvor bereits
(Muster-) Kursbücher für Notfallmedizin, für Akupunktur, für Homöopathie, für
Naturheilverfahren und Manuelle Medizin/Chirotherapie verabschiedet worden
sind.
Der letzte Punkt, der sich aus der (Muster-)Weiterbildungsordnung
ergibt, war die Erarbeitung von (Muster-) Logbüchern. Wir haben
am Beispiel der Facharztweiterbildung Allgemeine Chirurgie ein (Muster-)
Logbuch zur bundeseinheitlichen Umsetzung in den Landesärztekammern
entworfen und in der Ständigen Konferenz "Ärztliche Weiterbildung"
ausführlich diskutiert. Im Anschluss daran konnten im Laufe des
Jahres 2006 für alle Weiterbildungsgänge der (Muster-) Weiterbildungsordnung
die entsprechenden Logbücher erstellt werden. Es sind etwa 110.
Mein Dank gilt vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in
der Bundesärztekammer, die diese Fleißaufgabe auf sich genommen
haben. Dafür herzlichen Dank.
(Beifall)
Nach unserer Kenntnis haben inzwischen alle Landesärztekammern
diese Logbücher übernommen.
Ich kann Ihnen mitteilen, dass sich zunehmend auch die
Fachgesellschaften bei der Erstellung eigener Konzepte auf diese Vorlagen der
Bundesärztekammer beziehen und diese in ihre Konzepte mit einbeziehen. Die
Logbücher werden darüber hinaus auch von einzelnen Klinikabteilungen zur
Herstellung strukturierter Weiterbildungsabläufe nachgefragt und dort auch
verwendet.
So viel zum Sachstandsbericht. Der zweite Punkt, über den ich
kurz berichten möchte, betrifft die Umsetzung von Richtlinien, die die
Europäische Kommission auf den Weg gebracht hat. Das Europäische Parlament und
der Rat haben am 7. September 2005, also vor anderthalb Jahren, die Richtlinie
2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen - so heißt sie -
beschlossen. Diese Richtlinie trat im Oktober 2006 in Kraft. Sie ist, meine
Damen und Herren, zwingend bis zum Oktober 2007 in nationales Recht umzusetzen.
Diese Richtlinie ersetzt eine Vielzahl von bisherigen Berufsanerkennungsrichtlinien,
so auch die für uns Ärzte wichtige Richtlinie 93/16/EWG aus dem Jahre 1993.
Durch diese neue Richtlinie sind fristgerechte Änderungen der Bundesärzteordnung,
der Heilberufe- und Kammergesetze der Länder und der Weiterbildungsordnungen
erforderlich. Es muss also bis zum Oktober dieses Jahres auf verschiedenen
Ebenen gehandelt werden.
Es geht in dieser Richtlinie ganz besonders darum, dass in den
deutschen Regelungswerken die sogenannten richtigen Bezüge aufgeführt sind.
Ebenso müssen die Vorgaben der EU zur Anerkennung der beruflichen
Qualifikationen, die in den anderen Mitgliedstaaten erworben wurden, in
nationales Recht umgesetzt werden.
Die Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer haben
sich deshalb mit den weiterbildungsrechtlichen Fragen dieser Richtlinie
befasst. Meine Damen und Herren, ich will nicht verhehlen, dass
dieser Punkt weitgehend formaljuristischen Charakter hat und wir
relativ wenig, um nicht zu sagen: gar keine Möglichkeit haben, an
den formulierten juristischen Texten irgendetwas zu ändern, ohne
in Konflikte mit dieser Richtlinie 2005/36/EG zu geraten.
Sie haben dazu einen Antrag vorliegen. Bei den vorgelegten
Textvorschlägen wurde genau darauf geachtet, dass die Systematik des bisherigen
Paragrafenteils der (Muster-)Weiterbildungsordnung erhalten bleibt. Darüber
hinaus wurden formale Anpassungen vorgenommen sowie die Anpassung an die Sprachregelungen
der Berufsanerkennungsrichtlinie, eben dieser Richtlinie 2005/36/EG.
Wir haben versucht, soweit es bei juristischen Texten möglich
ist, allgemeinverständliche Formulierungen zu finden.
Eine der wesentlichen Änderungen ist die Festschreibung des
Verfahrens zur Anerkennung der Berufsqualifikationen und der Fristen. Diese
neuen Bestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG müssen zwingend neu in die
Weiterbildungsordnungen aufgenommen werden, da die Verfahren und Fristen dort
bisher nicht in dieser Weise geregelt sind.
Die vom Ausschuss und der Ständigen Konferenz "Ärztliche Weiterbildung"
vorgelegten Änderungen, die dort ausführlich beraten wurden, wurden
vom Vorstand der Bundesärztekammer befürwortet. Sie liegen Ihnen
heute zur Beschlussfassung vor. Sie finden in der Anlage zum Antrag
IV-3 diejenigen Änderungen, in fetter Schrift hervorgehoben, die
jetzt neu in die (Muster-) Weiterbildungsordnung aufgenommen werden
sollen.
