TOP V: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

Freitag, 18. Mai 2007, Vormittagssitzung

Dr. Jonitz, Vorstand der Bundesärztekammer: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das politische Projekt "elektronischer Arztausweis" und "elektronische Gesundheitskarte" ist ein Desaster. Wenn man ein Beispiel dafür braucht, was man tun muss, damit ein solches Projekt scheitern muss, liegt hier ein Paradebeispiel vor. Die Ziele sind nicht klar, die Nebeninteressen sind nicht klar, die Kosten sind nicht klar, Risiken und Nebenwirkungen werden nicht geprüft. Es wird mit großer Macht und mit großer Euphorie einfach gewaltsam in den Markt gepresst. Dieses Projekt ist de facto bereits gescheitert.

(Beifall)

Die Telematik als solche, der Austausch von Informationen und Daten über patientenmedizinische Dinge, ist im ärztlichen Alltag bereits Realität. Ich glaube, wir müssen ganz sauber trennen: das politische Projekt auf der einen Seite und die konkrete Anwendung neuer Instrumente und neuer Verfahren in der Hand der Ärzte auf der anderen Seite. Ich möchte an Sie appellieren, die Anträge 2, 3 und 31 zu unterstützen. Die Telematik funktioniert dann, wenn sie in ärztlicher Hand ist, wenn eine kontrollierte Umsetzung erfolgt, wenn in einigen Bereichen exemplarisch geschaut wird, wo der Nutzen liegt, wo Risiken und Nebenwirkungen liegen. Wenn alle Voraussetzungen geklärt sind, kann man vielleicht an die Umsetzung gehen, vorher nicht.

Ich danke Herrn Kollegen Bartmann für seine subtile und kluge Arbeit in diesem Bereich. Unterstützen Sie also bitte die Anträge 2, 3 und 31. Damit würden Sie übrigens auch anerkennen, dass es einen gewissen Lernprozess gegeben hat. Diejenigen, die die Äußerungen der verfassten Ärzteschaft in den letzten Jahren verfolgt haben, haben sicherlich registriert, dass die Euphorie etwas abgenommen hat. Vor drei Jahren gab es noch einen Beschluss, dass man die möglichen Mehrkosten durch den elektronischen Arztausweis gegebenenfalls durch eine Erhöhung der Kammerbeiträge refinanzieren müsse. Das hat sich Gott sei Dank geändert. Sie finden alle Hinweise auf Nutzen, Risiken und Nebenwirkungen in den Anträgen 2, 3 und 31.

Ebenfalls möchte ich Sie bitten, den Antrag 35 abzulehnen oder Nichtbefassung zu beschließen. Wir können uns der Realität nicht verweigern. Wir dürfen nicht sagen "So nicht!", denn dann sind wir draußen. Wir müssen sagen, es muss anders, es muss besser gemacht werden. Ich bitte Sie, den Antrag 97 an den Vorstand zu überweisen. Der Inhalt ist richtig, aber die Forderung auf Aussetzung halte ich nicht für richtig.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Jonitz. Das ist also ernst gemeint: Nichtbefassung? Das ist ein richtiger Geschäftsordnungsantrag? - Gut. Betrifft das den Antrag 97 oder den Antrag 35? - Also: Nichtbefassung hinsichtlich des Antrags 35. Das ist eine Steilvorlage für Herrn Kahlke. - Als nächste Rednerin bitte Frau Haus aus Nordrhein.

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