Dr. Jonitz, Vorstand der Bundesärztekammer: Herr
Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Das politische Projekt "elektronischer Arztausweis" und
"elektronische Gesundheitskarte" ist ein Desaster. Wenn man ein Beispiel dafür
braucht, was man tun muss, damit ein solches Projekt scheitern muss, liegt hier
ein Paradebeispiel vor. Die Ziele sind nicht klar, die Nebeninteressen sind
nicht klar, die Kosten sind nicht klar, Risiken und Nebenwirkungen werden nicht
geprüft. Es wird mit großer Macht und mit großer Euphorie einfach gewaltsam in
den Markt gepresst. Dieses Projekt ist de facto bereits gescheitert.
(Beifall)
Die Telematik als solche, der Austausch von Informationen und
Daten über patientenmedizinische Dinge, ist im ärztlichen Alltag bereits
Realität. Ich glaube, wir müssen ganz sauber trennen: das politische Projekt
auf der einen Seite und die konkrete Anwendung neuer Instrumente und neuer
Verfahren in der Hand der Ärzte auf der anderen Seite. Ich möchte an Sie
appellieren, die Anträge 2, 3 und 31 zu unterstützen. Die Telematik
funktioniert dann, wenn sie in ärztlicher Hand ist, wenn eine kontrollierte
Umsetzung erfolgt, wenn in einigen Bereichen exemplarisch geschaut wird, wo der
Nutzen liegt, wo Risiken und Nebenwirkungen liegen. Wenn alle Voraussetzungen
geklärt sind, kann man vielleicht an die Umsetzung gehen, vorher nicht.
Ich danke Herrn Kollegen Bartmann für seine subtile und kluge
Arbeit in diesem Bereich. Unterstützen Sie also bitte die Anträge 2, 3 und 31.
Damit würden Sie übrigens auch anerkennen, dass es einen gewissen Lernprozess
gegeben hat. Diejenigen, die die Äußerungen der verfassten Ärzteschaft in den
letzten Jahren verfolgt haben, haben sicherlich registriert, dass die Euphorie
etwas abgenommen hat. Vor drei Jahren gab es noch einen Beschluss, dass man die
möglichen Mehrkosten durch den elektronischen Arztausweis gegebenenfalls durch
eine Erhöhung der Kammerbeiträge refinanzieren müsse. Das hat sich Gott sei
Dank geändert. Sie finden alle Hinweise auf Nutzen, Risiken und Nebenwirkungen
in den Anträgen 2, 3 und 31.
Ebenfalls möchte ich Sie bitten, den Antrag 35 abzulehnen oder
Nichtbefassung zu beschließen. Wir können uns der Realität nicht verweigern.
Wir dürfen nicht sagen "So nicht!", denn dann sind wir draußen. Wir müssen
sagen, es muss anders, es muss besser gemacht werden. Ich bitte Sie, den Antrag
97 an den Vorstand zu überweisen. Der Inhalt ist richtig, aber die Forderung
auf Aussetzung halte ich nicht für richtig.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Jonitz. Das ist also ernst gemeint: Nichtbefassung? Das ist ein
richtiger Geschäftsordnungsantrag? - Gut. Betrifft das den Antrag 97 oder den
Antrag 35? - Also: Nichtbefassung hinsichtlich des Antrags 35. Das ist eine
Steilvorlage für Herrn Kahlke. - Als nächste Rednerin bitte Frau Haus aus
Nordrhein.
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