Ich darf mich an dieser Stelle ganz herzlich bei der
Rechtsabteilung, insbesondere Frau Dr. Hübner, bedanken, die in unendlicher
Arbeit in Zusammenarbeit und in Absprache mit den juristischen Abteilungen der Landesärztekammern
diese Arbeit erledigt hat. Dafür unser herzlicher Dank.
(Beifall)
Meine Damen und Herren, sollten Sie Fragen zu diesen
juristischen Formulierungen haben, steht Ihnen die Rechtsabteilung
selbstverständlich zur Verfügung. Ich bitte um Verständnis, dass die
rechtlichen Fragen dort sicher besser geklärt werden können als hier von mir.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Thema der
EU-Kompatibilität des Gebiets "Innere Medizin und Allgemeinmedizin". Aufgrund
vieler verschiedener Äußerungen in den letzten Wochen, aufgrund von Statements,
Veröffentlichungen, Zeitungsartikeln, Pressemeldungen habe ich Ihnen heute
einen Satz aus den 90er-Jahren mitgebracht, der sich auf die Frage bezieht,
warum bei uns Beschlussfassungen so schwierig sind und oftmals nicht den
gewünschten Effekt haben. Das, was Sie jetzt auf der Leinwand lesen können,
trifft ganz aktuell auch auf die Äußerungen der Bundesministerin für Gesundheit
am Dienstag zu. Auch sie hat sich dieser drei Punkte bemächtigt, wie ich fast
sagen möchte, um uns etwas zur Weiterbildungsordnung zu sagen.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle noch folgenden Hinweis. Als
Vorsitzender der Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer finde ich es, um
es vorsichtig auszudrücken, inakzeptabel, wenn sich eine Ministerin für
Gesundheit öffentlich in die ureigensten Belange der Kammern - sprich: die
Weiterbildungsordnung - einmischt.
(Beifall)
Ich darf an dieser Stelle den Protest des Ausschusses und der
Ständigen Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" zum Ausdruck bringen.
Ich habe immer wieder gehört, wir müssten nun einen Facharzt
für Innere Medizin neu einführen. Meine Damen und Herren, folgende
Vorbemerkung: Wir - ich betone: wir - haben den Facharzt für Innere Medizin in
der (Muster-) Weiterbildungsordnung nie abgeschafft.
(Vereinzelt Beifall)
Wir haben den Facharzt für Innere Medizin in zwei Teilen
aufgehen lassen: auf der einen Seite in den Facharzt für Innere Medizin und
Allgemeinmedizin und auf der anderen Seite in den Facharzt für Innere Medizin
und Schwerpunkt.
Ich möchte Ihnen nun darlegen, was geschehen ist und warum
Handlungsbedarf besteht. Gehen wir zurück in die Zeit vor den Beschlüssen zur
jetzt gültigen (Muster-) Weiterbildungsordnung. Wir hatten bezüglich der
Notifizierung der einzelnen Facharztqualifikationen diese Regelungen als
Vorschlag der Bundesärztekammer der EU vorgelegt und haben es mit der
Kommission diskutiert. Die Kommission hat uns mitgeteilt, dass es so, wie es
dort steht, nicht geht. Es geht im Wesentlichen um die Tatsache, dass ein Facharzt
für Innere Medizin und ein Facharzt beispielsweise für Endokrinologie
europaweit nicht als beides migrieren kann, sondern wegen der vorgeschriebenen
Zeiten entweder nur als Facharzt für Innere Medizin oder als Facharzt
beispielsweise für Endokrinologie, Gastroenterologie usw.
Die EU, meine Damen und Herren, kennt keine Inhalte, kennt nur
Zeiten. Das heißt, es sind bei den Facharztqualifikationen nur Zeiten
vorgeschrieben: für den Facharzt für Innere Medizin fünf Jahre, für den
Schwerpunkt vier Jahre, sodass eine Weiterbildungszeit von sechs Jahren für
beides nicht ausreicht. Also wurde festgelegt: entweder - oder.
Notifiziert ist die Spezialisierung, beispielsweise
der Facharzt für Endokrinologie oder der Facharzt für Gastroenterologie.
Wir haben mit der EU vereinbart, dass wir eine Gleichwertigkeitsbescheinigung
ausstellen, wenn jemand aus Deutschland in die Europäische Union
als Facharzt für Innere Medizin migrieren möchte.
Unter diesen Voraussetzungen haben wir die
(Muster-)Weiterbildungsordnung hier vorgestellt, besprochen und auch so
beschlossen.
