Dr. Conrad, Hessen: Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Von Delegierten aus diesem Saal - viele haben einen
orangefarbenen Schlüsselanhänger - wird immer wieder ein Argument vorgetragen,
dass uns im Prinzip überzeugen soll, eigentlich zu kuschen und ruhig zu sein:
Man solle den Internisten doch zulassen, er werde eh als Allgemeininternist
aussterben, denn diesen Weg würde kein Vernünftiger mehr beschreiten.
Dieses Argument habe ich mir hin und her überlegt. Ich habe
mich gefragt: Was soll das? Ein Ausbildungsgang, den eigentlich keiner machen
will, ein Ausbildungsgang, in den keiner eintreten will, über dessen
Eingangstor steht, diese Ausbildung habe keine Zukunft?
(Zurufe)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Weiterbildung!
Dr. Conrad, Hessen: Diese Ausbildung ist
unsinnig.
Ich war vor Kurzem auf der Feier zum Abschluss des
Humanmedizinstudiums meiner Tochter in Frankfurt. Da stand sie nun, die Zukunft
der Ärzteschaft. Ich unterstreiche, was bereits gesagt wurde: Die Zukunft ist
weiblich. Von 100 Absolventen waren vier Männer, 96 Frauen. Wir haben hier eine
besondere Verantwortung, weil sich dieser Beruf, weil sich auch die Ärzteschaft
verändern wird. Auch die Anforderungen werden sich ändern.
Frau Johna hat gesagt: Es lässt sich hervorragend vereinbaren,
als Frau im Krankenhaus zu arbeiten. Ich meine: Es ist ganz schwierig. Meine
Frau ist Leitende Ärztin in der Gynäkologie. Der Werdegang meiner Frau war sehr
leidvoll, und zwar so leidvoll, dass die Nachtdienste kaum mit einem
Familienleben vereinbar waren.
Wir würden eine ganze Generation von Frauen in einen langen
Ausbildungsgang treiben, aus dem sie nicht mehr herauskommen, wenn sie mit dem
Nachtdienst nicht mehr zurechtkommen. Sie müssten dort bleiben, sie könnten
nicht in die Praxis ausweichen. Sie haben keine Wahl. Wir haben eine
Verantwortung nicht nur für das, was jetzt ist, sondern auch für das, was
kommt. Nehmen Sie diese Verantwortung bitte wahr. Bleiben Sie in diesem Sinne
bei Rostock. Alles andere wäre ein Rückschritt.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank. Das mit dem Begriff "Ausbildung" müssen wir uns jetzt doch langsam
überlegen.
(Beifall)
Es hat ernsthafte Konsequenzen. Wenn wir uns das selber
angewöhnen, kommt der Tag, an dem unsere lieben Arbeitgeber sagen: Wenn ihr in
der Ausbildung seid, seid ihr uns zwar herzlich willkommen, aber dann bekommt
ihr eine Ausbildungsvergütung und kein Gehalt mehr für ärztliche Arbeit. Das
ist dann ein großer Unterschied.
(Beifall)
Es ist also kein Spaß, sondern es ist politisch hochernst und
tarifpolitisch brisant. Ich bitte alle, die sich ihren Redetext aufgeschrieben
haben, den Begriff "Ausbildung" ganz schnell durch "Weiterbildung" zu ersetzen.
Als nächster Redner bitte Herr von Römer.
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