Dr. Bartmann, Vorstand der Bundesärztekammer: Das
war ein anstrengender, aber auch fast erwarteter Verlauf der Debatte. Ich sehe
meine Erwartungen, die ich in meinem Vortrag geäußert habe, nur teilweise
erfüllt. Ich hatte ja versucht, den aktuellen Stand, was also bereits
Beschlusslage ist, wiederzugeben. Ich habe mir bewusst Aussagen dazu versagt,
wie man sich den weiteren Fortgang vorstellen kann. Natürlich kann man sich in
zukünftigen Visionen ergehen. Wir können heute keine neuen technologischen
Lösungen finden. Wir müssen daran allerdings mitarbeiten. Dass als Ergebnis der
Memorystick herauskommt, ist ja möglich. Ich bin Rudolf Henke sehr dankbar,
weil er als geübter Parlamentsredner sehr viel präziser und sehr viel genauer
wiedergegeben hat, um was es geht. Herr Steininger, ich muss Ihnen leider
widersprechen: Wenn wir sagen, wir machen nicht mit, lacht sich die
IT-Industrie ins Fäustchen. Dort wartet man darauf, dass man uns als Störfaktor
bezeichnen kann, der bisher verhindert hat, dass alles glatt durch die
Instanzen geht.
Teilweise wurde hier verbalisiert: Jetzt sind wir vier Tage
brav gewesen, nun müssen wir ein politisches Signal setzen. Das Projekt
elektronische Gesundheitskarte ist nicht der geeignete Anlass, sich störrisch
zu zeigen. Ich möchte auch Herrn Eyrich widersprechen: Ich meine, in unserem
Vorstandsantrag steht sehr deutlich, wo unsere Bedenken liegen. Ich sehe nicht
viel, was über diesen Antrag hinausgeht und zu einer kompletten Ablehnung
führen könnte. Wir evaluieren nach den Testversuchen und entscheiden dann, ob
wir an diesem Projekt überhaupt weiter mitarbeiten. Es ist im Vorstandsantrag
doch mehrfach ausgeführt, dass von dieser Evaluation abhängig ist, ob wir uns
diesem Projekt weiterhin anschließen können.
Ich möchte den Antrag 110 auf jeden Fall unterstützen. Lassen
Sie uns bitte die Zeit, dass wir in Ulm noch immer als Teilnehmer an diesem
Projekt differenziert berichten können, wie wir uns das weitere Vorgehen
vorstellen. Wir sollten nicht allein als politisches Signal erklären: Jetzt
zeigen wir endlich einmal der Politik, wo es langgeht.
Eine ganz persönliche Erklärung am Rande: Die meisten von
Ihnen wissen eventuell nicht, dass ich Flensburger bin. Ich bin Präsident der Ärztekammer
Schleswig-Holstein, arbeite aber in Flensburg. Es ist kein Zufall, dass die
Flensburger Kollegen seit 1999 an diesem Projekt der Vernetzung über die
elektronische Gesundheitskarte arbeiten. Es ist kein Zufall, dass die
Blaupause, die § 291 a zugrunde liegt, dem ziemlich nahekommt, was die
Flensburger vier Jahre lang durchgeführt haben. Ich war Zeitzeuge, als 2002 Ulla
Schmidt Gesundheitsministerin war und keiner glaubte - außer ihr selbst -, dass
sie es auch im nächsten Jahr noch sein würde, und zwar nicht wegen ihrer
Person, sondern wegen der Partei, der sie angehört.
Mittlerweile hat das Ganze eine eigene Dynamik entwickelt,
auch dadurch, dass Erkenntnisse gewonnen wurden. Es wäre völlig falsch, den
Eindruck zu erwecken, das sei etwas, was von der Politik allen übergestülpt
wird. Es ist kein Zufall, dass die Flensburger das gemacht haben, denn in
Dänemark und Schweden läuft das Ganze zur großen Zufriedenheit der dort tätigen
Ärztinnen und Ärzte sowohl in der Praxis als auch in der Klinik. Manche von
Ihnen haben vielleicht die Meldung gelesen, dass durch die elektronische
Vernetzung eine Zeitersparnis in der Praxis von 30 Stunden zu verzeichnen sei.
Dass man dort schon so weit ist, hat den Grund, dass das Grundvertrauen der
dort tätigen Ärzte in den Staat größer ist als bei uns. Auch der Datenschutz
ist einfach nicht so anspruchsvoll. In Dänemark kann man über die persönliche
Identifikationsnummer Echtdaten abfragen. Niemand hat sich Gedanken darüber
gemacht, dass Missbrauch mit diesen Daten getrieben werden könnte. Ähnlich ist
es in Schweden.
Ich muss allerdings sagen: Wir sind sehr spät in diese
Entwicklung eingestiegen. Schweden hat 1983, als die Informationstechnologie
gerade im Kommen war, damit begonnen und hat vor drei Jahren die elektronische
Rezeptur eingeführt, und zwar mit derzeit 80 Prozent Beteiligung. Man muss auch
darauf schauen, wie sich die Situation dort, wo es bereits praktiziert wird,
darstellt.
Der Unterschied zu uns ist der bei uns sehr hohe Anspruch an
den Datenschutz. Der Datenschutz erfordert bei uns die elektronische
Gesundheitskarte mit diesem Schlüssel. Man muss sagen, was man will und was man
nicht will. Die Gesundheitskarte als Werkzeug ist sicher gut, aber wenn das
Projekt als solches in die falsche Richtung ginge, würden wir das zu verhindern
wissen.
Deshalb bitte ich Sie: Geben Sie uns die Chance, lehnen Sie
die Anträge 35 und 97 ab, weil dadurch tatsächlich ein Cut erfolgte, und
unterstützen Sie unseren Vorstandsantrag. Alle anderen Anträge sind als
Ergänzung sehr wertvoll. Unterstützen Sie vor allem den Antrag 110 von Herrn
Scholz, dass wir diese Thematik auf dem nächsten Deutschen Ärztetag nicht unter
dem Tagesordnungspunkt "Tätigkeitsbericht" behandeln, sondern als eigenen
zentralen Tagesordnungspunkt. Bitte geben Sie uns diese Chance.
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
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