Nun haben sich, meine Damen und Herren, Veränderungen in der
Generaldirektion "Binnenmarkt und Dienstleistungen" in der Abteilung
"Wissensbestimmte Wirtschaft" und im Referat "Reglementierte Berufe" ergeben.
Die Leitung dort hat gewechselt. Die neue Leitung vertritt eine sehr strikte
Einhaltung der europäischen Regelungen. Die Zahl der
Vertragsverletzungsverfahren seit dem Wechsel in der Leitung ist signifikant
gestiegen.
Es kam ein Schreiben, am 7. April 2006 abgesandt, das bei uns
im Mai letzten Jahres eintraf. Es ist an das Bundesministerium für Gesundheit
gerichtet und wurde an die Bundesärztekammer weitergeleitet. In diesem
Schreiben wurden verschiedene Dinge moniert. Es wurden verschiedene Fragen gestellt.
Was will die EU-Kommission 2006? Der Facharzt für Innere
Medizin und Schwerpunkt, also für Kardiologie, Endokrinologie und
Gastroenterologie, ist im Sinne der EU nur ein Spezialist - den Begriff
"Schwerpunkt" gibt es in der EU nicht -, nicht aber ein Internist im Sinne der
Europäischen Union. Daraus folgt, dass der Facharzt für Innere Medizin und
Schwerpunkt als Internist nicht mehr migrationsfähig ist. Die EU fordert von
uns, die Ausstellung von Gleichwertigkeitsbescheinigungen sofort einzustellen. Täten
wir dies nicht, zöge dies ein Vertragsverletzungsverfahren nach sich.
Das heißt also, wir haben von den beiden Säulen, wo wir den
Facharzt für Innere Medizin haben aufgehen lassen, durch die neue
Interpretation der Kommission die eine Säule verloren.
Die EU hat, wie gesagt, Fragen gestellt, beispielsweise: Was
geschieht mit einem Internisten beispielsweise aus Österreich, der nach
Deutschland kommt und dort tätig werden will? Welche Bezeichnung erhält er? Das
ist bei den fünf Landesärztekammern, die den Facharzt für Innere Medizin
zusätzlich eingeführt haben, kein Problem. Es ist in Bayern kein Problem, weil
in der Weiterbildungsordnung expressis verbis eine Übergangsregelung steht,
dass migrierende Internisten diesen Facharzttitel bekommen.
Es schien auch bei allen anderen elf Landesärztekammern kein
Problem, denn bei einer gemeinsamen Anhörung im Bundesministerium für
Gesundheit haben alle Kammern erklärt, dass sie dem zuwandernden Internisten
selbstverständlich den Facharzttitel für Innere Medizin geben würden.
Das hat den Protest der Aufsichtsbehörden ausgelöst, die an
mehreren Stellen in mehreren Ländern erklärt haben, auch wenn die Kammern dies
täten, sei dies gar nicht möglich, weil im Heilberufekammergesetz die
Voraussetzungen dazu nicht geschaffen seien.
Hier sieht die Kommission ein Riesenproblem und erklärt: Auch
dieses Problem muss beendet werden, indem beispielsweise eine einheitliche
Lösung kommt, die unterschiedlich aussehen kann.
Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es? Welche Konsequenzen ergeben
sich aus dem eben Dargestellten?
Möglichkeit eins: Wir schaffen eine Qualifikation
Internist/Facharzt für Innere Medizin ohne Schwerpunktbezeichnung, die den
Regularien der Europäischen Kommission entspricht. Möglichkeit zwei: Wir führen
keine Änderung der Weiterbildungsordnung durch; wir lassen sie wie bisher.
Damit verlieren wir einen Teil des Internisten. Das heißt, der Facharzt für
Innere Medizin muss - so ist der Fachausdruck - denotifiziert werden, bis - wie
es heißt - spätestens 2012. Ich denke, das ist rein formal und theoretisch. Wir
wissen, dass, wenn wir heute zu dem Entschluss kämen, wir bräuchten in
Deutschland keinen Facharzt für Innere Medizin, innerhalb kürzester Zeit das
Bundesministerium für Gesundheit den Facharzt für Innere Medizin denotifizieren
müsste.
Wenn wir einen solchen Internisten ohne Schwerpunkt schaffen,
hat er nur eine stationäre Weiterbildung. Er soll nur für das Krankenhaus
ausgebildet werden. Es wäre ein sogenannter dritter Strang in einem
Common-trunk-System. Wir gingen damit auf ein Common-trunk-System, wie es
bereits in der Chirurgie gehandhabt wird. Es wären weitere Anpassungen
erforderlich. Was ist unter "weitere Anpassungen" zu verstehen? Das bedeutet,
dass Punkt 12.1 in der (Muster-) Weiterbildungsordnung - Facharzt für Innere und
Allgemeinmedizin - vollkommen unverändert bleibt und damit die Beschlüsse von
Rostock und Köln so bestehen bleiben, wie wir sie gefasst haben. Es gibt für
uns weiterhin nur einen Hausarzt; das ist der Facharzt für Innere und
Allgemeinmedizin.
Als zweite Säule würden wir einen Facharzt für Innere
Medizin mit einer fünfjährigen Weiterbildung im stationären Bereich
einschieben, der mit einer Prüfung zum Facharzt für Innere Medizin
abschließt. Dann würde Punkt 12.3 der Facharzt für Innere Medizin
plus bisherige Schwerpunktbezeichnung werden. Es wäre allerdings
erforderlich, das Wort "Schwerpunkt" entfallen zu lassen, sodass
es dann heißt: Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie.
Das wäre EU-kompatibel, denn die EU sieht den Gastroenterologen,
den Endokrinologen und den Kardiologen vor.
Die Worte "gemeinsame Inhalte" müssten, wenn wir ein solches
Common-trunk-System schaffen, durch das Wort "Basisweiterbildung" ersetzt
werden, so wie es bei der Chirurgie der Fall ist.
Wir müssten auch festlegen, dass, wenn jemand zwei
Facharztkompetenzen erwirbt, beispielsweise den Facharzt für Innere Medizin und
einen Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie, die Mindestweiterbildungszeit
acht Jahre beträgt. Die Basisweiterbildung ist ja immer gleich; das bleibt
bestehen. Das, was oberhalb der Basisweiterbildung kommt, müsste zusätzlich
erworben werden, wenn man zwei Facharztkompetenzen erwerben will.
Meine Damen und Herren, das ist unsere Vorstellung dazu. Ich
bin mir aber nicht hundertprozentig sicher, ob die Kommission dies so
tolerieren würde. Die reinen EU-Zeiten sind nämlich fünf Jahre Internist, vier
Jahre Spezialisierung, insgesamt also neun Jahre. Anrechnungszeiten kennt die
EU nicht. Es könnte also sein, dass wir hier noch ein gewisses Problem bekämen.
Das müsste man noch einmal mit der EU diskutieren.
Diese beiden Möglichkeiten haben wir. Ich will auch nicht
verhehlen, dass wir nicht wissen, welche Konsequenzen die EU bzw. der EuGH
daraus ziehen würde, wenn wir die zweite Möglichkeit wählten. Ich weiß nicht,
was der EuGH dazu sagen würde, wenn ein Internist aus Österreich nach
Deutschland wollte und nicht mehr freizügig migrieren könnte, weil es bei uns
keinen Facharzt für Innere Medizin mehr gibt und er hier den Titel nicht bekäme
und nicht arbeiten könnte.
Ich fasse die Situation folgendermaßen zusammen. Sie haben die
Entscheidung zu fällen: Soll es in Deutschland als einzigem Land der EU - und
wahrscheinlich weltweit - keinen Internisten mehr geben? Dann müssen Sie den
Antrag des Vorstands ablehnen. Sind Sie aber der Meinung, es soll in Deutschland
- wie im Rest der Welt - auch einen Facharzt für Innere Medizin geben, dann
müssten Sie dem Antrag des Vorstands zustimmen. Alle anderen Diskussionen
sollten dieser einfachen und alleinigen Fragestellung untergeordnet bleiben.
Ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit sehr herzlich bedanken.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank,
Hellmut Koch, für dieses sehr klare und eindeutige Referat. Das war ja fast wie
von einem didaktisch durchgestylten Lehrer. Ich glaube, das ist jetzt so klar,
dass es eine Diskussion geben wird, die auf der Basis einer hochstehenden
Information stattfinden wird. Es gibt bisher 49 Wortmeldungen. Das ist dem
Thema auch angemessen. Ich bitte Sie herzlich, nicht auf die Idee zu kommen,
nach wenigen Wortmeldungen Schluss der Debatte zu beantragen. Darum bitte ich
Sie schon jetzt ganz herzlich. Anderenfalls würden wir Legendenbildungen
Vorschub leisten.
(Zuruf)
- Herr Reinhardt, der Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe,
meldet sich zur Geschäftsordnung. Bitte schön.
(Erneuter Zuruf)
- Herr Reinhardt - damit auch das bekannt ist: Er ist
Allgemeinarzt -, Vizepräsident der Ärztekammer, in der wir zu Gast sind, hat
als Delegierter der Ärztekammer Westfalen-Lippe den Antrag auf Begrenzung der
Redezeit auf drei Minuten von vornherein gestellt.
(Beifall)
Ich lasse darüber abstimmen. Wer stimmt dem zu? - Wer ist
dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist die Redezeit auf drei Minuten
begrenzt. Das gilt für alle.
Frau Professor Braun aus Berlin ist die erste Rednerin. Ich
glaube, Sie kann es auch noch kürzer. Bitte schön.
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